Helsa will wachsen und stellt ein

Von Andreas Gewinner
Unglaublich, aber wahr: Hier steckt Kokosnuss drin - Aktivkohlefilterelement von Helsa für ein Küchenumlufthaube. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Helsa wächst, Helsa will erweitern. Und Helsa stellt ein. Möglich ist das unter anderem, weil immer mehr Menschen in immer teureren Küchen selbst kochen. Und im Mittelpunkt steht dabei ein ungewöhnlicher Rohstoff: die Kokosnuss.

 
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Noch heute wird Helsa vor allem mit formgebenden Schulterpolstern identifiziert. Prinzipiell richtig, ist Helsa damit doch nach wie vor Weltmarktführer. Aber Helsa hat auch eine Sparte für technische Textilien und Stoffe, insbesondere Filter und Membrane. Auch hier ist Helsa Weltmarktführer für zwei Nischenprodukte, und zwar Stomafilter und Gaszählermembrane.

Rainer Ernst ist der Geschäftsführer für die entsprechenden Sparten Helsa Tech und Helsa Comp. Sie haben in den vergangenen fünf Jahren ihren Umsatz von zehn auf 20 Millionen Euro verdoppelt. Im selben Zeitraum wurden acht Millionen Euro investiert. In Gefrees. 120 der rund 150 Helsa-Angestellten in Gefrees arbeiten für Tech oder Comp, mit projektbezogenen Leiharbeitern sind es sogar 200. "Und es geht noch weiter", sagt Ernst. Vor allem zwei Bereiche sollen wachsen in den kommenden sechs Jahren: Helsaprodukte in Autos und in Küchen.

Die Autos: Vor elf Jahre verkaufte Helsa seine Autofiltersparte an Mann + Hummel. Es gab damals eine zeitlich begrenzte Vereinbarung, dass Helsa keine Konkurrenzprodukte anbieten darf. Die ist ausgelaufen, und Helsa wendet sich wieder der Autoindustrie zu. Aktuell steuern die Autohersteller fünf Prozent zum Umsatz von Rainer Ernst bei. In sechs Jahren sollen es 15 bis 20 Prozent sein. Allerdings nicht mit Papierfiltern für Luftfilter. Sondern mit Aktivkohlefiltern. Ernst hält in der Hand ein merkwürdig geformtes Teil, das aussieht wie pressgeformte schwarze Pappe. Die "Pappe" ist in Wahrheit ein Gemisch aus Textil und Aktivkohle. Und der Aufdruck FOMOCO weist auf den Kunden hin: Ford Motor Company, USA. Das Stück sitzt im Motoransaugtrakt des neuen Ford Mustang, der Emissionsfilter verhindert, dass beim Abstellen des Motors unverbranntes Benzin entweicht.

Die Küchen: Möbel werden immer billiger, mit einer Ausnahme: Küchen. Und Küchen rücken in den Wohnungen immer mehr in den Mittelpunkt, und zwar ganz konkret. Das stellt höhere Anforderungen an Dunstabzugshauben. Ein weiterer Trend: Vor zehn Jahren waren 90 Prozent der Abzugshauben solche, die die Luft und damit auch Wärme nach außen transportierten. Heute sind es zu 70 Prozent Umlufthauben. Wenn in der Wohnung gekocht wurde, "und drei Stunden später sagen die Leute: 'Ich weiß, was du gekocht hast', dann hat der Filter seine Arbeit nicht gemacht", sagt Ernst. Für diese Anforderungen werden bei Helsa spezielle Aktivkohlefilter entwickelt und produziert. Keramik und Aktivkohle werden zu einer Art Teig vermischt und stranggepresst zu wabenförmigen Filterelementen. Diese Verarbeitung von Träger- und Filtermaterie in einem Schritt gehört zum speziellen Knowhow von Helsa. Während Filterelemente in billigeren Küchen häufig für nicht billiges Geld irgendwann getauscht werden müssen, ist der Aktivkohlefilter nicht nur langlebiger. Er kann mit einfachen Mitteln regeneriert werden: Rausnehmen, waschen, in den Ofen legen, fertig - vereinfacht gesagt. Filterelemente für Küchenumlufthauben machen derzeit knapp zehn Prozent des Umsatzes. In sechs Jahren sollen es - wie beim Automotive-Bereich - 15 bis 20 Prozent sein.

Die Kokosnüsse: Aktivkohle ist ein Jahrtausende alter Filter- und Reinigungsstoff. "Schon Schamanen haben sie verabreicht, um ihre Patienten zu entgiften", weiß Ernst. Aktivkohle kann aus Steinkohle hergestellt werden, aus Holzkohle. Oder - und im Falle von Helsa: vor allem aus Kokosnüssen. Bei Helsa werden 800 Tonnen im Jahr verarbeitet. Nicht Kokosnüsse, sondern das daraus gewonnene schwarze feine Granulat. "Jeder denkt bei Kokosnüssen nur an die Milch und das Mark", sagt Rainer Ernst, "die Fasern und die Schalen sind viel wichtiger." Letztere werden gebrannt und granuliert, fertig ist die Aktivkohle.

Die Erweiterung: Bei der Gewerbeschau in Gefrees am vergangenen Sonntag war Helsa auch mit einem Stand vertreten, unter dem Motto: "Wir waren nie weg." Helsa wollte nicht die Gefreeser Hausfrau auf seine Produkte aufmerksam machen. Sondern auf sich selbst als Arbeitgeber. Richtig ist, dass vor knapp 20 Jahren viele Arbeitsplätze in Gefrees abgebaut und in Billiglohnländer verlegt wurden. Aber weg war Helsa nie. Und die Zeiten des Schrumpfens am Standort Gefrees sind längst vorbei, im Gegenteil: Für die geplante Produktionserweiterung will Helsa in Gefrees 4000 Quadratmeter Fläche anmieten. Und Leute einstellen. Aus den derzeit 120 Festangestellten bei Helsa Tech und Helsa Comp sollen bis 2022 mindestens 200 werden. "Wir suchen schon jetzt dauernd Leute, sowohl in der Produktion als auch in der Verwaltung", sagt Rainer Ernst.

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