Handwerk hat "viel Dampf im Kessel"

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Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz sprach erstmals vor der Vollversammlung der Handwerkskammer. Foto: red Foto: red

"Wir haben viel Dampf im Kessel.“ Man könnte diese Aussage von Thomas Zimmer unterschiedlich deuten. Zwar meinte der Präsident der Handwerkskammer (HWK) für Oberfranken damit, dass es beim Handwerk in der Region derzeit rund läuft. Aber er formulierte vor der Vollversammlung eben auch Forderungen an die Politik.

 
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Unter anderem das Thema Reform der Erbschaftsteuer brennt dem Handwerk auf den Nägeln. Hier müsse endlich eine verfassungsgemäße Lösung gefunden werden. Schließlich stünden in nächster Zeit sehr viele Betriebe zur Übernahme an, mehr als die Hälfte davon innerhalb der Familie. Um gerade kleine Firmen nicht zu gefährden, sei deshalb eine der wichtigsten Forderungen des Handwerks, die Pflicht zum Erhalt der Lohnsumme erst bei fünf und nicht schon bei drei Mitarbeitern greifen zu lassen. Außerdem müsse hier nach Vollzeitarbeitsplätzen und nicht nach Köpfen gerechnet werden.

Flüchtlinge in Ausbildung

Zimmer betonte, dass das Handwerk auch in Zukunft bereit sei, einen nennenswerten Beitrag zur Integration von Flüchtlingen mit hoher Bleibeperspektive zu leisten und diese auch als eine Möglichkeit sehe, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. So gebe es bei der HWK jetzt drei statt bisher einen entsprechenden Ansprechpartner für die Betriebe. Es müssten aber auch andere Voraussetzungen geschaffen werden, insbesondere bei der Betreuung junger Flüchtlinge. So müssten Praktika passgenau vermittelt werden, statt Asylbewerber wahllos auf Betriebe zu verteilen. Außerdem sei es sinnvoll, Wohngruppen für solche Azubis zu schaffen. „Bei Unterbringung in gemischten Gruppen, also mit Asylbewerbern, die sich nicht in Ausbildung befinden, werden die Azubis in ihrer Freizeit gestört und vom Wesentlichen abgelenkt“, sagte Zimmer. Das erhöhe die Gefahr des Scheiterns.

Bei Förderung helfen

Und schließlich müsse Asylbewerbern, die mit Beginn einer Ausbildung oft tiefe finanzielle Einschnitte zu verkraften hätten, geholfen werden, Förderung zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zu bekommen. Zugleich wandte sich Zimmer entschieden gegen Vorschläge, für Flüchtlinge eine „Ausbildung light“ zu schaffen oder Ausnahmen bei der Bezahlung – also beim Mindestlohn – zuzulassen. „Wir werden hier in Deutschland weltweit für unsere duale Berufsausbildung, unsere Meisterausbildung und das Niveau unserer Facharbeiter beneidet“, sagte Zimmer. Nur diese gute Ausbildung biete Schutz davor, später bei der kleinsten Krise gleich wieder entlassen zu werden.

Verbesserungen beim Meister-Bafög

Der HWK-Präsident lobte ausdrücklich, dass die Meisterausbildung und darauf aufbauende Fortbildungen mit Studienabschlüssen gleichgesetzt wurden. In die richtige Richtung einer Gleichberechtigung gingen deshalb auch die ab August gültigen Verbesserungen beim Meister-Bafög und die Möglichkeit, durch Förderungen mehr als 70 Prozent der Kurs- und Prüfungsgebühren erlassen zu bekommen.

Kompetenzverbund Denkmalwissenschaften

Zimmer sagte, dass es im Rahmen des digitalen Kompetenzzentrums Handwerk – eines von nur vier bundesweit (wir berichteten) – demnächst die ersten Veranstaltungen geben werde. Außerdem kündigte er an, dass die HWK mit der Universität Bamberg und der Hochschule Coburg an einer Kooperation im Bereich der Denkmalpflege arbeite. Ziel sei der Aufbau eines bundesweit einmaligen bayerischen Kompetenzverbunds im Bereich der Denkmalwissenschaften und Kulturgutsicherung.

Andere die Stärke Oberfrankens spüren lassen

Wohl auch solche Projekte meinte die neue Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, die zu Beginn erstmals vor der Vollversammlung sprach: „Gemeinsam sind wir stark. Und wir sollten andere die Stärke Oberfrankens auch spüren lassen.“

Jahresabschluss 2015

"Unser Konsolidierungskurs trägt Früchte, wir müssen ihn beibehalten", sagte HWK-Hauptgeschäsftführer Thomas Koller bei der Präsentation des Jahresabschlusses für 2015 vor der Vollversammlung.

> Dank des Sparkurses, aber auch wegen aufgeschobener Investitionen wurde ein positives Ergebnis von 1,5 Millionen Euro bei einem Gesamtumsatz von 35 Millionen Euro erwirtschaftet. 32,7 Millionen Euro entfielen auf den Verwaltungs-, 2,3 Millionen Euro auf den Investitionshaushalt.

> 1,4 Millionen Euro seien eingespart worden, sagte Koller. Wegen Verzögerungen bei der Beantragung und Bewilligung von Förderungen seien Investitionen von 615.000 Euro auf das laufende Jahr verschoben worden. 1,29 Millionen flossen in die Rücklagen. Diese müssten weiter wachsen, um in den kommenden Jahren anstehende Investitionen vor allem in die Berufsbildungszentren stemmen zu können.

> 46 Prozent der Einnahmen kamen aus Gebühren vor allem im Kurswesen, 37 Prozent aus den Kammerbeiträgen und weitere zwölf Prozent waren zweckgebundene staatliche Zuschüsse.

> Bei den Ausgaben entfielen laut Koller 84 Prozent auf den Dienstleistungssektor für die Mitgliedsbetriebe (allein 66 Prozent auf den Bereich berufliche Bildung), 16 Prozent auf die klassische Kammerverwaltung.

> In den Berufsbildungs- und Technologiezentren der HWK fanden 2015 exakt 1351 Kurse mit 15.917 Teilnehmern statt.

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