Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl hat am Donnerstag seinen letzten Arbeitstag - Sein Ziel: Bayreuth lebenswert und überraschend machen Hans-Dieter Striedl: Stadtgestalter geht

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Die letzten Tage als Stadtbaureferent waren noch einmal etwas hektisch: Hans-Dieter Striedl (63) musste noch einiges auf den Weg bringen und parallel dazu sein Büro ausräumen. Seine Nachfolgerin Urte Kelm bekommt neue Möbel. Foto: Eric Waha Foto: red

Zum Schluss ist es noch einmal hektisch geworden. Die Ausschreibungen für die Stadthalle mussten raus. Und die Möbel auch. Denn die Nachfolgerin von Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl, der am Mittwoch seinen letzten Auftritt im Stadtrat und am Donnerstag seinen letzten Arbeitstag hat, wird neue Möbel bekommen. Mit dem Kurier traf sich Striedl zwischendrin noch auf ein Gespräch über 27 Jahre Stadtgestaltung und -entwicklung in Bayreuth. 

 
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Frage:Wie viel Gestaltungsspielraum hat denn eigentlich der Stadtbaureferent?

Hans-Dieter Striedl: Als Baureferent hat man durchaus Einflussmöglichkeiten. Man ist für die Grundlinie bei den Angelegenheiten verantwortlich. Für die Anlagen bei Bebauungsplänen und den Bauvorhaben. Klar, dass es im Einzelfall, wo es kommunal politisch brisant wird, die eine oder andere Entscheidung gibt, die der Stadtrat so nicht mitträgt oder anders haben will. Aber die Diskussionsgrundlage lieferst du als Baureferent. Ein Großteil wird auch mitgetragen.

Obwohl es ja nicht immer einfach ist?

Striedl: Was mir im Laufe der Zeit auch erst bewusst geworden ist: Bayreuth ist insofern speziell, als es hier eher das skandinavische Modell der Minderheitenregierung gibt. Das heißt: Für jede Entscheidung musst du dir als Referent deine Mehrheiten im Stadtrat erarbeiten. Hier musste ich durch den Vortrag versuchen, die Mehrheit auf meine Seite zu kriegen. Was ein hartes Brot ist, was aber auf der anderen Seite ein sehr demokratisches Verfahren ist. Und was mir persönlich auch irgendwo Spaß macht. Ich bin jemand, der auch Sachen in Diskussionen gern mal ausficht. Das konnte ich hier zur Genüge.

In jüngster Zeit gerade wirkten sie recht dünnhäutig. Stadion, Landesgartenschau-Nachnutzung waren solche Themen. Woran lag das? 

Striedl: Es gibt schon Phasen, in denen man gewisse Diskussionen leid ist. In denen man denkt: Mensch, das muss man doch sehen. Ich reagiere empfindlich, wenn ich in Situationen reinmanövriert werde, in denen es unausweichlich ist. Zum Beispiel wurde mir das eine Mal vorgeworfen, ich hätte im Vorfeld nicht mit den Betroffenen gesprochen. Dann wieder hieß es, wenn ich vorher mit den Betroffenen gesprochen hatte, wie ich denn dazu käme, mit Betroffenen zu sprechen, ohne dass der Stadtrat überhaupt Bescheid weiß.

Bei der Graserschule, zum Beispiel?

Striedl: Ja. Aber da gibt es mehrere Geschichten. Auch im Zusammenhang mit dem Stadion war das so. Stadion war insofern ein bisschen schwierig, weil immer geklagt wurde, die Stadt tue nichts. Gleichzeitig aber wurde von vereinsnahen Leuten immer wieder, wenn ich kurz vorm Sprung war, die Diskussion vorn vorne wieder aufgerollt. Das fand ich ärgerlich, weil man so auf der Stelle tritt - wie im Hamsterrad.

Wie wichtig ist Ihnen denn, dass Sie jetzt noch die Unterschrift unter den Baubeginn der Stadthalle drunter setzen konnten?

Striedl: Nicht wirklich wichtig. Das war nur so eine Einschätzung, als die Stadthalle vor eineinhalb, zwei Jahren ins Laufen gekommen ist. Da habe ich gesagt: ,So wie ich das sehe, fange ich den Bau nicht mehr an.' Von daher war es noch nett, dass es gerade noch in meiner Dienstzeit passiert ist. Aber ich habe es bei der offiziellen Verabschiedung schon gesagt: Ich bin nicht einer, der sich über irgendwelche Denkmäler definiert. Mein Ziel war nie, dass es ein Bauwerk in Bayreuth gibt, von dem es heißt: das hat der Striedl gebaut. Vielleicht auch vor dem Hintergrund, dass ich von der Ausbildung kein Architekt, sondern Raumplaner bin, war mir immer wichtig, die Stadt ein Stück liebens- und lebenswerter zu machen. Ambiente zu schaffen. Die Stadt überraschend zu machen. Die Stadt auch für Bürger angenehm zu machen. Einer meiner großen Kämpfe war der gegen die großen Einzelhandelsflächen mit dem Hintergrund, weil ich mir Sorgen gemacht habe um die Nahversorger in der Nähe der Wohngebiete. Dass sich jemand mit 75 oder 80 auch ohne Auto selbst versorgen kann. Dass es auch gut möglich ist, sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad in Bayreuth zu bewegen. Dass es immer wieder kleine Fußwegverbindungen und Abkürzungen gibt, die eine Stadt spannend machen. Wege wie der durch die Regierung durch, auf dem man auch noch den Präsidentengarten sehen kann, den man sonst ja nicht sehen könnte.

Würde man einen Rundgang machen, oder für Sie als passioniertem Radfahrer eine Rundfahrt mit dem Rad, was wäre in Bayreuth etwas, worauf Sie in gewisser Weise stolz sind? Weil es auch Ihre Handschrift trägt?

Striedl: Es gibt in verschiedensten Bereichen Sachen. Was den Hochbau angeht, ist es sicher der Neubau des Richard-Wagner-Museums.

Obwohl auch der viele Diskussionen gekostet hat?

Striedl: Natürlich. Das ist wie ein Problemkind. Das wächst einem auch ans Herz, wenn man viel diskutiert hat. Gerade wenn ich daran denke, was man nicht alles gesagt hat: Monsterbau. Es würde den Hofgarten erschlagen. Diese Zurückhaltung des Erweiterungsbaus, der sehr gelungen ist und viele Optionen bietet. Die Umgestaltung Markt finde ich wichtig. Aber auch so Dinge - die von der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen werden: Was im Bereich Bauhof und Klärwerk alles passiert ist. Die sind fast energieautonom dort, arbeiten nach einem sehr ökologischen Ansatz. Etwa mit der neuen Klärschlammtrocknungsanlage. Oder bei der Mülldeponie: Die Teilrekultivierung und Erweiterung, um da eine Zukunftsperspektive zu haben. Was ebenfalls einen Bogen schlägt über meine Tätigkeit in Bayreuth, ist die Landesgartenschau: Es gab eine Bewerbung 1990, als ich nach Bayreuth gekommen bin. Damals noch von der Uni Richtung Röhrensee geplant. Dann kamen verschiedenste weitere Versuche. Es gab da ja alte Verwerfungen zwischen der Stadt und der Landesgartenschaugesellschaft.

Weil die Stadt einmal abgelehnt hat, als sie die Landesgartenschau bekommen sollte?

Striedl: Genau. Ich habe irgendwann beschlossen, als es im Vorfeld der Bundesgartenschau in Koblenz ein großes Gartenschau-Seminar gab, mit ganz vielen maßgeblichen Leuten zu sprechen. Unterstützt von Herbert Michel, den ich dort getroffen habe. War bestimmt mit ein Grund, warum Bayreuth die Chance hatte, eine Landesgartenschau zu bekommen. Dass wir jetzt die Landesgartenschau hatten, war für mich auch maßgeblich für den Zeitpunkt des Aufhörens: Damit der Leiter des Planungsamtes, Ulrich Meyer zu Helligen, nicht im Regen steht, wenn ich jetzt gehe. Das hat ein bisschen den Zeitpunkt mitbestimmt. Ich hoffe, dass es gelingt, dass das Gelände als Wilhelminenaue eine zukünftige Bespielung findet. Wäre schade, wenn das nach dem Aufwand wieder in sich zusammenfallen würde.

Was ist denn Ihr Lieblingsgebäude in Bayreuth?

Striedl: Kein Gebäude, aber ich finde die Passage Max-48 von der Architektur her spannend. Auch den Spitalhof, wie er geworden ist nach der Sanierung. Den find ich schön. Der war vorher so abgeschottet und ist jetzt wieder erlebbar.

Wenn Sie einen Strich machen unter 27 Jahre Bayreuth: Was haben Sie am Job gemocht - und was nicht?

Striedl: An dem Job hat mich gereizt, die Entwicklungslinien anzulegen, an denen sich die Stadt entwickeln kann. Einfluss darauf zu haben, dass es angenehmer, lebenswerter wird in der Stadt. Was ich weniger geliebt habe, war der Verwaltungskram im Hintergrund. Das Referat hat mehr als 300 Mitarbeiter. Bauhof, Stadtgartenamt, gehört alles dazu. Da ist in der formalen Ebene ganz viel zu erledigen. Auch die Diskussionen um Finanzen, um Finanzierungen, die sind zäh.

Was ist denn - hätte man plötzlich viel Geld - aus Ihrer Sicht noch nicht gebaut? Was fehlt in Bayreuth?

Striedl: Was ich in einem Frühstadium immer gesagt habe: Es wäre schön, wenn wir das Geld hätten und für die Altstadt ein reines Fußballstadion hinstellen könnten.

Da müsste aber die Altstadt selber Geld haben?

Striedl: Auch, natürlich. Dem Fußball als solches täte es allerdings gut. Aber Bayreuth ist zu klein, ein reines Fußballstadion neben den anderen Stadien zu haben. Was täte uns noch gut? Ein Frage wäre, ob in dem Bereich Kongress was machbar wäre. Ich habe seinerzeit den Ansatz von Jeff Maisel nicht für so verkehrt gehalten. Das hätte unter Umständen auf dem eher engen Markt eine Sonderstellung kriegen können. Was uns noch gut tun würde: Ein vernünftiges Hotel.

Kann Ihre Nachfolgerin Urte Kelm schnell loslegen?

Striedl: Wir haben eine Phase hinter uns, in der Friedrich Taubmann und ich zwei ehemals getrennte Referate, die zusammengefügt worden sind, koordinieren mussten. Innerhalb der Referate läuft es sehr gut. Insbesondere deshalb, weil die Dienststellenleiter eine sehr gute Arbeit machen, sonst könnte man das Volumen gar nicht bewältigen. Die Arbeit im Referat funktioniert. Die Tatsache, dass es gelungen ist, bei der Stadthalle das Vorgeplänkel abzuschließen, hilft ihr sicher auch weiter. Weil sie sich aufs Bauen konzentrieren kann. In so einem Referat ist ja nie alles abgeschlossen. Man muss den Staffelstab einfach übergeben.

Was kommt für Sie jetzt?

Striedl: Ich kriege im Augenblick Angst vor dem, was ich alles vorhabe. Meine alten Hobbies will ich stärker pflegen. Theaterspielen, Musik machen, Pétanque spielen. Auch das eine oder andere Hobby, das ich wieder aufnehmen möchte, wenn mir die Zeit bleibt: Ich habe früher gemalt und habe das aufgegeben, als die Kinder klein waren. Es liegt auch eine Reihe von Instrumenten daheim, mit denen ich mich noch beschäftigen will.

Bleiben Sie in Bayreuth?

Striedl: Als gebürtiger Regensburger habe ich mir mal überlegt, nach Regensburg zurück zu gehen. Aber wenn man eine zeit lang in einer Stadt lebt, verwurzelt man hier. Meine Freunde von früher, ich bin 1974 aus Regensburg weg, sind überall verstreut. Meine Geschwister, die noch dort leben, sind älter als ich. Und nach Regensburg ist es eineinhalb Stunden mit dem Auto, wenn mir danach ist. In Bayreuth gibt es schöne Cafés, in denen man sitzen und Zeitung lesen kann und so auf die Welt schauen kann. Ich fühl mich wohl in Bayreuth. Eine lebenswerte Stadt. Warum sollte man die aufgeben?

Zur Person

Hans Dieter Striedl (63) kam in Regensburg zur Welt, ging dort zur Schule und hat dort das Abitur gemacht. Ab 1974 studierte er in Dortmund. Der Ingenieur für Raumplanung hatte nach dem Studium Stationen bei der Regierung von Düsseldorf, in Frankfurt und war nach 1984, nach der zweiten Staatsprüfung in den Bau- und Planungsämtern der Städte Maintal und Frankfurt. Am 1. Januar 1990 wechselte Striedl als Leiter des Planungsamts nach Bayreuth. Er war Nachfolger von Jürgen Dohrmann, der Baureferent wurde. 2010, nach dem Ausscheiden seines Vorgängers Friedrich Taubmann, war Striedl kommissarischer Baureferent, seit 2011 ist er Stadtbaureferent. Es habe gegen Ende des Studiums auch eine kurze Phase gegeben, in der er mit einem Wechsel in die freie Wirtschaft geliebäugelt hatte, sagt Striedl. "Ich habe damals Planungsprogramme für große Behörden selber geschrieben und überlegt, ob ich mich damit selbstständig mache. Als allerdings eine kommunal getragene Firma für Planungssoftware in Konkurs gegangen ist, habe ich mich anders entschieden."

Das ist die neue Stadtbaureferentin: Urte Kelm

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