Tatort Therme: Ein 55-Jähriger Bayreuther hat Saunagäste in Obernsees gefilmt Heimliche Nacktbilder unter Wasser

Von Heike Hampl
Keine nackten Menschen auf unserem Archivfoto. Ein 55-jähriger Bayreuther war da unanständiger: Er filmte heimlich nackte Saunagäste unter Wasser. Foto: Archiv/Harbach Foto: red

Ein Mann filmt heimlich nackte Saunagäste und gibt alles zu. Trotzdem verurteilt die Richterin ihn nicht und stellt das Verfahren ein. Der Grund für diese Entscheidung könnte Saunagänger verunsichern.

 
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Erst saunieren, dann entspannen. Zum Beispiel im Sprudelbad. Viele Saunagänger in der Therme Obernsees nutzen den Whirlpool im Außenbereich. Ein 55-jähriger Mann aus Bayreuth hat im Januar dieses Jahres eine Minikamera in den Saunabereich geschmuggelt, die mit Hilfe eines Gehäuses auch unter Wasser Videos macht. Damit hat er heimlich andere Badegäste im Sprudelbad gefilmt.

Die Gäste haben das bemerkt und dem Personal Bescheid gegeben, das die Polizei verständigt hat. Am Dienstagmittag stand der Mann in Bayreuth vor dem Amtsgericht. Die Anklage lautete: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen.

Der 55-jährige Witwer, der ohne Verteidiger zur Verhandlung erschien, gestand: „Das stimmt alles. Ich bin mit der Kamera in das Becken hinein.“ Warum? „Meine Frau war kurz vorher gestorben. Ich hatte Depressionen, war in einer schlechten Verfassung. Es war eine Dummheit, aber ich stehe dazu.“

Die Videos, die er aufgenommen hatte, hat er nie gesehen. Die Polizisten haben ihm noch in der Therme die Kamera abgenommen. Der Angeklagte beteuerte, dass er die Aufnahmen nicht ins Internet stellen wollte. „So etwas mache ich nie. Ich wollte einfach nur wissen, ob das Filmen unter Wasser funktioniert.“ Amtsrichterin Kerstin Kayser ließ diese Begründung nicht gelten: „Das hätten Sie in der Badewanne ausprobieren können.“

Trotzdem stellte sie das Verfahren gegen den Mann wegen geringer Schuld vorläufig ein. Wenn der 55-Jährige die von der Richterin verhängte Auflage von 600 Euro bezahlt, werden die Akten gänzlich geschlossen. 600 Euro entspricht in etwa dem, was dem Mann nach Abzug seiner Miete und den Raten für einen Kredit im Monat zum Leben bleibt. Seine Kamera bekommt der Mann nicht zurück, das Gericht beschlagnahmte sie.

Hintergrund der Verfahrenseinstellung: Es gibt ein Urteil des Oberlandesgerichtes Koblenz zu einem ähnlichen Fall. Der Straftatbestand der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches soll Menschen an ihrem letzten Rückzugsort schützen. Das Koblenzer Gericht sagt: In der Sauna sind die Menschen gerade, um nackt zu sein. Deswegen kann man hier nicht vom letzten Rückzugsort sprechen. Im Saunabereich erfüllt diese Kriterien höchstens die Umkleidekabine, bei der man eine Tür schließen kann. Wer sich in die Öffentlichkeit begebe, müsse damit rechnen, von Fremden gegen den eignen Willen fotografiert oder gefilmt zu werden, erklärte Richterin Kayser. Ob im Paris-Urlaub vor dem Eiffelturm oder eben nackt in der Sauna.

Staatsanwalt Florian Losert nahm die Entscheidung der Richterin, das Verfahren einzustellen, zähneknirschend an. „Wir haben hier ein juristisches Problem“, sagte er am Ende der Verhandlung. Hätte er auf eine Verurteilung drängen wollen, hätte das Gericht prüfen müssen, ob im Sprudelbad andere Voraussetzungen gelten als in der Sauna selbst. Die Wasseroberfläche im Whirlpool ist nicht durchsichtig, die Menschen fühlen sich darin vielleicht eher geschützt als wenn sie auf der Holzbank schwitzen. „In diesem Fall geht es jetzt aber nicht um die Strafe, sondern darum, dass wirklich Schluss sein muss. Wenn das wieder vorkommt, geht die Sache anders aus“, mahnte Losert den Angeklagten, der beteuerte, so etwas zum ersten Mal getan zu haben.

Richterin Kayser zu ihrer Entscheidung: „Nicht alles, was unmoralisch oder eklig ist, ist strafbar.“ Der 55-jährige Mann war mit seiner verstorbenen Ehefrau früher jedes Wochenende in der Therme in Obernsees gewesen. Jetzt hat er lebenslanges Hausverbot. „Er ist genug geächtet“, so die Richterin.

Info: Ulrich Gesell, Geschäftsführer der Therme Obernsees, spricht von einem Einzelfall. Bis auf den 55-jährigen Angeklagten sei ihm niemand bekannt, der Gäste unter Wasser gefilmt hat. „Alle Mitarbeiter sind sehr aufmerksam, jeglichen Hinweisen gehen sie unverzüglich nach“, sagt Gesell.