Ein im Jahr 2012 mit dem Warenmanagement bei der NKD befasster Zeuge erklärte, dass zur Zeit der angeklagten Millionenabflüsse tatsächlich die Einkaufspreise gesenkt worden seien. Und: „Das Bemühen, die Kostenstrukturen der Lieferanten zu erfahren, gibt es bei NKD schon seit 50 Jahren. Gelungen ist es nie.“ Unter Führung Krauses sei die Senkung der Einkaufspreise zur Hälfte über Einsparungen bei der Produktqualität, etwa dem Weglassen von Knöpfen oder Taschen, Verwendung anderen Materials oder ähnliche Maßnahmen erfolgt. Die andere Hälfte der Einsparungen sei bei den Preisverhandlungen mit den Herstellern in Asien durch die Einkäufer vor Ort erfolgt – NKD-intern hießen die Einkäufer, die viermal pro Jahr in Asien direkt mit Lieferanten die endgültigen Einkaufspreise aushandelten, „Beschaffer“.
Wenn Krause Geheiminformationen in die Firma eingespeist haben sollte – wer könnte das besser mitbekommen haben, als der damalige Leiter der Beschaffung in der NKD? So rückte am Dienstag ein 46-jähriger Mann in die Rolle eines möglichen Schlüsselzeugen. Er berichtete: Er habe von der ersten 500 000-Euro-Überweisung von der NKD-Tochter Sunfortune an die Beratungsfirma „Zarando“ erfahren und nachgefragt, wofür die erhöhten Kosten stünden. Sowohl von der Sunfortune Geschäftsführerin als auch von den beiden Angeklagten Uwe K. und Michael Krause, aber auch von Krauses Vorgänger in der Geschäftsführung habe er klar und deutlich gesagt bekommen: „Halt dich da raus, das geht dich nichts an.“
Ein Staatsanwalt könnte aus dieser Reaktion schließen: Ist doch klar, die Angeklagten wollten nicht, dass ihr untreues Gebaren auffliegt. Die Verteidigung hält dem entgegen: Der Zeuge verhandelte mit Hilfe eines Anwalts gerade um seinen Ausstieg bei der NKD. Teilt man einem Mann, der vielleicht demnächst zur Konkurrenz geht, Firmengeheimnisse mit?
Die Vernehmung dieses Zeugen ist noch nicht beendet. Heute wollen die Krause-Verteidiger eine Erklärung zu Vorwürfen der Staatsanwaltschaft abgeben: Die Behörde hatte den Anwälten ein Strafverfahren wegen übler Nachrede angedroht, nachdem die Verteidiger behauptet hatten, die Ankläger hätten den Aufenthaltsort eines wichtigen Zeugen bewusst verschwiegen.