Gefährlich ist nur der Name

Von Martin Fleischmann und Stefan Linß
Die Gemeine Skorpionsfliege (Panorpa communis). Foto: Rainer Willmann/Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung/dpa Foto: red

Über 30.000 Insektenarten tummeln sich in Deutschland, aber ein Großteil ist so gut wie unbekannt. Das gilt auch für die Skorpionsfliege, die 2018 zum "Insekt des Jahres" gekürt wurde. "Wir wollen die Aufmerksamkeit auf die Besonderheit dieser Insektenart lenken und deren Wahrnehmung stärken", sagt Professor Thomas Schmitt vom Auswahl-Kuratorium. Die Fliege mit den vier Flügeln kommt in ganz Mitteleuropa häufig vor, sie gilt als ungefährdet und steht auf keiner roten Liste. Auch im Kulmbacher Land ist die Skorpionsfliege noch weit verbreitet.

 
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"Es gibt sie fast überall", sagt Alexander Kusche von der Naturschutzbehörde des Landkreises Kulmbach. "Ich habe sie auch schon bei mir im Garten gefunden."

Ende April, Anfang Mai lohnt es sich, an Feldrainen, Waldrändern oder Böschungen mit Altgras die Augen offen zu halten. Dann schlüpft das Insekt aus den Puppen, die im Boden überwintert haben, erklären Biologen.

Markantes Aussehen

Ein typischer Lebensraum für die Skorpionsfliege ist das Bergfeld bei Stadtsteinach, sagt Alexander Kusche. Die geschützte Heckenlandschaft sei von besonderer ökologischer Bedeutung für sehr viele Tierarten. Dass die Skorpionsfliege vorkommt, zeugt von einer strukturreichen Kulturlandschaft. Das Insekt lebt auch im Inneren dieser Hecken. An dem schattigen Platz findet sie gute Bedingungen, den gesamten Entwicklungsprozess von der Larve bis zum ausgewachsenen Insekt zu durchlaufen.

Die Tiere werden bis zu drei Zentimeter groß und sehen markant aus. Furchteinflößend ist aber nur der Name. Der lange Kopf wirkt wie ein Schnabel und das Geschlechtsorgan des Männchens erinnert an Skorpione. Was aussieht wie ein Stachel, ist gar keiner. Beim Werben um die Gunst eines Weibchens vibrieren die Männchen mit diesem Körperteil. Zudem kommen Lockstoffe zum Einsatz.

Sie klaut Spinnen die Beute

Auf dem Speisezettel stehen fauliges Obst und reife Beeren, aber auch tote und verendende Insekten und Wirbeltiere. Dabei hat die Skorpionsfliege eine besondere Art entwickelt, um an Nahrung zu gelangen: Sie kann in Spinnennetze klettern und holt sich dort die Beute, ohne an den klebrigen Fäden hängen zu bleiben.

Bei dieser Form des sogenannten Kleptoparasitismus bemerkt die Spinne zwar den Nahrungskonkurrenten, greift ihn aber nicht. Warum das so ist, hat noch niemand erforscht und bleibt für Biologen ein Rätsel.

Für den saarländischen Umweltminister Reinhold Jost, der die Schirmherrschaft für die Kampagne zum "Insekt des Jahres" übernommen hat, ist es bezeichnend, dass kaum jemand dieses weit verbreitete Insekt kennt.

Jost spricht von einer wichtigen Initiative, die Menschen auf das sehr aktuelle Thema des massiven Insektensterbens aufmerksam zu machen. Wer die Insekten nicht kenne, bekomme ihr Verschwinden nicht mit.

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