Das Gewächshaus: Ein politisches Lehrstück

Von Thorsten Gütling
Die Tomate ist das Lieblingsgemüse der Deutschen. Bald könnten sie von Nürnberger Gemüsebauer in Feulersdorf (Gemeinde Wonsees) in Gewächshäusern auf 
einer über zwölf Hektar großen Fläche gezüchtet werden. Nur einen Kilometer von Fesselsdorf entfernt, wo Bürger das Vorhaben verhindert haben. Wie konnte das passieren? Foto: red Foto: red

Man muss gar nicht erst nach Donald Trump und Amerika schielen. Die Frage, wie man der aggressiven Verbreitung von Unwahrheiten begegnen kann, beschäftigt längst auch Menschen und Medien hierzulande. Insofern ist das, was sich gerade in Wonsees abspielt, ein Lehrstück für uns alle.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Weil sich zum ersten Mal ein Politiker in der Region vorab mit dem auseinandersetzt, was Wissenschaftler unlängst als ein Problem des postfaktischen Zeitalters bezeichnet haben. Dass also gefühlte Wahrheiten an die Stelle von Fakten treten. Andreas Pöhner agiert anstatt zu reagieren. Weil er von den Nachbarn gelernt hat, dass reagieren viel aufwendiger ist und in den allermeisten Fällen dennoch nicht zum Erfolg führt. Und er bekämpft die Verbreiter von Unwahrheiten mit ihren eigenen Waffen.

In vier Schritten gegen die Lügner

Erstens: Er agiert erst einmal im Stillen. Heimlich, indem er von Briefkasten zu Briefkasten geht, lädt er seine Bürger zur Versammlung ein. Die Gegner sollen erst danach davon erfahren. Sollen dann auf informierte und sensibilisierte Bürger treffen.

Zweitens: Auf der Versammlung lässt Pöhner Flugblätter verteilen. Damit die Bürger sie eines Tages denen der Gegner gegenüberstellen können.

Drittens: Wie auch seine Gegner, bedient sich Pöhner der Macht der Bilder. Warum die Fesselsdorfer Gruppe von einem „Monstergewächshaus“ spricht, erklärt er seinen Bürgern so: „Sie stehen einer eigentlich perfekten Braut gegenüber und wollen die Suche nach dem Holzbein nicht aufgeben, obwohl sie keines finden.“ Das geht ins Ohr.

Und zu guter Letzt fordert er die Bürger auf, für ihre Meinung einzustehen. Im Saal aufzustehen und es zu sagen, wenn sie dafür sind. Weil er gelernt hat, dass sich nur allzu oft die durchsetzen, die nur laut genug schreien. Auch wenn sie in der Minderheit sind.

Der Aufwand lohnt sich

Mag sein, dass so ein Vorgehen Kraft, Zeit und wegen der Flugblätter am Ende sogar etwas Geld kostet. Aber es lohnt sich. In Feulersdorf haben am Ende 26 Haushalte für das Projekt gestimmt und nur zwei dagegen. In Fesselsdorf, nur einen Kilometer weiter, soll das Verhältnis genau andersherum gewesen sein.

thorsten.guetling@nordbayerischer-kurier.de