Handwerk mit vollen Auftragsbüchern

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Die Sonne lacht: Sowohl für Dachdecker Alex von der Firma Okelmann an seinem Arbeitsplatz, als auch für die Branche insgesamt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Es läuft gut. Zumindest bei vielen. Von einem Allzeithoch sprach die Handwerkskammer (HWK) Oberfranken jüngst mit Blick auf den Geschäftsklimaindex. 91 Prozent der Betriebsinhaber im oberfränkischen Handwerk sind demnach aktuell mit ihrer Geschäftslage zufrieden. Der Kurier hat bei einigen Firmeninhabern in und um Bayreuth nachgefragt, ob sie das genauso sehen.

 
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Dass es derzeit gut läuft, bestätigt etwa Berthold Horn, Inhaber von Holzbau Horn in Himmelkron. Das nächste Vierteljahr ist Horn mit Aufträgen gut ausgelastet. Von der Kundenseite her betrachtet heißt das aber auch: Wer ein konkretes Angebot von Holzbau Horn haben will, muss sich vier Wochen gedulden. Der 68-Jährige Zimmerer zieht Aufträge an Land, die er dann an seinen Junior-Partner weitergibt. Das Problem ist dort nicht die Auftragslage, sondern eher der Personalmangel. „Die könnten auch weitere Leute brauchen“, sagt Horn. Zwei Zimmerer könnten dort aktuell eine Beschäftigung finden.

Flaschner gesucht

Helmut Okelmann, Chef des gleichnamigen Dachdecker- und Flaschner-Meisterbetriebs in Bayreuth, beurteilt die Lage indes weitaus weniger euphorisch als es in den Mitteilungen der Handwerkskammer dargestellt wird. Wenn viel gebaut wird, bedeutet das laut Okelmann noch lange nicht, dass auch automatisch die hiesigen Betriebe davon profitieren. Gerade auf Großbaustellen seien hauptsächlich Firmen anzutreffen, die von weit her kommen. Grund zum Klagen hat Okelmann dennoch nicht. Bis Mitte August sei er ausgebucht. Weitere Aufträge stünden in Aussicht. Bei Anrufen von potenziellen Kunden versuche er möglichst schnell zu reagieren. „Das kann am nächsten Tag sein oder in der nächsten Woche“, sagt der Chef des Bayreuther Meisterbetriebs. Ein Problem vor dem viele Firmen in Oberfranken stehen, plagt auch Okelmann: der Fachkräftemangel. Konkret könnte er in seinem Betrieb, in dem er sechs Leute beschäftigt, einen weiteren Flaschner gut gebrauchen. Jedoch: Der Markt ist leer gefegt. „Seit drei Jahren suche ich nach einem geeigneten Mitarbeiter.“ Um den Personalmangel abzufedern, hat Okelmann für einzelne Projekte auch immer wieder Rentner aktiviert, die den Beruf gelernt haben.

Aufträge bis ins nächste Jahr

Optimal läuft es derzeit auch bei der Firma Parkett und Bodenbeläge Popp in Eckersdorf. Wie Inhaber Hans-Jürgen Popp im Gespräch mit dem Kurier sagt, ist man bis Ende des Jahres ziemlich gut ausgelastet. Überdies zeichne sich ein Großauftrag ab, der bis ins nächste Jahr reicht. 5000 Quadratmeter Boden gilt es dabei zu belegen. „Die ideale Winterbaustelle“, wie Popp sagt. Warum es derzeit so gut läuft? Die Leute würden für ihr angelegtes Geld nichts mehr bekommen, deshalb investieren sie aus Popps Sicht in Immobilien. Daran werde sich auch mittelfristig nichts ändern.

In einem Punkt sieht es jedoch auch bei Popp nicht rosig aus: beim Thema Nachwuchsgewinnung. Nur einen Auszubildenden hat die Firma derzeit, Popp hätte gerne einen zweiten, aber den findet er nicht. Bisweilen werde er sogar von Kollegen anderer Unternehmen angefragt, ob er nicht einen Mitarbeiter nach abgeschlossener Ausbildung abgeben könnte. So groß ist die Not in der gesamten Branche. Wie Popp sagt, wurden in seiner Firma in den vergangenen Jahren rund 40 Lehrlinge ausgebildet. Gemäß der Devise: „Wir bilden unsere Leute selber aus.“ Mittlerweile ist man heilfroh, wenn diese dann auch im Betrieb bleiben.

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