Viele Mauern oder dicke Rohre: Der Gemeinderat muss sich etwas einfallen lassen Gesees kämpft gegen die Flut

Von Thorsten Gütling
Vor neun Jahren stand Gesees zuletzt knietief unter Wasser. Foto: red Foto: red

Wenn es in kurzer Zeit viel regnet, dann ist in Gesees regelmäßig Land unter. Damit soll jetzt Schluss sein. Künftig will die Gemeinde gewappnet sein, selbst für ein Jahrhunderthochwasser. Ingenieur Josef-Christian Wolf stellt den Gemeinderat vor die Wahl: Den ganzen Ort aufreißen und große Rohre verlegen, oder Hochwasserschutzmauern quer durch das Dorf bauen.

 
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Das Problem: In Gesees gibt es ein Nadelöhr. Ein Rohr, das das über den Talbach ankommende Wasser durch den Ort führt, ist zu schmal. Und wenn es viel regnet, dann kommt über den Bach – die Geseeser nennen ihn auch Funkenbach – aus Richtung Spänfleck und Culmberg zu viel Wasser an. Unter anderem auch deswegen, weil außerhalb der Gemeinde Fehler gemacht worden sein sollen. „Bei der Flurbereinigung wurden strömungstechnische Fehler gemacht. Dafür gibt es viele Anhaltspunkte, das unterschreibe ich“, sagt Wolf.

Zehn Kubikmeter Wasser pro Sekunde

Der Ingenieur spricht daher von bis zu zehn Kubikmetern Wasser pro Sekunde, die bei Starkregen auf die Gemeinde zufließen könnten. Gerade einmal zwei Kubikmeter davon passen durch das vorhandene Rohr. In Kürzester Zeit stehen darum erst die „Schwemm“, dann die Pottensteiner- und schließlich die Pettendorfer Straße – und damit der Ortskern von Gesees – unter Wasser. Zuletzt war das vor neun Jahren so. Kerben an den Hausmauern zeugen noch davon, dass das Wasser damals bis zu einem Meter hoch in den Straßen stand.

Grundstücke liegen tiefer als noch vor Jahren

Berechnungen zeigen, dass wegen des Klimawandels künftig mit noch mehr Wasser zu rechnen ist und dass mindestens vier Wohnhäuser dort stehen, wo der Pegel am höchsten sein wird. Unter anderem deswegen, weil Straßen in der Vergangenheit angehoben wurden und Grundstücke jetzt tiefer liegen, als ursprünglich geplant. Ingenieur Wolf sagt, wenn das Wasser kommt, dann kommt es schnell. „Das Einzugsgebiet ist klein und steil. Sie werden keine Zeit mehr haben, Sandsäcke zu schleppen.“ Der Ingenieur spricht von „urbanen Sturzfluten“ und dass es ein übliches Mittel sei, diese über Straßen abfließen zu lassen.

310.000 Euro teuer

Sein Plan sieht daher vor, die Fluten künftig in geregelten Bahnen über die Straßen zu leiten. Dazu würden einige, rund 60 Zentimeter hohe Mauern nötig. Ein Stück Grünland, zwischen Pottensteiner- und Weinbergstraße, das die Gemeinde gekauft hat, müsste zudem zugepflastert werden. Von dort kommt der Talbach. Und alles, was nicht befestigt wird, reiße er im Zweifel mit sich, sagt Wolf. Mit der Folge, dass Rohre verstopfen. Die Baukosten für seine Lösung schätzt Wolf auf 310.000 Euro. Und trotzdem sagt er: „Es muss jedem klar sein, dass wir einmal in hundert Jahren hier absaufen.“

"Das ist schwer vermittelbar"

Den Gemeinderäten gefällt das nicht. Es sei der Bevölkerung schwer vermittelbar, dass man so viel Geld ausgebe und das Wasser trotzdem nicht von den Straßen bekomme, heißt es. Außerdem habe man durch den Zukauf des Grünstreifens ein Naherholungsgebiet schaffen wollen, sagt Georg Nützel (CSU), und Claus Hofmann (SPD) sagt: „Ein Ort voller Mauern, das ist dann nicht mehr unser Gesees.“

Oder deutlich dickere Rohre

Man könne freilich auch deutlich dickere Rohre durch den Ort verlegen, sagt Ingenieur Wolf. Mit der Folge, dass man das ganze Dorf noch einmal aufreißen und einen Meter tiefer in den schwierigen, felsigen Boden graben müsste. Die Kosten dafür, hat der Ingenieur noch nicht berechnet. Die Arbeiten, schätzt er, könnten aber pro Meter Rohr rund 2500 Euro teuer werden. Und Gemeinderat Alfred Hahn (Freie Wähler) gibt zu bedenken: „Schon beim Kanalbau mussten wir sprengen.“ Und überall könne man gar nicht tiefer in den Boden. In der „Schwemm“ zum Beispiel könne man nur mehrere kleine Rohre nebeneinander verlegen.

Fehler bei der Flurbereinigung?

Wie sie das Hochwasserproblem lösen wollen, müssen die Gemeinderäte in den nächsten Monaten entscheiden. Sich an einem Programm zur Dorferneuerung zu beteiligen, ohne das Hochwasserproblem im Blick zu haben, mache schließlich keinen Sinn, sagt Bürgermeister Harald Feulner. Ingenieur Wolf ist jetzt damit beauftragt, herauszufinden, ob das Wasser auch über offene Gräben durch den Ort geleitet werden könnte. Und Georg Nützel (CSU) fordert: Wenn die Flurbereinigung außerhalb des Ortes zur Verschärfung des Problems beigetragen hat, dann sollten sich auch andere Gemeinden an den Kosten beteiligen.

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