Kasse verlangt 12,5 Millionen Euro zurück Hausärzte empört über AOK

Von Elmar Schatz
Der Puls der Hausärzte rast, der Zorn über die AOK ist groß. Foto: dpa Foto: red

Die AOK Bayern verlangt von Hausärzten wegen Abrechnungsfehlern insgesamt 12,5 Millionen Euro zurück. "Ich finde es sehr schade, dass die AOK kurz vor Weihnachten die einzelnen Ärzte mit Regressforderungen überzieht", sagt Klaus Kinzinger (Coburg), stellvertretender Bezirksvorsitzender des Hausärzteverbandes in Oberfranken. Ist die AOK im Recht?

 
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"Ich gehe davon aus, dass diese Regressforderungen unberechtigt sind", sagt Kinzinger. Sie beträfen das hausärztliche Management nach einer Krankenhausbehandlung. Und die sogenannte Therapie-Optimierung, was Medikamente angeht. Das gelte für Kranke, die mehr als sechs Medikamente einnehmen; der Arzt habe dafür zu sorgen, dass sich deren Wirkung nicht gegenseitig aufhebe erklärt ein Sprecher des Hausärzteverbandes. Dabei sei der Kostenrahmen einzuhalten.

"Wir betreiben das sehr gewissenhaft und eruieren, was Patienten von anderen Ärzten bekommen. Und danach sind die Rückforderungen der AOK unberechtigt", sagt Kinzinger. Von rechtlicher Seite sei es sehr zweifelhaft, ob das Vorgehen der AOK vertragskonform sei.

"Dann hat keiner mehr Lust, Hausarzt zu werden"

Direkte Auswirkungen des Streits zwischen AOK und Hausärzten "spürt der Patient nicht", so Kinzinger. "Denn der Versicherte muss hier nichts bezahlen; zahlen muss immer der Arzt." Der Hausarzt betont aber: "Das, was der Patient langfristig spüren wird, ist, dass keiner mehr Lust hat, hausärztliche Versorgung zu übernehmen." Gerade jetzt in der Weihnachtszeit sei die Bürokratie besonders belastend, weil "ein Teil der Hausärzte in Urlaub ist und der Rest massivst zu arbeiten hat". Es sei kein Spaß, sich dann mit solchen "Spitzfindigkeiten" herumschlagen zu müssen. Das Vorgehen der AOK führe letztlich dazu, dass in Regionen wie Oberfranken Hausärzten die Versorgung von Patienten immer weniger Freude mache. "So werden wir die Nachwuchsprobleme nicht lösen."

Schon seit Jahren Streit um Hausarztvertrag

Die AOK und die Hausärzte in Bayern streiten schon seit Jahren über die Ausgestaltung des Hausarztvertrages. Die Bundesregierung hat verfügt, dass die gesetzlichen Kassen solche Hausarztverträge anbieten müssen. Sie sollen den Ärzten eine bessere Bezahlung und den Patienten eine bessere Versorgung bringen.

Die AOK teilt mit, Nachprüfungen hätten ergeben, dass bayerische Hausärzte eine "extrem hohe Zahl fehlerhafter Abrechnungen" eingereicht hätten. Die höchste Regressforderung gegen einen einzelnen Arzt summiere sich auf fast 100 000 Euro. Das Ergebnis des Überprüfung sei "niederschmetternd". Die AOK - mit rund 4,3 Millionen Versicherten die größte Kasse in Bayern - sei verpflichtet, falsch abgerechnete Gelder zurückzuverlangen.

"Existenzbedrohende Forderungen"

Etliche Hausärzte hätten falsche Abrechnungen vorgelegt, doch passiere das im Arbeitsalltag immer einmal, räumt ein Sprecher des Hausärzteverbandes ein. Allerdings sei die Art und Weise "perfide", wie die AOK "zum Teil existenzbedrohende Forderungen" so kurz vor Weihnachten erhebe. Fehler über acht Quartale seit 2012 seien zusammengefasst worden. Die Forderungen seien nun kurz vor dem Fest an 2700 Hausärztinnen und Hausärzte gegangen - mit einer Frist von 30 Tagen.

Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Dieter Geis, hat in Schreiben an Ministerpräsident Horst Seehofer und Gesundheitsministerin Melanie Huml (beide CSU) gegen das Vorgehen der AOK protestiert, wie er dem Kurier sagt. Geis spricht von einem "Schlag ins Gesicht der hausärztlichen Versorgung". Er vermutet "reine Willkür; denn die AOK in Bayern liebt die Hausarztverträge nicht". Ohne sich mit den Vertragspartnern, den Hausärzten, abzustimmen, habe die Kasse zwei Tage vor Weihnachten die Regressforderungen herausgeschickt. "Wir werden uns das nicht bieten lassen", sagt Geis, und kündigt rechtliche Schritte an.

Etwa 60 bis 70 Prozent der Hausärzte in Oberfranken betreiben die sogenannte hausärztezentrierte Versorgung, teilt Kinzinger mit. Auch gegen oberfränkische Mediziner habe die AOK Regressforderungen gestellt.

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