Gregory Porter: Nicht probieren - machen!

Von Susanne Will
Take me to the Alley: Gregory Porter tritt am Donnerstag in Nürnberg auf. Foto: Shawn Peters Foto: red

Die Mütze ist sein Wahrzeichen - auch für Menschen, die nicht dauernd ein Ohr am Radio haben. Das mit der Mütze haben wir nicht vertiefen können. Was Porter mit butterweichem Bassbariton sagen will, wovon er singt: Das erzählte er dem Kurier vor seinem Auftritt am Donnerstag in Nürnberg.

 
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Auf den ersten Blick verkörpert er noch immer den Prototyp des Footballspielers: zwei Meter groß, die Schultern breit wie Tore, die Hände groß wie Scheunentore. Auf den ersten Ton fängt er Menschen mit seinem butterweichen Bassbariton. Er kann Scat und auch Ballade, behauptet sich im stürmischen Big Band-Sound, lässt seinen Partnern bei Duetten Raum – und er hat den Jazz wieder in deutsche Wohnzimmer gebracht, fernab von Tchibo-Dinner-Samplern: Gregory Porter.

Der 45-Jährige stellt am Donnerstagabend sein neues Album „Take me to the Alley“ in der Nürnberger Meistersingerhalle vor. Spätestens seit dessen Vorläufer „Liquid Spirit“ hat er rund um den Globus ein Jazz-Revival hervorgerufen. Das wundert nicht: Die Songs sind selten sperrig, erinnern an die großen Nummern von Bill Withers, an Isaac Hayes. Diesen Sänger live zu erleben ist eine wunderbare Gelegenheit, sich staunend mitreißen zu lassen von schierer Intensität – und von der Professionalität, Spontanität und den Bühnen-Ideen seiner Mit-Musiker.

Auf „Take me to the Alley“ ist die Balladen-Dichte auffallend hoch. Ist er nun milder geworden, der Mann mit der merkwürdigen Mütze, die für ihn schlicht sein „persönliches Jazz-Ding“ ist? Gegenüber dem Kurier sagt Porter: „Mein beherrschendes Thema ist die Liebe in ihren vielfältigsten Formen und Stufen.“ Und dabei ginge es ihm nicht nur um die Liebe im romantischen Sinn, sondern „auch um Liebe zu deinen Brüdern und Mitmenschen“.

Porter ist populär geworden, und Kritiker könnten ihm nun auch den Vorwurf machen, seine Songs seien weichgespülter, poppiger geworden mit weniger Jazz-Soli – vielleicht vor dem Hintergrund, dass sie dann auch radiokompatibler werden. Porter: „Ich setze mich nicht unter diese Art von Druck. Die Songs wachsen und entwickeln sich mit der Zeit. Ich probiere nicht – ich mache einfach.“ Und er setzt auf die Vergangenheit, auf die Wurzeln seiner Songs: „Dieser Sound, der aus Kirchen, Arbeiterliedern und von Feldern emporsteigt, hat seinen Weg zu so vielen Orten gefunden, dass ich ihn gewähren lasse, wo immer er auch hinkommt.“

Wo sich Porter in seinen Songs vielleicht ein Stück in Richtung Mainstream bewegt, bleibt er bei den Texten deutlich, klar, radikal, politisch. In „Fan the Flames“ ruft er mit der Zeile „Raise your Fist in the Air“ dazu auf, die Fäuste zum Protest zu ballen. Porter: „Ich schrieb diesen Song als eine Hommage an den gewaltfreien Protest. Ich glaube, die Vorstellung, dass eine politische Reizfigur wie Donald Trump tatsächlich Präsident werden könnte, wird die Menschen dazu bringen, für die richtige Sache aufzustehen. ,Steh auf und recke die Faust nach oben”, das ist es, was die Menschen gegen Trump tun werden. Sie werden zusammenrücken und dafür sorgen, dass er nicht gewinnt.“

Und das hört sich auch noch mitreißend an.

INFO: Donnerstag, 19. Mai, 20 Uhr, Meistersingerhalle Nürnberg

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