Haushalt 2017: Zustimmung trotz Kritik

Von und Andrea Pauly
Deutliche Worte musste sich die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe vor der Verabschiedung des Haushalts 2017 am Mittwochnachmittag in den Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden anhören. Foto: Archiv/Jens Wolf, dpa Foto: red

Die Schlacht ist geschlagen: Der Haushalt 2017 ist genehmigt. Der Stadtrat hat sich in seiner Sitzung, wie in den vergangenen Jahren auch mit einigen Gegenstimmen, auf den am 6. Februar ausführlich beratenen Etat einigen können. Die großen Fraktionen gaben dem Haushalt einstimmig grünes Licht. Allerdings gab es bei den Haushaltsreden zum Teil heftige Kritik an Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Die Reden in Auszügen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Stefan Specht (CSU): Gesundheitlich angeschlagen arbeitet sich Stefan Specht, der Fraktionsvorsitzende der CSU im Stadtrat, durch seine Haushaltsrede. Specht spart nicht mit Lob. Aber genauso wenig mit Kritik. Wie immer, sagt er, sei es auch in diesem Jahr darum gegangen, „das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten und eben nicht nach dem Grundsatz ,Sparen, koste es, was es wolle’ zu verfahren“.

Kritik an Rasenmähermethode

In dem Zusammenhang stellt Specht den Finanzreferenten Michael Rubenbauer an den Pranger: „Grundsätzlich kritikwürdig“ sei das von Rubenbauer bei der laufenden Verwaltungstätigkeit angewandte Verfahren der „so genannten fokussierten Ansatzrücknahme, welches im Ergebnis nichts anderes ist als die Anwendung einer hilflosen Rasenmähermethode zur gleichmäßigen Rückführung der bisherigen Verwaltungsansätze“.

Dem Stadtrat sei es gelungen, dieses Ansinnen abzumildern. Ebenso, wie es gelungen sei, in den Haushaltsberatungen keine „Investitionsblase aufzubauen, die ja teuer und sinnlos gegenfinanziert werden muss“.

Lob für Konsolidierung

Lob gab es für Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe neben ihrer Fortsetzung des Spar- und Konsolidierungskurses dafür, dass sie mit Unterstützung – Specht nennt hier die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer ebenso wie Finanzminister Markus Söder – eine „als sensationell zu bezeichnende“ Förderung für die Stadthalle erreicht habe.

Positiv zu werten für die Sportstadt: der Bau der Dreifachturnhalle und die „vernünftig und wirtschaftlich“ gut gelöste Version für die Sanierung des Hans-Walter-Wild-Stadions.

„Gemischt“ nennt Specht die Bilanz aus Sicht der CSU im Schulbereich. Vor allem bei der Graserschule bekommt Merk-Erbe erheblichen Gegenwind aus der CSU. „Entweder unglaublich dreist oder hochgradig dilettantisch“ sei es,dass Merk-Erbe annehme, „vom Stadtrat eine Blanko-Entscheidung über eine Maßnahme von 7,8 Millionen Euro zu verlangen“, ohne dass die zuständigen Gremien Planungsziele kennen würden. Ebenso negativ bewerte er es, dass die Planungskosten für Mensa, Bibliothek und Lehrerzimmer des Gymnasiums Christian-Ernestinum auf der Strecke geblieben seien.

Kritik an Steuererhöhung

Mit Blick auf die gute Einnahmensituation der Stadt sei es aus Sicht der CSU bedauerlich, sagt Specht, dass „doch tatsächlich eine Mehrheit im Stadtratsgremium für eine neuerliche Erhöhung der Gewerbesteuer“ gestimmt habe. Es mache keinen Sinn, sich für den Bau „eines Regionalen Innovationszentrums für Inkubatoren und Gründerzentrum“ auszusprechen, andererseits aber die für eine Ansiedlung von Unternehmen „steuerliche Infrastruktur“ zu verweigern.

Angesichts der vielen Themen, die zu bewältigen sind, bleibe der Haushalt in einigen Bereichen „weit hinter den Möglichkeiten“ zurück. Zustimmung gibt es dennoch von der CSU.

Stephan Müller (BG): Die Fraktion der Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, die BG, lässt keinen Zweifel daran: Der Haushalt 2017 ist ein guter, allen Rückschlägen wie dem geplanten BAT-Abzug zum Trotz. Der Fraktionsvorsitzende Stephan Müller macht das an mehreren Komponenten fest: der Haushalt komme ohne Nettoneuverschuldung aus, Bayreuth hatte zum Ende des Jahres 2016 den niedrigsten Schuldenstand seit 2001 – und die Stadt nehme sich vor, 60 Millionen Euro zu investieren.

Stadthalle blieb nicht in der Schublade

Dass die Stadthalle als wichtigste Projekt eine Förderung von knapp 40 Millionen Euro erfahre, sei, sagt Müller, Merk-Erbe zu verdanken, „die das Thema Stadthalle immer wieder vorangetrieben und überzeugend vertreten hat und es eben nicht wie ihre Vorgänger in der Schublade“ liegen gelassen habe. Es sei ihr „gemeinsam mit anderen“ gelungen, nicht nur diese Höhe der Zuschüsse zu erreichen, sondern sie habe auch durch die Verhandlungen mit den Nachkommen des Architekten Hans Reissinger erreicht, „dass das Thema Urheberrecht eben kein Blockade-Thema“ wird. Seitenhieb auf die Gegner der großen Lösung: „Schwarzmaler“ seien die, die behaupten, die Stadthalle werde „zum Hauptschuldentreiber“.

Sauer auf Graserschul-Gegner

Sauer reagiert Müller auch auf die Mehrheit im Stadtrat, die den Ansatz für die Graserschule von 1,5 Millionen auf 300 000 Euro zusammengestrichen hat. Das sei „mehr als nur schmerzlich“ und keine Entscheidung gewesen, „in der es um die Sache der Schule und der Kinder gegangen ist“.

Große Chancen sieht Müller im Umzug von Teilen der Stadtverwaltung vom Rathaus II in die Schlossgalerie. Dadurch spare man Geld, das in die Sanierung der maroden Bausubstanz fließen müsste – und könne das Areal für ein Wohngebiet nutzen, das „unterschiedlichen Ansprüchen genügt“.

Bedauerlich aus Sicht Müllers: Dass die Stadträte den Antrag der Grünen, zehn Prozent der Aufwandsentschädigung zu kürzen, nicht mitgetragen haben.

Dennoch: „Mit dem vorliegenden Haushalt legen wir die Grundlagen, dass in Bayreuth auch im Jahr 2017 weitere wichtige Schritte in eine gute Zukunft getan werden.“

Thomas Bauske (SPD): Zu einer Abrechnung mit Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe gerät die Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Bauske. Bauske wirft Merk-Erbe unter anderem „Wortbruch“ und „schlechten politischen Stil“ vor, weil sei sich nicht an die Absprache gehalten habe, einen realistischen Investitionsrahmen mit dem Haushalt vorzulegen. Zudem habe sie die von den Fraktionsvorsitzenden geforderte Investitionsliste erst am Morgen der Haushaltsberatung vorlegen lassen. Zu spät, um sich ausführlich darüber Gedanken machen zu können.

Merk-Erbe schlecht vorbereitet?

Bei den Beratungen, sagt Bauske, sei mehrfach der Eindruck entstanden, dass Merk-Erbe „die Investitionsmaßnahmen mit den Verantwortliche in ihrem Hause nicht sorgfältig besprochen haben“. Man hätte, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende, sogar noch mehr als zehn Millionen aus dem Etatentwurf streichen können, wenn nach dem Mittagessen nicht „die Lust und der Elan“ verloren gewesen wären.

Doch Bauske lässt Merk-Erbe nicht aus: Merk-Erbe, die mit der BG „die demokratischen Prozesse im Stadtrat unterhöhlt und einen unliebsamen Beschluss zum Graserschul-Neubau so gekippt“ habe, enthalte dem Gremium – etwa bei der Graserschule – seit Herbst 2016 Informationen vor. „Transparenz sieht anders aus.“

Verwundert über Abstimmungsverhalten

Bauske rügt die OB für ihr Abstimmungsverhalten – etwa bei der Grundsteuer B – ebenso wie für ihre Sitzungsleitung, wo sie Neutralität vermissen lasse und mit „zweierlei Maß“ messe. Ihrem Fraktionsvorsitzenden lasse sie durchgehen, was sie bei anderen nicht gelten lasse, verstoße „sogar gegen die Geschäftsordnung“, indem sie Redner unterbreche.

Dennoch: Die SPD freue sich darüber, dass es mit der Stadthalle weitergehe, dass eine Förderung von rund 40 Millionen Euro erreicht werden konnte. Kleine Genugtuung für Bauske in dem Zusammenhang: Der Vorschlag der SPD, das Kleine Haus abzutragen, einst „in Bausch und Bogen abgelehnt“, spare jetzt sogar 60 000 Euro.

Die SPD wolle „den Haushalt wiederholt nicht ablehnen“, sagt Bauske. Für nächstes Jahr wünsche er sich „besser vorbereitete Unterlagen und die Einhaltung der Versprechungen“.

Sabine Steininger (Grüne und Unabhängige): Die Fraktion der Grünen und Unabhängigen verweigert dem Haushalt 2017 ihre Zustimmung. Das sagt die Fraktionsvorsitzende Sabine Steininger in ihrer Haushaltsrede. Die Begründung: „Abschließend kann ich für unsere Fraktion nur ernüchtert feststellen, dass der haushalt trotz der Auflage der Regierung von Oberfranken zur Erstellung eines Konsolidierungsprogramms ein Weiter so nach alten Mustern darstellt“, sagt Steininger. Man suche Ansätze hin zu einer ökologischen Stadtentwicklung zu mehr Nachhaltigkeit im Blick auf Investitionen und deren Folgen ebenso erfolglos „wie den Mut der Mehrheit des Gremiums, im Sinne einer echten Haushaltskonsolidierung einmal Nein zu sagen. Den Mut vermisse sie nicht nur bei den Stadträten, sondern auch bei der Oberbürgermeisterin.

Fragwürdiger Weg zum Haushalt

Steininger sagt, sie finde „die Methodik der Haushaltserstellung“ nach wie vor „fragwürdig“. Statt realistischer Anmeldung aller Dienststellen würden „stille Reserven“ geschaffen, indem überhöhte Ansätze angemeldet würden. Die Mehrheit des Stadtrats handle nach wie vor nach dem Motto: „Wer brüllt, der kriegt.“

Positiv bewertet Steininger, dass der Hebesatz der Gewerbesteuer erhöht wurde, weil genau das ein Garant „für die dauerhafte Listungsfähigkeit der Stadt“ sei. Der Dämpfer für sie: Dass die Grünen mit ihrem Antrag, die Grundsteuer B zu erhöhen, gescheitert sind.

Enttäuschung über ausgehebelten Beschluss zur Kultur

Enttäuscht sei ihre Fraktion auch darüber, dass der Stadtrat den Beschluss des Ältestenausschusses in den Beratungen „weitgehend ausgehebelt“ habe, auch die Zuschüsse im Kulturbereich um zehn Prozent zu kürzen. Ebenso enttäuscht seien die Grünen darüber, dass ihr Antrag durchgefallen ist, die Grundpauschale für die Aufwandsentschädigungen der Stadträte um zehn Prozent zu kürzen.

Als „völlig unangemessen“ bezeichnet Steininger die Diskussion um die Sanierung der Graserschule in den Haushaltsberatungen: Dass die Stadträte sich überrascht von den Plänen für eine Aula zeigten, „muss als fadenscheinig zurückgewiesen werden“. Seit November 2015 sei genau dieser Punkt öffentlich bekannt.

Der Stadtrat habe auch in diesem Jahr Zahlen teilweise „komplett andersartig interpretiert“: Als Beispiele nennt Steininger die Diskussion um den Spielplatz Schanz und das Regionale Innovationszentrum.

Iris Jahn (JB): Eine glatte Fünf. Darüber kommt der Haushalt bei Iris Jahn, der Fraktionsvorsitzenden des Jungen Bayreuth (JB), nicht hinaus. Wieder nicht. In den vergangenen beiden Jahren hatte es auch eine Fünf gegeben. Hauptgrund für Iris Jahn: „Die Diskrepanz zwischen dem Ansatz für Investitionen und den tatsächlich verwirklichten Investitionen ist auch im Haushaltsjahr 2017 immer noch zu hoch.“ Das verfälsche den haushalt, „denn wir stehen viel besser da als einige hier und glauben machen wollen“. Kernthema von Jahn auch in diesem Jahr: Die Gewerbesteuer. Eine Erhöhung sei schlicht unnötig. Bayreuth habe kein Problem bei den Einnahmen, sondern bei den Ausgaben – „und diese Seite liegt in unserer Hand“.

Jahn vermisst mehr Engagement der OB

Auch wenn Jahn sagt, die Stadt bringe „viele gute Dinge auf den Weg“: Bei einem Zukunftsprojekt, dem Regionalen Innovationszentrum, wünscht sich Jahn mehr Engagement der „Frau Oberbürgermeisterin als Chefin der Wirtschaftsförderung“. Es reiche nicht, „es einfach nur wichtig und gut zu finden“.

Weil Bayreuth auf eine Nettoneuverschuldung zusteuert, verweigert die Fraktion dem Haushalt die Zustimmung.

Thomas Hacker (FDP/DU):

Die Stadt steht gut da, aber sie könnte noch viel besser dastehen, sagt Thomas Hacker, FDP-Fraktionschef: Die Entwicklung der Stadt hin zu einem Standort für Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie sieht Hacker als die große Chance.

Aber obwohl Bayreuth gut dastehe, zeigte er sich unzufrieden mit dem Haushaltsentwurf – und deshalb stimmte die FDP dem Entwurf auch nicht zu: „Wir haben eine Chance erneut vertan“, kritisierte er. Die Stadt habe den heimischen Unternehmen keine Verlässlichkeit geboten, sagte er und bezog sich damit auf die nun wieder angestiegenen Gewerbesteuern, die erst vor einem Jahr gesenkt worden waren. Diese hatte er zuvor deutlich kritisiert – erneut.

Auch eine Prioritätenliste mit den wichtigsten Maßnahmen, die es abzuarbeiten gelte, habe der Stadtrat nicht zustande gebracht, ebenso sei das Investitionsprogramm wieder „hoffnungslos überzeichnet. Wir fordern jährliche Budgetierung auf 30 oder 35 Millionen Euro. Dann ist eine klare Priorisierung gefragt. Wenn man jedem alles verspricht, wird am Ende jeder irgendwo enttäuscht werden.“

Autor

Bilder