Gaspistolen: Eine trügerische Sicherheit

Von Thorsten Gütling
Mit dem Anstieg der Gaspistolen in Stadt und Landkreis Bayreuth sinkt die Sicherheit auf unseren Straßen, kommentiert Kurier-Reporter Thorsten Gütling. Foto: dpa Foto: red

Es ist die beunruhigendste Nachricht des noch jungen Jahres: Immer mehr Menschen bewaffnen sich. In Stadt und Landkreis ist die Zahl derer, die eine Erlaubnis zum Führen einer Schreckschusswaffe beantragt haben, in den ersten beiden Wochen 2016 schon fast so hoch, wie sonst in einem ganzen Jahr. Größter Verlierer dabei: unser aller Sicherheit.

 
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Man stelle sich folgendes Szenario vor: Donnerstagabend vor einer Diskothek in der Bayreuther Innenstadt. Ein Mann kommt einer Frau zu nahe. Grüppchenbildung. Nach kurzem Hin und Her zückt einer eine Schreckschusspistole, die aussieht wie eine echte Waffe. Ein zweiter zückt auch so ein Ding. Pattsituation. Keiner will das Gesicht verlieren. Irgendwer ruft „Vorsicht: Waffe!“. Panik bricht aus. Nicht nur vor der Diskothek, sondern auch drinnen im Saal.

Die Anwohner rufen die Polizei. Die rückt im Großaufgebot an. Im Licht der Straßenlaternen kann sie die Gefahr, die von der Pistole ausgeht, nicht einschätzen. Auf die Aufforderung, die Waffe fallen zu lassen, reagiert einer der angetrunkene Besitzer trotzig. Fuchtelt damit herum, zielt auf die Polizisten. Plötzlich fällt ein Schuss.

Dort wo sich jemand früher vor Schmerz den Pfeffer aus den Augen rieb oder sich den Kopf hielt, weil ihm einer eine Flasche überzog, liegt plötzlich jemand mit einer Schussverletzung am Boden. Lebensbedrohlich verletzt, vielleicht tot. „Wer eine Waffe zieht, um sich zu schützen, schafft immer auch eine neue Gefahrenquelle“, sagt Landrat Hermann Hübner, als er den besorgniserregenden Anstieg Kleiner Waffenscheine verkündet.

Schon vor 15 Jahren hatten viele junge Frauen, die ausgingen, ein Pfefferspray in der Handtasche. Schon damals gab es Plätze in Bayreuth, an denen man sich im Dunklen besser nicht alleine herumtrieb. Auf die Idee, eine täuschend echte Pistole mitzunehmen, wäre damals aber niemand gekommen. Schon deshalb nicht, weil Pfeffersprays effektiver, handlicher und günstiger sind. Aber eben auch, weil eine solche Waffe in keinerlei Verhältnis zur realen Bedrohung gestanden hätte. Das tut sie auch heute nicht. Nicht in Bayreuth und noch viel weniger im Landkreis. Im Gegenteil: Sie macht die Straßen unserer Stadt nur unsicherer. Auf den Körper eines Menschen aufgesetzt und abgefeuert, kann sie tödlich sein. Gelangt sie in falsche Hände, schaut der, der sich mit ihr schützen will, bald selbst in ihren Lauf.

thorsten.guetling@nordbayerischer-kurier.de