Jugendausschuss spricht sich für halbe Stelle aus Graserschule will Jugendsozialarbeiter

Von Katharina Wojczenko
Sieben Schulen in Bayreuth haben einen Jugendsozialarbeiter. Zuletzt hat die Dietrich-Bonhoeffer-Schule eine Stelle bekommen - als erste Förderschule der Stadt. Diplompädagogin Carmen Hümmer ist seit 1. November Ansprechpartnerin für Schüler und Eltern. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Kinder aus schwierigen Elternhäusern, mehr als 30 Prozent Schüler mit ausländischen Wurzeln, aggressive Eltern: Unter anderem aus diesen Gründen wünschen sich Graserschul-Rektor Andreas Huber und sein Team dringend einen Jugendsozialarbeiter. Der Jugendausschuss ist dafür. Einige Stadträte wollen mehr.

 
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Die Liste in Rektor Hubers Schreiben liest sich wie ein Hilferuf. Es geht um Kinder, die sozial benachteiligt sind, zunehmend "starke Verhaltensauffälligkeiten wie fehlende Impulskontrolle, geringe Frustrationstoleranz und erhöhte verbale und körperliche Aggression zeigen und in ihrer psychosozialen Entwicklung gefährdet sind", mit "mangelndem Selbstwertgefühl und fehlenden Zukunftsperspektiven".

Kinder hätten schwierige Eltern, oft aus bildungsfernen Schichten, "mit denen schwer zusammenzuarbeiten ist und die bisher kein Netzwerk an Hilfen angebunden werden konnten". Sie werden "immer wieder gegenüber Lehrkräften aggressiv".

Immer mehr verhaltensauffällige und lernschwache Kinder

"Lehrer und Kinder, aber auch Eltern, werden mit all diesen Problemfeldern weitgehend alleine gelassen", schreibt Huber. Weil immer mehr Kinder mit und ohne Behinderung im Klassenzimmer zusammen unterrichtet werden, sei zudem die Zahl der verhaltensauffälligen und lernschwachen Kindern gewachsen.

Ein Jugendsozialarbeiter, ist die Hoffnung von Schulleiter und Lehrern, soll Kinder, Eltern und Lehrer frühzeitig unterstützen und vermitteln. Und er ist Schnittstelle zum Jugendamt - weshalb der Freistaat ihn ab einem Migrantenanteil von 20 Prozent zu einem Drittel bezahlt, den Rest müsste die Stadt stemmen. 

Kosten für Stadt: 15.000 Euro jährlich für die halbe Stelle

Kostenpunkt laut Jugendamtsleiter Christian Hübsch: etwa 15.000 Euro jährlich. "Ein wichtiger Beitrag zur Chancen- und Bildungsgleichheit", schreibt Huber.

Das sah der Jugendausschuss am Montag genauso. Ulrike Lex (CSU) fand es "erschreckend", dass aggressive Eltern ein Problem sind. Lex und Elisabeth Zagel (SPD) würden am liebsten weiter gehen: bei allen Bayreuther Schulen den Bedarf abfragen - und eine Vollzeitstelle statt der gewünschten halben Stelle für die Graserschule beantragen.

Lex und Zagel wollen volle Stelle

Lex nannte dafür mehrere Gründe: Zum einen klinge Hubers Antrag nach viel Arbeit für eine halbe Stelle, zum anderen sei der Sozialpädagogen-Markt leer gefegt und eine volle Stelle für Bewerber womöglich attraktiver. Und falls eine halbe Stelle doch reiche, könne eine andere Schule davon profitieren - zum Beispiel die Grundschule Herzoghöhe.

Schulamtsleiter Günter Roß hatte im Ausschuss angedeutet, dass die Schule womöglich auch einen Jugendsozialarbeiter brauchen könnte, wegen der offenen und gebundenen Ganztagsschule.

Ohne Konzept der Schule geht es nicht

Auf Nachfrage stellten er und Jugendamtsleiter Christian Hübsch aber klar: Ein Antrag der Schule liegt nicht vor, direkt mit ihr darüber gesprochen hat niemand. Hübsch: "Eine Schule braucht dazu ein Konzept, dass muss man vorher erarbeiten." Zudem seien auch halbe Stellen attraktiv, zum Beispiel für Bewerber mit Familie.

Karsten Schieseck (BG) sprach sich dafür aus, bei dem zu bleiben, was die Graserschule beantragt hatte - eine halbe Stelle. "Das ist kein Thema für eine Zwangsbeglückung", sagte Schieseck. "Dafür muss die Akzeptanz an der Schule da sein."

Zwangsbeglückung oder Angebot für Schulen?

Viele hätten bereits funktionierende Konzepte. "Mehr ist nicht immer besser." - "Wenn es um Qualität an Schulen geht, finde ich den Begriff Zwangsbeglückung unpassend", widersprach Lex. "Müssen wir als Kommune nicht auf die Schulen zugehen und ihnen auch mal etwas anbieten?"

Ihr Kollege Thomas Ebersberger (CSU) zeigte sich vorsichtig. Er gehe davon aus, dass an allen Schulen Bedarf besteht - wenn man sie denn fragt. Aus Gründen der Gleichbehandlung solle die Stadt allerdings erst einmal bei einer halben Stelle bleiben. "So haben wir auch an den anderen Schulen angefangen."

Der Antrag  von Zagel und Lex, eine Vollzeitstelle für die Graserschule zu unterstützen, lehnte der Jugendausschuss mit sieben zu sieben Stimmen ab. Einstimmig empfahl er danach dem Stadtrat, die halbe Stelle einzurichten.

Hintergrund: Jugendsozialarbeiter

Jugendsozialarbeit an Schulen (Jas) ist ein Förderprogramm des Freistaats, das 1999 als Modellprojekt startete und seit 2002 fest etabliert ist.

Sozialpädagogen gab es an Bayreuther Schulen schon früher. Der dienstälteste ist Günter Trettwer. Er begann 2001 und ist heute an der Altstadtschule tätig.

Mittlerweile gibt es an sieben Schulen einen Jugendsozialarbeiter: eine Vollzeitstelle an der Albert-Schweitzer-Mittelschule und der Mittelschule Bayreuth-Altstadt sowie eine halbe Stelle an der Mittelschule St. Georgen; je eine halbe Stelle an den Grundschulen Jean-Paul-Schule, Luitpoldschule und St. Georgen.

Als erste Förderschule bekam die Dietrich-Bonhoeffer-Schule Anfang November eine Jugendsozialarbeiterin. Carmen Hümmer (siehe Foto) ist in Vollzeit dort tätig. Alle sind bei der Stadt Bayreuth angestellt.

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