Gemeinde erhält drei Tage keine Post

Von Peter Engelbrecht
Drei Tage lang keine Post gab es in Harsdorf. Symbolbild: dpa Foto: red

Weil sich eine Postbotin beim Austragen einen Finger gequetscht hat, bekamen die fast 1000 Einwohner von Harsdorf drei Tage lang keine Post. Die Deutsche Post AG, die im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn von 3,74 Milliarden Euro erzielte, war nicht in der Lage, kurzfristig einen Ersatz beizubringen. Das Unternehmen verwies auf einen hohen Krankenstand.

 
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Ein verärgerter Kunde aus Harsdorf (Landkreis Kulmbach) hatte unsere Zeitung auf den Missstand hingewiesen. Bürgermeister Günther Hübner bestätigte auf Anfrage, dass in der vergangenen Woche am Donnerstag, Freitag und Samstag in der gesamten Gemeinde keine Post ausgetragen wurde. „Auf meine Nachfrage wurde mitgeteilt, dass ein hoher Krankenstand von Austrägern vorliegt und deshalb kein Personal zur Verfügung steht“, sagte Hübner. Ferner sei von einem Dienstunfall gesprochen worden. Hübner bezeichnete den Vorgang als „unglücklichen Zufall“, die Post sollte ihre Briefträgerstellen besser besetzen. Betroffen gewesen sei die gesamte Gemeinde mit knapp 1000 Einwohner.

Milliardengewinn aus Kosten des Personals?

Der Konzern sei nicht in der Lage, eine verletzte Postbotin zu ersetzen, bedauerte der verärgerte Postkunde aus Harsdorf. Offenbar werde der Milliardengewinn auf Kosten des Personals erwirtschaftet. Die Personaldecke sei offenbar auf Kante genäht. Es sei ein Unding, wenn drei Tage keine Post ausgetragen wird, schließlich könne es auch um amtliche Dokumente gehen, die zeitnah zugestellt werden müssten. Nach wie gebe es die Zusage, dass ein Brief einen Tag nach Einwurf zugestellt werde.

Krankenrate mehr als zehn Prozent

Postsprecher Erwin Nier mit Sitz in München bestätigte, dass sich die Postbotin während der Zustellung am Finger verletzt habe und krankgeschrieben sei. Wegen des überproportional hohen Krankenstandes infolge einer Grippewelle von etwas mehr als zehn Prozent habe es niemanden gegeben, der eingesprungen wäre. Ab Montag sei die Post wieder normal ausgetragen worden, bestätigte Nier. Die Zusage, wonach eine Sendung einen Tag nach Einwurf in den Briefkasten zugestellt werde, bezeichnete er als „selbst auferlegt“. Eine gesetzliche Verpflichtung gebe es nicht. Werde ein Brief rechtzeitig eingeworfen, werde er zu 95 Prozent am nächsten Tag zugestellt. Bei Beschwerden oder Nachfragen können die Kunden nicht mehr beim zuständigen Briefzentrum oder der Postfiliale anrufen, sie müssen vielmehr die zentrale Servicenummer der Post in Bonn unter 02 28/4 33 31 12 kontaktieren. Nier sagte, die Briefzentren seien bereits früher nicht anrufbar gewesen, inzwischen sei das auch bei den Filialen der Fall. Begründung: Die Bediensteten würden bei der Arbeit durch Anrufe zu sehr abgelenkt.

Gewerkschaft: Personaldecke sehr dünn

Anton Hirtreiter, bei der Gewerkschaft Verdi bayernweit für Postdienste zuständig, bezeichnete die Personaldecke bei Postzustellern als sehr dünn. Der Krankenstand bei den Zustellern in Bayern liege mit durchschnittlich acht bis neun Prozent relativ hoch. Offizielle Planungen gingen von durchschnittlich sechs Prozent aus. Die hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeiter führe zu hohen Krankenständen. Eine große Belastung gehe von den Paketzustellungen aus, hier betrage die jährliche Steigerung rund zehn Prozent. Auch die Briefmenge sei im vergangenen Jahr sehr hoch gewesen, berichtete der Gewerkschaftssekretär. Die Belastungen seien teilweise sehr hoch, an einer stärkeren Personaldecke führe kein Weg vorbei. Das Einstiegsgehalt für Zusteller bei der Deutschen Post habe 2044 Euro betragen, ab 1. März 2018 habe die Gewerkschaft eine Erhöhung von 128 Euro herausgeholt. Ab 1. Oktober komme eine weitere Erhöhung um drei Prozent hinzu, berichtete Hirtreiter.

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