Seit über 25 Jahren ist Manfred Heckel der Nachtwächter von Gößweinstein Geführte Heimatgeschichte

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Mit Helm und Umhang, auf dem das Ortswappen und das Zunftzeichen sind, und in der linken Hand die Hellebarde, an der eine Laterne baumelt – so steht Manfred Heckel am Hinteren Tor, das zum Kloster führt. Seit über 25 Jahren ist der 73-Jährige der Nachtwächter von Gößweinstein. Am Kloster beginnt immer seine Tour.

 
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Bis 1920 gab es einen Nachtwächter in Gößweinstein, das war ein Verwandter des heutigen Organisten Georg Schäffner, erzählt Heckel. Eines Tages saß er dann mit dem ehemaligen Bürgermeister Hans Backer im Wirtshaus zusammen. „Wir haben über alte Dinge diskutiert“, so Hacker weiter. Er lacht: „Und am übernächsten Tag stand in der Zeitung, dass ich der neue Nachtwächter von Gößweinstein bin.“ So schnell ging das.

Gelernter Kunstschmied

Eigentlich ist Heckel gelernter Kunstschmied. In Pottenstein, wo er herstammt, hatte er ein eigenes Geschäft. 1978 ist er nach Gößweinstein gezogen, konnte dort einen größeren Betrieb übernehmen. Für Geschichte hat er sich schon immer interessiert, in die der Marktgemeinde hat er sich dann eingelesen. Von März bis Oktober ist er nun alle 14 Tage für die Gemeinde als Nachtwächter unterwegs. 20 Rundgänge sind das. Dazu kommen noch mal 150 Touren, die er selber anbietet. Immer um 20 Uhr geht es los, anderthalb bis zwei Stunden dauert es. „Nachts hat es einen besonderen Reiz, da ist alles beleuchtet“, sagt Heckel. Das Kloster, Basilika, Burg, Haus des Gastes – zu allem kann Heckel etwas erzählen. Dazwischen sind immer die Stundenrufe. Etwa 25 Leute sind in jeder Führung dabei, das ist eine gute Zahl. Wenn es mehr wären, würde die Verständigung nicht so klappen. Ein Konzept hat Heckel nicht. „Ich schau mir die Leute vorher genau an, dann weiß ich schon wie sie reagieren, was sie hören wollen“, sagt er. Er hält die Führungen im Heimatdialekt. Der passt auch gut zu seiner Rolle.

Keine Kerwalieder singen

Heckel ist Mitglied in der Nachtwächter-Zunft. Hier sind die Nachtwächter aus 14 europäischen Ländern vereint, eine reine Männerdomäne, es herrscht Frauenverbot. Einmal im Jahr ist ein Treffen, heuer geht es nach Tirol. Es gibt die Zunftsitzung, in der beispielsweise beraten wird, ob sich jemand nicht ehrsam benommen hat, zum Beispiel mit Alkohol in Konflikt kam oder Kerwalieder gesungen hat. Seit 1983 gibt es die Zunft mit Zeremonienmeister, Zunftmeister und Moralapostel. Sie leben wie in der Zeit der früheren Zünfte, haben eine eigene Hymne. „Im Groben ist es vergleichbar mit der heutigen Innung“, erklärt Heckel.

Ihm ist es wichtig, ein Stück Heimatverbundenheit zu vermitteln, die Besucher sollen Land und Leute kennenlernen. Auch jungen Leuten und Kindern will er das vermitteln – oder auch Behinderten. Heckel erzählt von der Gruppe Blinder, die er einmal geführt hat. Das war etwas ganz Besonderes für ihn. Zu Beginn hat ihn eine Teilnehmerin abgetastet, hat seinen Mantel, seinen Helm und die Hellebarde erfühlt. Und Heckel war besonders gefordert, er musste alles viel genauer erklären, damit die Blinden wussten, was er meinte.

Er kennt keine Langeweile

„Es macht mir Freude, den Menschen etwas zu vermitteln“, sagt der 73-Jährige, der beim Touristenverband auch als Reiseleiter tätig ist. Früher ist er bis nach Südtirol gefahren, heute sind es Städtereisen in die Region. Heckel ist viel unterwegs. Er ist zwar mittlerweile im Ruhestand, aber Langeweile kennt er nicht. „So lange es mir Spaß macht, mache ich weiter“, sagt Heckel und erklärt, was es mit dem Torhaus am Brunnen auf sich hat. Hier war bis 1720 ein Torbogen über der Straße. Jetzt steht nur noch das Torhaus mit der Tortreppe. Heckel zeigt auf den Brunnen, hier sieht man noch das Bild mit der Dreieinigkeit im Stein.

Heckel ist es wichtig, dass seine Führungen nicht wie eine Schulstunde sind. Humoristisch soll es sein, er muss auch was bringen, damit die Leute bei der Sache bleiben. Rund 3000 Verse hat er im Laufe der Zeit schon geschrieben.

Auf Bestellung Lobesreden

Er hat ein eigenes Nachtwächterzimmer daheim, da schreibt er meist nachts die Entwürfe. Seine Frau tippt diese dann am Computer ab, in einer passenden Schrift. Heckel hat alle Verse sorgfältig abgeheftet. Er schreibt auf Bestellung auch Lobesreden. Im Dezember beschließt er jeden Tag den Forchheimer Weihnachtsmarkt, beim Fürther ist er zehnmal.

Und jedes Mal hat er einen anderen Spruch dabei. Da kommt ganz schön was zusammen. Aber Heckel erzählt nicht nur historische Dinge. Immer wieder lässt er auch Aktuelles in seine Verse mit einfließen. Er ist einfach mit Herzblut der Nachtwächter von Gößweinstein.

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