Gartentag: Sehnsucht nach dem Garten Eden

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Mehr als ein Blick über den Gartenzaun ist der Tag der offenen Gartentür. Er ist ein Forum für Hobbygärtner und Fachleute, Treffpunkt für Naturliebhaber und Sonntagsausflügler und Ausstellungsfläche der einheimischen Obst- und Gartenbaufreunde. Alle Kreise im Bezirk Oberfranken machen mit. Eine Tour durch Privatgärten im Landkreis Kulmbach. Fünf Stationen in drei Stunden.

 
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Das Ziel: Herausfinden, was das die Besucher an diesem Tag fasziniert, den die Obst- und Gartenbauvereine ins Leben gerufen haben. Entdecken, was das Charakteristische der jeweiligen Grünanlagen ist. Von denen, das schon einmal vorneweg, keine wie die andere ist. Und suchen, was sich als Idee für den eigenen Garten zu Hause eignen könnte.

Erste Station: Ein blauschimmernder, rechteckiger Pool, flankiert von Liegestühlen und einem Sonnenschirm. An der Seite eine Sandsteinmauer mit einem Wasserspeier, der als Dusche dient. Durch einen Rosenbogen geht’s in den Kräutergarten. Ein Seerosenteich, ein Grillplatz und ein gegenüberliegender Brunnen sowie eine überdachte Terrasse mit Platz für eine Hängematte setzen Akzente. Wer den Hof von Christine und Michael Wening in Jöslein 22 betritt, wähnt sich im Urlaub.

Als „modern, schlicht und offen“ beschreibt das Ehepaar seinen Garten. Bewusst wurde auf einen Zaun verzichtet, „um den direkten Anschluss an die Natur zu haben“, wie Michael Wening schildert. „Wir sind beide gerne im Garten, aber jeder hat seine eigenen Bereiche. Ich kümmere mich um den Rasen und Gehölze, meine Frau um die Pflanzen.“ Und da passiere vieles intuitiv, sagt Christine Wening. „Ein Garten ist ja nie fertig. Er muss Stück für Stück wachsen.“ Die Ideen gehen ihr nicht aus. Noch eine Bank unter den Ahornbäumen aufzustellen, hält ihr Mann jedoch für übertrieben. „Ich muss ein bisschen aufpassen, dass es nicht zu viel wird. Mehr braucht’s meiner Ansicht nach nicht.“

Die Arbeit im Garten sei ein idealer Ausgleich zum Beruf. „Man sieht gleich, was sich verändert.“  Schon vor zehn Uhr waren die ersten Besucher da. Das Ehepaar Fischer aus Heinersreuth sieht sich um und findet den Garten ein wenig extravagant. „Er ist schön, aber ganz anders als unserer, weil wir viel mehr Obstbäume haben“, sagt Dieter Fischer. Seit Jahren sind sie am Tag der offenen Gartentür unterwegs.  In den Vorjahren gelang ihnen bereits das Kunststück, sich die Gärten in drei Landkreisen anzusehen. 

Zweite Station: Schon von der Hauptstraße aus ist Angela Kaisers Wohnhaus in Unterobsang 3 ein Blickfang. Die üppige Dekoration fällt auf. Nachts beleuchten Kugellampen das Anwesen. In einer Ecke des Hofes überall weiße und rosafarbene Blüten, Krönchen und Herzchen, Metallregale und ein Vogelkäfig an der Scheunenwand. „Das ist mein Dornröschenschloss“, lacht Angela Kaiser. Je nach Jahreszeit verwandelt sie es in ein Spukschloss, eine Eisbärenhöhle oder Weihnachtskrippe. „Ich bin einfach kreativ und dekoriere gerne“, sagt die Landwirtin. Der alte Kuhstall wurde zum Wohnhaus umgebaut und bekam einen gelben Anstrich.

Im englischen Landhausstil ist übrigens auch die Küche gehalten. Was ein Besucher aus Neudrossenfeld mit den Worten „wie in einer Puppenstube ist das hier“ kommentiert. Seine Frau fragt sich, wie viel das alles kostet und woher die ganzen Pflanzen bezogen werden. „Ich will bei uns daheim eher etwas abbauen, aber man sieht als Gartenbesitzer, was für Arbeit hinter allem steckt.“ Doch Angela Kaiser, die von ihrer Tochter unterstützt wird, sieht das anders: „Wenn man Freude daran hat, dann ist es keine Arbeit, weil man ja sein Hobby ausleben kann.“ Natürlich passiert es, dass ihr das Wetter ab und an die Arrangements zerstört. Denn der Gärtner kann ja vieles planen, das Wetter jedoch nicht.

Dritte Station: „Wenn man keinen Platz hat, muss man sich was einfallen lassen“, sagt Kathleen Ulbrich aus Langenstadt. Denn ihr „Garten“ ist höchstens zehn Quadratmeter groß und erstreckt sich über die Eingangstreppe und die Vorderseite des Wohnhauses. Aus einem neun Meter tiefen Brunnen pumpen sie und ihr Mann Bernd das Wasser für die Pflanzen. Diese wachsen überwiegend in Kübeln: Kakteen, Tomaten, Paprika und Kräuter. Eine Mini-Ananas wächst dort genauso wie das Zitronen- und das Mandarinenbäumchen, die Nektarine und der Hibiskus. Die Salatpflanzen stecken in einer Tasche und hängt an den Weinreben. „Ich habe meinen eigenen Salat, kann dazu Zitronendressing machen und frischen Schnittlauch drüber streuen“, erzählt Kathleen Ulbrich freudig.

Hinter der Schwarzäugigen Susanne, die an der Hauswand empor klettert, lugen Schlangengurken hervor. In einem Korb wachsen Minihängegurken. Sträucher, Brombeeren, Himbeeren und Johannisbeeren, stehen zwischen Rosen. Rhabarber und Zwergkirsche fühlen sich in dem Gärtchen ebenfalls wohl. Im Steinbeet wachsen Funkien und Maiglöckchen, Blauregen spitzt aus einem Gummistiefel hervor. „Man macht es sich eben so schön wie möglich“, sagt Kathleen Ulbrich zu ihrem ideenreich gestalteten, grünen Vorplatz. Einen Tipp für eine Besucherin, die die Tomatenpflanzen bewundert, hat Kathleen Ulbrich auch noch parat: „Ich nehme Erde aus dem Baumarkt und mische sie mit Steinmehl, dann dünge ich alle vier Wochen mit Tomatendünger.“

Vierte Station: Karin und Robert Kretschmann haben eine Vorliebe für alte Sachen aus Metall. In ihrem alleinstehenden Anwesen in Buch am Sand 13 lehnt ein rostiges Fahrrad am Gartenzaun, stehen ein eiserner Tisch und Stühle vor der Tür und eine Küche wie aus Omas Zeiten auf der Terrasse. Aus Paletten haben sie Sessel, Sofas und eine Schaukel gezimmert. Aus einem Holzstamm einen Stuhl gebaut, der zwischen dem Gartenteich und einer Badewanne mit Boiler platziert wurde. Ein Strandkorb und Lounge Möbel laden zum Ausruhen ein. „Außergewöhnlich und witzig“, findet Manuela Schneider, die wie viele andere immer wieder den Fotoapparat zückt. „Ein bisschen wild, aber gemütlich, fast wie bei uns.“ Ihr Mann Michael ist ebenfalls begeistert von der individuellen Gartengestaltung. „Es ist immer wieder überraschend, was sich hinter einem Gartentor alles auftut“, sagt der Gössenreuther.

Ein Traum: Die Sauna, die ein eigenes Tauchbecken und eine Dusche im Freien besitzt und von der aus sich ein herrlicher Blick ins Grüne eröffnet. In einer Nische steht das Doppelbett der Kretschmanns. „Wenn es geht, schlafen wir draußen“, sagt Karin Kretschmann. „Denn unser Dach ist schlecht isoliert, so dass es im Sommer zu warm wird.“ Aus einer Woche, sei schnell ein Monat und mehr geworden. „Wir haben das Haus 2007 mit einer Wiese übernommen“, erinnert sich Karin Kretschmann. Nur die Trauerweide und der Obstgarten waren schon vorhanden. Dass sie mitten im Grünen wohnen ohne direkte Nachbarn, nutzten die Kretschmanns auf ihre Weise. Alles sollte sich in das Gelände einfügen und eher zufällig wirken. Jetzt ist der Garten so schön, dass Robert Kretschmann überhaupt nicht mehr verreisen will. „Wenn ich abends heimkomme, dann ist das wie Urlaub. Wer will denn da im Sommer noch woanders hin?“

Fünfte Station: Einen naturnahen Garten wünschte sich Peter-Dietrich Wendt. Und das hat er sich in seinem denkmalgeschützten Bauernhaus in Langenstadt 24 erfüllt. Für den Hof ließ er ein altes, ungefähr 80 Jahre altes Taubenhaus wiederherrichten. „Mir ist es am liebsten, der Natur ihren freien Lauf zu lassen.“ Natürlich würden die Rosen geschnitten und das Obst, Zwetschgen, Birnen, Äpfel und Quitten, geerntet. Auch die Buchshecke zeigt den Willen zur Form und windet sich schneckenförmig um die Rosen. Von der Nashi-Birne schwärmt seine Partnerin: „Sie schmeckt wunderbar süß und saftig und ist ein Gedicht.“ Sie wächst zusammen mit dem Wein an der Südseite des Gebäudes. Die Weintrauben werden verschenkt oder zu Marmelade und Gelee verarbeitet. Versteckt liegende Sitzplätze im Schatten, hohe Stauden und Himbeersträucher runden das Bild ab. Eine Besucherin darf die gelben Himbeeren probieren. 1999 hat Peter-Dietrich Wendt für das liebevoll renovierte Grundstück den Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung erhalten. Zu recht.

Fazit: Die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies eint die Gartenbesitzer und ihre Gäste. Die einen sind ihm vielleicht ein Stückchen näher als andere. Und so verschieden die Menschen, so verschieden sind ihre Gärten und Vorstellungen vom Glück.

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