Der Züricher Architekt Martin Albers und seine Partnerin Priska Ammann wundern sich, dass im Bayreuther Gassenviertel so viel marode ist Gassen-Viertel: Erstaunen über Leerstände

Von

Das Bayreuther Gassenviertel. Dornröschenschlaf. Viel marode Bausubstanz. Viel Leerstand. Ein Problemfall mitten in der Innenstadt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Wir finden es total schade, dass das Potenzial des Viertels seit Jahrzehnten ungenutzt brach liegt und nicht mit passgenauen Lösungen aktiviert wird“, sagt Marion Resch-Heckel, Leiterin des Bereichs Planung und Bau bei der Regierung von Oberfranken. Bei der Stadt habe man das schon oft angemahnt, mehr Anreize zu schaffen. Passiert sei wenig. „Vor 30 Jahren hat man das Pflaster in den Gassen mal gemacht und darauf gehofft, dass davon Impulse ausgehen. Passiert ist bis auf wenige Ausnahmen wenig.“

Der Züricher Architekt Martin Albers und seine Büro- und Lebenspartnerin Priska Ammann kommen über den Marktplatz in die Spitalgasse. Ein spontaner Stadtrundgang durch die Altstadt in der Innenstadt. Eine Suche nach dem Eindruck von außen: Albers und Ammann, die am Freitagabend auf Einladung des Architektur-Treffs Bayreuth einen Vortrag zum Thema „Der Stadtraum als Wohnzimmer der Gesellschaft“ halten sollten, sind begeistert. Vom Markt. „Erstaunlich schön gestaltet“, sagt Albers. „Stimmiger Straßenraum, auch die Oberfläche der Straße. Wenn wir nicht mit der Nase drauf gestoßen worden wären, hätten wir nicht gemerkt, dass es am Markt Leerstände gibt“, sagt Albers.

1. Spitalgasse 6: Nach Informationen unserer Zeitung soll ein Antrag auf Abriss des Gebäudes bei der Stadt eingegangen sein. Kurz nachdem es im Stadtrat um das Thema Gassenviertel ging. „Geht gar nicht“, sagt Marion Resch-Heckel. „Nicht, bevor die Möglichkeiten, was mit dem Haus geschehen könnte, ausgelotet werden konnte. Außerdem ist es Denkmal. Ensembleschutz.“ Albers kann sich ein Eckcafé hier vorstellen. Auch die Idee des Mehrgenerationenwohnens sei charmant. Mehr jedoch würde ihn reizen, hier Studenten zu etablieren. „Das wäre meine absolute Traum-Studentenbude.“ Mitten drin wohnen in der Stadt, gleich ums Eck zum Einkaufen oder um etwas essen zu gehen. Man müsste das Dach öffnen, Licht reinbekommen ins Haus. Vielleicht eine Dachterrasse machen. „Oder genossenschaftliches Wohnen? Als Bauherren-Gemeinschaft das Haus erwerben und sanieren. Das hätte Charme“, sagt der Wahl-Züricher, der in München studiert hat.

2. Kirchgasse: Ab dem Eckhaus zur Kämmereigasse steht dort viel leer. „Wunderschöne Stadthäuser wären das eigentlich“, sagt Resch-Heckel. In Coburg habe es ähnliche Leerstände gegeben. „Als Förderung hat man dort für jedes Haus Exposées erstellt, wie die Häuser genutzt werden könnten. Hat den Vorteil für den Eigentümer, dass er einen Wert in der Hand hat.“ Binnen kurzer Zeit seien die Häuser bis auf zwei verkauft gewesen. Priska Ammann sagt: „Ich bin erstaunt, dass es in dieser Stadt dieses Problem überhaupt gibt.“ Man könne natürlich jetzt nur auf die Oberfläche blicken, sehe nicht, wie das Haus insgesamt aussieht, ergänzt Albers. Aber: „Das ist super reizvoll hier.“ In der Schweiz wären solche Häuser sehr viel Geld wert. „Wir waren in Schweden, dort hat man Straßenzüge wie hier neu gebaut.“ Das Thema Auto sollte man nicht überbewerten. Wichtig sei eine nahe Quartiersgarage, die Möglichkeit der Anlieferung. Sonst sollte man die Wohnqualität in den Vordergrund stellen.

3. Kämmereigasse 9 1/2: „Viel jünger als die anderen Häuser. Und nicht unbedingt mein Stil. Hat aber seine Daseinsberechtigung“, sagt Albers. Renovieren. Revitalisieren. Dass das Haus bis auf das Forum Phoinix leer steht, verblüfft die beiden Stadtplaner. „Ich sehe keinen Grund, dass niemand hier wohnt. Ein super Blick zur Stadtkirche. Wahrscheinlich sind die Vermieter einfach nur merkwürdig“, vermutet Priska Ammann. Das Haus gehört der Stadt.

 Dass es die Idee gab, eine öffentliche Toilette hier einzurichten, bringt Albers zum Lachen: „Dann wäre doch die ganze Ecke hier verpisst. So etwas gehört auf den Stadtplatz.“

Das Fazit: Priska Ammann und Martin Albers waren noch nie in Bayreuth, kennen aber die Gegend, finden sie sehr sympathisch. Albers sagt: „Was auffällt, ist die natursteinerne Solidität der Innenstadt.“ Der Markt gefällt den Architekten. „Dass viele Geschäfte weggehen und Gastronomie überhand nimmt, ist natürlich mittelfristig blöd.“ Mehr Wohnen mit Qualität zurück in die Innenstadt mache Sinn. Denn: „Bayreuth ist sehr einladend.“

Autor

Bilder