Schwalben geben Rätsel auf

Von Markus Maisel
Ein Bild zum Steine-Erweichen: Junge Schwalben haben Hunger. ⋌Foto: red Foto: red

"Wo Schwalben nisten, blüht das Glück!“ Mit dieser Bauernweisheit drücken Landwirte ihre Freude über den Einzug der Vogelart in die regionalen Kuhställe im Frühjahr aus, weil die Tiere nützlich sind. Laut Landesbund für Vogelschutz (LBV) nimmt der Bestand der Vogelart ab. Bei Nachfragen bei Landwirten in der Region hört man allerdings andere Aussagen.

 
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Seit der letztjährigen Aktualisierung des LBV sind Mehlschwalben Teil der Roten Liste für bedrohte Vogelarten. Auch der Bestand der Rauchschwalbe wird als „langfristig leicht zurückgehend“ eingestuft, sagt Sylvia Weber vom LBV. Die Rauchschwalbe befindet sich auf der Vorwarnliste, was man als Warteraum zur Roten Liste bezeichnen kann.

Konkretere Zahlen gibt es nicht

Der LBV schätzt die Anzahl der Rauchschwalben bayernweit auf 79.000 bis 150.000 Brutpaare. Eine große Spanne. Konkretere Zahlen kann Weber allerdings nicht nennen. Und in der Region? „Die Zahl der Schwalben in meinen Ställen hat sich nicht verringert, im Gegenteil“, sagt der Leupser Bauer Josef Lodes. Aufgrund des harschen Frühjahrs zogen die Schwalben allerdings deutlich später in seine beiden Ställe als sonst: Am Karfreitag hat Lodes die ersten Schwalben beobachtet, ehe sie sich mit großem Anhang Anfang Mai in die Ställe einquartierten.

Katzen kaum eine Gefahr

Lodes zweifelt an einer Bedrohung der Schwalben durch andere Tiere, wie immer wieder behauptet wird. Eventuell kam es bereits vor, dass sich eine Katze an seinem Bauernhof eine Schwalbe gefangen hat. Lodes glaubt aber nicht, dass von Katzen eine erhebliche Gefahr ausgeht, die die Anzahl der Schwalben erheblich reduziert. Auch mit hygienischen Problemen hat Lodes nicht zu kämpfen: „Die Schwalben befinden sich nicht über dem Futter der Kühe, sondern über Laufgängen und Liegeflächen.“

Genehmigung nötig

Kommt es vor, dass die Vögel direkt über dem Futtertrog der Stalltiere nisten, ist der Landwirt verpflichtet, einen Querbalken zwischen Futtertrog und Schwalbennest anzubringen, damit das Futter nicht durch den Schwalbenkot verschmutzt wird, so Karl Lappe, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes. Laut Sylvia Weber ist das Entfernen eines leeren Schwalbennestes eine Ordnungswidrigkeit, wird in den Nestern noch genistet, sogar eine Straftat. Deshalb ist eine Genehmigung nötig, wenn man Schwalbennester, von denen hygienische Probleme ausgehen, in Ställen entfernt.

Kein Rückgang von Schwalbennestern

Landwirt Frank Spaeth aus Bronn führt in Neudorf einen Kuhstall und erkennt (wie auch Lodes) keinen Rückgang von Schwalbennestern: „Letztes Jahr hatte ich keine Schwalben, dieses Jahr aber zwei Nester und zwei Bruten.“ Den generellen Rückgang erklärt er sich durch die Modernisierung der Landwirtschaft. „Die Ställe sind mittlerweile immer besser belüftet. Dadurch befinden sich in den Ställen weniger Insekten, durch die die Schwalben angezogen werden.“

Belüftung ist nötig

Die Belüftung sei laut Lodes allerdings nötig: „Bei den diesjährigen Temperaturen im Juli sind die Tiere bestialischen Verhältnissen ausgesetzt. Wenn der komplette Stall verschlossen und nicht belüftet ist, kommt es zu tierunwürdigen Zuständen.“ Auch der ländliche Strukturwandel trägt zum Nachlassen der Schwalbenpopulation bei: Laut Weber gibt es immer weniger Milch- und Viehbetriebe in der Region. Somit finden die Sommerboten heutzutage immer seltener geeignete Nistmöglichkeiten und auch das Nahrungsangebot wird knapp.

Pestizide auf den Feldern

Aufgrund von Pestiziden auf den Feldern und dem Rückgang der Weidewirtschaft gibt es immer weniger fliegende Insekten. Mit ihnen fehlt eine Nahrungsgrundlage für die Schwalben. Da Feldwege, Einfahrten und Dorfplätze immer öfter versiegelt werden, finden die Vögel immer seltener Pfützen und somit weniger Lehm für ihren Nestbau.

Dennoch nennt Sylvia Weber Möglichkeiten, wie man Schwalben auch zukünftig noch anlocken kann. „Ökologische Landwirtschaft ohne Pestizide vereinfacht es den Schwalben, Nahrung zu finden. Heimische Wildpflanzen locken Insekten an und bieten dadurch Futter für die Schwalben und ihre Nachkommen“, sagt sie.

Für die Landwirte hat sie folgende Tipps: „Sie sollten Einflugmöglichkeiten an Ställen und Scheunen offen halten, da die Tiere im Inneren von Gebäuden ihre Nester bauen und die Brut großziehen können. Darüber hinaus empfiehlt es sich, Lehmpfützen anzulegen, um den Tieren den Nestbau zu erleichtern.“