Geschichte ist sein Leben

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Norbert Hübsch, hier im Museum des Historischen Vereins mit Exponaten, ist seit 31 Jahren Geschäftsführer des Historischen Vereins für Oberfranken. Für sein Engagement um die regionale Geschichte wird er in Kürze mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Foto: Eric Waha Foto: red

Er steht fest im Hier und Jetzt. Und genau deswegen ist ihm wichtig, das weiterzugeben, was war. Norbert Hübsch, seit 31 Jahren der ehrenamtliche Geschäftsführer des Historischen Vereins für Oberfranken, ist tief verwurzelt in der regionalen Geschichte. Hübsch, der vor 18 Jahren bereits mit der bayerischen Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet wurde, wird jetzt mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

 
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Um seine Person macht Norbert Hübsch keinen Wind. Spannende geschichtliche Entdeckungen erzählt er fast schon beiläufig. Seine ruhige Art macht es allerdings so spannend, ihm zuzuhören. Ihm, der von sich sagt, er sei "ja selber schon so eine Art Fossil des Vereins". Des ältesten Geschichtsvereins Bayerns, gegründet im März 1827 vom damaligen ersten rechtskundigen Bürgermeister Bayreuths, Erhard Christian Hagen von Hagenfels. Eines Vereins, der in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen ist - und eine immer wichtigere Rolle in der Geschichtsvermittlung einnimmt. Gerade der regionalen Geschichte. "In den Schulen wird das ja in dem Maße nicht mehr angeboten", sagt Norbert Hübsch. "Deshalb versuchen wir, möglichst viele Veranstaltungen auf unterschiedlichen Wissens-Niveaus anzubieten. Von Exkursionen bis zu Fachvorträgen, um breite Gesellschaftsschichten anzusprechen. Kinder, Schüler, Jugendliche, Erwachsene."

Spielerisch führen die Eltern Norbert Hübsch an die Geschichte heran

Für Norbert Hübsch (55) war Geschichte schon immer Teil seines Lebens. Spielerisch fast, unbemerkt am Anfang, hätten seine Eltern "uns an die Geschichte herangeführt", sagt Hübsch am Montag im Gespräch mit dem Kurier. "Sonntag für Sonntag haben wir Ausflüge und Wanderungen gemacht, meist auf den Spuren der Geschichte und der Heimatgeschichte. Staffelberg, Vierzehnheiligen, Burg Zwernitz, Sanspareil, Eremitage, Fantaisie. Oder im Püttlachtal, wo wir natürlich in die Hasenlochhöhle reingeschaut haben. Dafür bin ich meinen Eltern wirklich dankbar." Schon mit zehn Jahren habe er begonnen, "den ,Heimatboten' im Nordbayerischen Kurier zu sammeln. Alle Artikel habe ich förmlich in mich hinein gefressen und daraus was für mich mitgenommen. Vor allem ein breites Spektrum an Themen."

Vor- und Frühgeschichte sind seine Schwerpunkte

Dabei ist Hübsch vor allem der Vor- und Frühgeschichte verfallen. Obwohl er nicht in diese Richtung studiert hat - "ich war auf der R2, das war damals für einen Schüler vom Land schon was, ich bin ja Heinersreuther" - und ihn dann die Verwaltung vereinnahmt hat: "Meine Verwaltungsausbildung beim Freistaat habe ich beim Landratsamt gemacht, 1981 bin ich an die Regierung." Er sei, sagt Hübsch, durch den Grundschullehrer Hermann Herpich zur Vor- und Frühgeschichte gekommen. Herpich habe in der Tongrube Mistelgau gegraben und geforscht und unter anderem eine "Fischsaurierart entdeckt, die noch nicht bekannt war". Hübsch ist erst buchstäblich auf den Spuren des Lehrers unterwegs, habe "dort gegraben, wo seine Zigarrenstumpen lagen". Schaut dann aber schnell über den Tellerrand der Tongrube, "weil ich wusste, dass auf den Feldern ein Hallstattzeitliches Gräberfeld war. Dort habe ich die ersten verzierten Tonscherben gefunden. Und natürlich Blut geleckt. Etwas, was Menschen erschaffen haben, ist etwas ganz anderes, als tote Meerestiere zu finden."

Über die Bibliothek zum Historischen Verein

Den Kontakt zum Historischen Verein findet Hübsch bald. "Ich bin natürlich schon sehr früh in die Bibliothek gegangen und habe dort viel gelesen. In einem Verein, der geprägt war von grauen Häuptern, war ich einer der wenigen jungen." 1983 habe er von der ehrenamtlichen Bibliothekarin Irmgard Dämmrich eine Beitrittserklärung "in die Hand gedrückt bekommen. Weil ich ja eh so oft da war. Hat mich schon gefreut, dass sie mich angesprochen hat", sagt Hübsch. Hübsch bringt sich mehr und mehr ein, gräbt mit Erich Sticht am Pensen hinter Seulbitz - und bekommt 1985 sein erstes Amt. "Revisor, damals zusammen mit Christoph Rabenstein." Für Hübsch der erste Faden, um sein geschichtliches Netz in Bayreuth zu knüpfen. "Weil ich ab dem Zeitpunkt sehr viele Leute kennengelernt habe, die in der Geschichtsforschung tätig waren."

Verein wächst unter Regie Wolfgang Winklers

Schon im Jahr darauf wird Wolfgang Winkler, der damalige Regierungspräsident, Vorsitzender des Vereins. "Er hat mich gefragt, ob ich Geschäftsführer werden möchte - und ich habe zugesagt." Winkler, sagt Hübsch, sei "der Wegbereiter der Entwicklung" des Vereins gewesen. Von damals rund 400 Mitgliedern auf jetzt rund 1100. Winkler, der im Jahr 2005 gestorben ist, habe neue Regionalgruppen eingeführt, habe die Zahl der Veranstaltungen zusammen mit Hübsch deutlich erhöht, "auf etwa 80 im Jahr". Und eine seiner ersten Amtshandlungen sei gewesen, den jährlichen Archivband - als Sammelband von Aufsätzen und Fachliteratur - deutlich wertiger zu gestalten. Ein Buch, das nicht nur die Mitglieder bekommen, das in allen wichtigen Universitätsbüchereien steht und sich Jahr für Jahr neu sogar in der Kongress-Bibliothek in Washington einreiht.

Ohne Erenamtliche geht gar nichts

Vorsitzende wechseln, der Geschäftsführer bleibt. Und: Nach dem Tod von Dieter Limmer übernimmt Hübsch 1997 auch noch die Leitung des Museums des Historischen Vereins, das seit 1956 seinen Platz im Italienischen Bau des Neuen Schlosses hat. "In der Zeit ging das auch los mit den langen Museumsnächten. Ich bin dankbar dafür, dass so viele mitziehen und mit Begeisterung dabei sind. Ohne Ehrenamt kann man im Kulturbereich eh nichts stemmen", sagt Hübsch.

Spannkraft lässt ein bisschen nach

Er merke, dass "die Spannkraft mit dem Alter schon nachlässt", sagt Hübsch. Ans Aufhören will er aber nicht denken. "Eine Auszeichnung verhindert nicht das Weitermachen." Für ihn sei ohnehin etwas anderes die Triebfeder: "Glück ist, wenn man von der Sinnhaftigkeit seines Tuns überzeugt ist." Das, was er erfahren habe, sagt Hübsch, will er weitergeben. An künftige Generationen, an diejenigen, die Interesse an der Geschichte haben. Auch wenn die Geschichte viel "Freizeit frisst", wie er mit einem Schmunzeln sagt. Aber seine Freundin, seine Familie ließen ihm den Freiraum dankenswerter Weise. Weil Geschichte sein Leben ist.

Von Siedlungen und Steinklingen

Norbert Hübsch hat in seinem Leben viel entdeckt. Zu seinen spannendesten Funden gehören ganze Siedlungen – und eine kleine, einfache Steinklinge. „Ich bin immer wieder auf Siedlungen gestoßen“, sagt Hübsch. Etwa beim Bau der Ferngas-Leitung durch den Landkreis. „Da bin ich Kilometer um Kilometer die ganze Trasse abgelaufen – und in Bindlach lag plötzlich alles voller Scherben.“ In Mistelgau habe er lange Jahre nach der Siedlung gesucht, die zu dem Gräberfeld gehören musste, das er schon in frühen Jahren gefunden hatte. Die Siedlung lag nicht weit entfernt, auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei. „Es war eine der wenigen Fundstellen spätkeltischer Keramik bei uns“, sagt Hübsch.

Der Fund, der ihn aber am meisten elektrisierte in jüngster Zeit, sei „eine ganz simple Steinklinge gewesen, über die mir ein Fachmann sagte, sie stamme aus Westfrankreich, nahe des Atlantik“. Auf einem Acker nahe Weißenstadt hatte Hübsch die Klinge gefunden, „weil ich dort schon einmal Mittelalter-Keramik entdeckt hatte – und plötzlich springt mich die Steinzeit an“. Und zeigte, „dass die Menschen vor 20 000 Jahren Zugang zu Material aus Westfrankreich hatten“.

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