Goldjunge Müller: Gute Zeit in Bayreuth

Von Jürgen Schott

Papa Martin war einst als Eishockeyspieler ein Bayreuther Sport-Idol, nun steht Maximilian Müller als Doppel-Olympiasieger für einen Tag in der Stadt im Mittelpunkt: Der 28 Jahre alte Hockeyspieler aus Nürnberg ehrt am Samstag (16. Januar) beim Ball des Sports in der Stadthalle den Sportler und die Mannschaft des Jahres. Aus diesem Anlass sprachen wir mit ihm über seine Karriere, seine Bayreuth-Erfahrungen und über einen Vorfall auf dem „Traumschiff“.

 
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Sie kommen am Samstag als Stargast beim „Ball des Sports“ zurück in die Stadt, in der sie Sportökonomie studiert haben – was ist geblieben an Erinnerungen an Bayreuth?
Maximilian Müller: Es war eine gute Zeit, ein abwechslungsreiches Studium, bei dem wir breit geschult wurden. Man kam mir an der Uni auch entgegen, indem – immer im erlaubten Rahmen – Klausuren etwa so gelegt wurden, dass ich sie schreiben und trotzdem für den Hockeysport in der Welt rumreisen konnte. Und ich habe in Bayreuth interessante Leute kennengelernt.

Wie groß ist Ihr sportlicher Ehrgeiz noch, nachdem die ganz große Kariere durch Ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft ja zu Ende ist? Der Nürnberger HTC ist Vierter von sechs Teams in der Hallen-Bundesliga Süd, auf dem Feld ist er bei Saison-Halbzeit Neunter von zwölf.
Müller: Ehrgeiz ist gewiss vorhanden, vielleicht mehr als Zeit. In der Hallensaison jetzt pausiere ich aus beruflichen Gründen und wegen der vielen Entbehrungen, die der Sport schon von mir verlangt hat. In der Feld-Rückrunde wollte ich noch mal eingreifen, aber das steht auf der Kippe, der Beruf ...

Gab es mal die Versuchung, zu einem „großen“ deutschen Verein etwa nach Köln oder Hamburg zu wechseln? Warum ist es nicht passiert?
Müller: Wir waren in Nürnberg eine eingeschworene Truppe, die Deutscher Jugendmeister wurde und dann auch im Herrenbereich zusammenblieb. Ich bin in der Region verwurzelt und habe viel Familiensinn. Es gab also keinen Anlass zu wechseln.

Ihr Vater Martin ist durch seine Zeit als Eishockeyspieler für den SV Bayreuth (von 1982 bis 1984 in Oberliga und 2. Bundesliga) bei uns sehr bekannt. War Eishockey für Sie mal eine Alternative?
Müller: Als Kind habe ich sogar Eishockey gespielt, dazu noch Tennis, Fußball und Hockey. Mit zwölf habe ich mich dann auf Hockey konzentriert, war ja keine schlechte Ent- scheidung . . . Später habe ich dann mit Golf angefangen, und darin sehe ich auch meine sportliche Zukunft. Diesen Sport kann man ja lange Jahre betreiben.

Der aktuelle Job als Projektleiter in der Nürnberger alpha-Grupppe – ist er Zwischenstation, Sprungbrett, Karrierechance oder was? Helfen die Goldmedaillen im „normalen“ Leben?
Müller: Er ist eine große Chance. Ich arbeite für ein anerkanntes Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Standorten spezialisiert hat. Ich kann mich einbringen, es geht sehr gut und zügig vorwärts. Übrigens sind die Markgrafenhallen neben dem Hauptbahnhof in Bayreuth ein Projekt, um das ich mich zu kümmern habe.

Ihr Chef Gerd Schmelzer, der frühere Präsident des 1. FC Nürnberg, beschreibt sie als „absoluten Teamplayer“ nennt Ihre „Fähigkeit zur Zusammenarbeit sensationell“, lobt sie als „außerordentlich dynamisch, zielstrebig und sehr individuell“. Sind das im Leistungssport erworbene Charakterzüge?
Müller: Ich glaube schon. Spitzensportler bringen in der Regel Soft Skills mit, die sie sich in der Karriere erworben haben. Denn nur mit ihnen, wie etwa Durchsetzungsvermögen, Team- und Kritikfähigkeit, Selbstdisziplin und -beherrschung wirst du im Sport was. Fachlich bringe ich ja nur eine rudimentäre Vorbildung mit, bin aber so wohl ins Unternehmen integrierbar.

Sehen Sie sich im Video einen Videogruß des Bayreuther Schwimmers Florian Vogel an.

 

 

Derzeit klagen diverse deutsche Sportler aus Randsportarten darüber, dass sie sich für ihren Leistungssport quasi rechtfertigen und berufliche Nachteile in Kauf nehmen müssen. Reihen Sie sich in diesen Chor ein?
Müller: Nein, es gibt so viele attraktive Berufsangebote für Leistungssportler. Ich hatte 13 oder 14 Trainingseinheiten pro Woche – die Zeit für das Studium nebenher hat dennoch vollkommen ausgereicht. Das kann doch zum Beispiel auch jeder Fußball-Profi machen, wenn er nicht gerade mit dem FC Bayern oder einem anderen Spitzenclub ständig auf Reisen ist. Das Leben nach dem Karriereende ist noch sehr lang, da braucht man was. Im Übrigen neide ich den Fußballern nicht deren hohes Einkommen. Wenn zum Hockey 150 Zuschauer kommen und zum Nürnberger Club in der 2. Fußball-Bundesliga 25 000, dann zeigt das das öffentliche Interesse, und der Fußballer verdient nach diesem Faktor entsprechend mehr.

In Bayreuth wird diskutiert, ob man die in die Jahre gekommene Stadthalle renoviert oder besser gleich abreißt - könnten Sie und einige Hockey-Nationalspieler beim Abriss helfen? Man denke da an die Feier auf der MS Deutschland nach dem London-Gold, bei der einiges zu Bruch ging.
Müller: Ach, diese fiese Geschichte. Von der Bild-Zeitung gehypt und falsch dargestellt, von unserem Verband leider nicht richtiggestellt. Der Abend war beschissen, wir wollten den Olympiasieg feiern, vier Jahre vorher in Peking haben die Hockeyspieler gezeigt, dass es kaum bessere Partygäste gibt als sie, 18 junge Leute aus gutem Elternhaus. Aber auf dem Traumschiff war es schlecht organisiert, meine Familie kam beispielsweise wegen Überfüllung erst gar nicht drauf. Und wir sollten nach 90 Minuten wieder gehen, weil die Passagiere schlafen wollten. Die Tanzfläche für vielleicht 50 Leute war mit rund 300 Menschen proppenvoll, da fielen der Bedienung wegen der Enge dann einige Tabletts zu Boden und verschmutzten den Teppich. Viel mehr war nicht.

Nun wieder seriös: Bis 2020 gehören Sie dem Nürnberger Stadtrat an. Wie sind Ihre Erfahrungen in diesem Gremium?
Müller: Man kann in seinem Spezialgebiet durchaus etwas bewegen. Ich hatte mir das für den Sport vorgenommen und habe auch einiges erreicht. Deprimierend sind nur viele Sitzungen, die sich quälend lange hinziehen.

Zum Schluss ein Zitat von Ihnen, das rund acht Jahre alt sein dürfte: „In zehn Jahren wäre ich gern: ein anerkannter Manager in der Sportbranche, dazu zweifacher Vater und ein guter Golfer mit Handicap 2.“ Trifft das noch zu?
Müller: Das mit dem Sportmanager wird wohl nichts. Setze dafür: erfolgreicher Immobilien-Entwickler. Die Familienplanung wird konkret: Ich kann verkünden, dass meine Frau Annalena und ich Ende Juli unser erstes Kind erwarten. Zum Golfspielen komme ich gerade eher weniger, darüber reden wir vielleicht in 30 Jahren noch mal.

Die deutsche Hockey-Nationalmannschaft im Internet

 

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