Richtig in Fahrt klatscht sich das Publikum, als „KT“ über Leitkultur spricht. Sätze wie „Wer sich als Flüchtling bei uns strafbar macht, muss weg, und zwar schnell“ haben schon Politiker jeglicher Couleur gesagt. Drei Minuten tosenden Applaus haben dafür aber die wenigsten bekommen.
Alles furchtbar schade
Das alles ist furchtbar schade. Nicht nur, weil der bei der FAZ geklaute Rosneft-Witz seine zuvor gezeigten Reue- und Demutsbekenntnisse gleich wieder zunichte zu machen droht. Sondern noch viel mehr, weil an diesem Abend auch immer wieder aufblitzt, was zu Guttenberg der deutschen Politik alles bieten könnte. Sein Auftritt in Kulmbach zeigt, dass er den Menschen die wirtschaftlichen und geostrategischen Zusammenhänge unterhaltsam erklären kann. Dass die Menschen an zu Guttenbergs Lippen hängen, wenn er ihnen erklärt, dass die weit entfernt scheinenden Krisenherde Einfluss auf die Renten hier im Land haben können und uns eben auch deshalb nicht egal sein sollten.
Er wäre doch so wichtig
Und zu Guttenberg hat in der Politwelt einen beinahe einzigartigen Vorsprung. Es bräuchte mehr Politiker, die bereit seien, für eine gute Sache zu scheitern, sagt er. Wer, wenn nicht er, der bereits erlebt hat, dass sich die Welt auch für Gescheiterte weiterdreht, könnte ein solches Scheitern auf sich nehmen.
Am Ende steht zu Guttenberg auf der Bühne, minutenlang, umgeben von donnerndem Applaus, Getrampel und begeisterten Pfiffen. Zu Guttenberg nickt und hebt besänftigend die Hände, als wolle er sagen: „Ich hab’ doch gar nichts gemacht.“ Als der Applaus nicht abebbt, zeigt er verschämt auf Weggefährten, die er im Publikum entdeckt, beinahe so, als wolle er endlich von sich ablenken.
Abgeliefert aber nicht ausgeschöpft
Beim neutralen Beobachter kann an diesem Abend der Eindruck entstehen: „KT“ hat abgeliefert in der alten Heimat. Sein Potenzial ausgeschöpft hat er aber nicht.
thorsten.guetling@nordbayerischer-kurier.de