Weg mit den Barrieren: VdK will mit Großveranstaltung auf der Landesgartenschau ein Umdenken erreichen Gartenschau: Ohne Hürden dabei sein

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Manfred Korn ist blind. Er engagiert sich im Behindertenbeirat der Stadt und er bietet jetzt am Samstag auf der Landesgartenschau Führungen an. Für Sehende, die mit einer Blindenbrille und Stock ausgetattet mit Korn über das Gelände gehen können. Foto: Eric Waha Foto: red

Es könnte so einfach sein. Trotzdem ist es noch lange nicht selbstverständlich, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam das gleiche, selbstbestimmte Leben führen können. Immer gibt es irgendwo Treppen, zu enge Türen, andere Hindernisse. Diese Barrieren müssen weg, sagt der Sozialverband VdK. Und geht mit einer Kampagne in die Offensive.

 
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Roland Sack, der Bezirksgeschäftsführer des VdK, könnte stundenlang darüber reden, was aus seiner Sicht und aus der Sicht behinderter Menschen überhaupt nicht geht. Schildchen mit der Aufschrift "Behinderte auf der Rückseite klingeln", gehören dazu. "Oder dass es Restaurants und Kneipen gibt, die zugelassen werden, obwohl sie nicht behindertengerecht gebaut sind", sagt Sack. "Das steht einer ganz normalen Teilhabe entgegen."

Auch bei der Landesgartenschau gibt es Hürden

Auch bei der Landesgartenschau habe man "das eine oder andere Problem zu beseitigen, um die Veranstaltung machen zu können. Obwohl die sich richtig Mühe gegeben haben", sagt Sack. Bei der Seebühne habe man nicht so weit gedacht, dass "dort vielleicht Menschen im Rollstuhl auf der Bühne sein sollen". 68 Zentimeter hoch ist die Stufe, die nicht nur das Münchner Duo blind&lame, Mutter und Tochter Kika und Lucy Wilke, überwinden muss. "Normalerweise bräuchten wir eine elf Meter lange Rampe. Die passt da aber nicht hin", sagt Sack. "Jetzt hoffen wir, dass die sechs Meter lange Rampe, die wir bestellt haben, rechtzeitig kommt und funktioniert." Am Samstag um 10 Uhr beginnt der große Tag, an dem die Inklusion in die Köpfe der Menschen gebracht werden soll. Unter anderem mit Impulsreferaten der VdK Landesvorsitzenden Ulrike Mascher, die gleichzeitig Präsidentin des VdK Deutschland ist. Von Landesgeschäftsführer Michael Pausder. Und von der blinden Paralympics-Siegerin Verena Bentele, die unter anderem Behindertenbeauftragte der Bundesregierung ist.

Weg mit den Barrieren

Der VdK, sagt Sack, tut alles dafür, dass jeder "einfach dabei sein" kann. "Eine Induktionsanlage mit 200 Metern Reichweite und 23 Geräten für Menschen mit Hörgerät haben wir dabei, zwei Gebärdendolmetscher, die auch auf zwei Großleinwänden zu sehen sein werden." Sack sagt, er "sehe mit Wohlwollen, dass sich schon viel getan hat. Dass man sich Gedanken macht in Bayreuth. Dass etwa der Blindenleitstreifen nicht mehr zugestellt wird. Das war am Anfang anders". Aber das Ziel ist noch weit weg: Deshalb gibt es die bundesweite Kampagne "Weg mit den Barrieren", die den Zweck hat, dass jeder Barrieren melden kann, "über deren Beseitigung sich dann die Verantwortlichen Gedanken machen müssen", wie Sack es formuliert.

Jeder kennt Hürden

Rund 1300 Besucher erwartet Sack am Samstag an der Seebühne. Und setzt darauf, dass noch mehr kommen. Denn irgendwann betreffen Barrieren jeden. "Jeder Sportler, der nur kurz auf Krücken angewiesen ist, freut sich über jede Stufe, die er nicht überwinden muss. Oder die Armada von Rollatoren, die auf uns zurollt. Was ja sehr gut ist, weil die Rollatoren helfen, dass die Menschen am Leben teilnehmen können."

Führung für Sehende mit dem blinden Manfred

Korn Manfred Korn (49) kennt die Barrieren in Bayreuth. Korn ist seit einem Schlaganfall vor 17 Jahren blind. Und er ist einer von denen, die sich einbringen, damit die Hindernisse in der Stadt kleiner werden. Wege sicherer. Unter anderem als Mitglied des Behindertenbeirats. Bayreuth, sagt Korn, ist eine vergleichsweise behindertenfreundliche Stadt. "Wir haben in Zusammenarbeit mit der Kommune in den vergangenen Jahren viel erreicht. Aber: Der Weg hört nie auf. Man muss ihn immer weitergehen. Schritt für Schritt." Dass es immer noch private Investoren gibt, die beispielsweise in der Gastronomie Toiletten im Keller unterbringen, ohne Möglichkeit für Rollstuhlfahrer, diese Toiletten nutzen zu können, das nennt Korn "schwarze Punkte auf unserem Weg". Tage wie der des VdK seien notwendig, "damit die Öffentlichkeit die Sichtweise der Menschen mit Behinderung wahrnimmt. Damit Menschen, die keine Einschränkungen haben, erkennen, mit welchen Hürden wir leben müssen".  

"Sie können sich blind auf mich verlassen"

Korn ist ein Mensch, der mit seinem Schicksal nicht hadert. Dem der Humor nicht mit der Sehfähigkeit verloren gegangen ist. "Wenn ich schlecht drauf wäre, würde sich die Situation, in der ich bin auch nicht bessern", sagt er. Mit seinem zum Teil schwarzen Humor bietet Korn am Samstag um 13 Uhr (Start am Haupteingang) eine Führung für Sehende durch die Landesgartenschau an. Ausgestattet mit schwarzer Brille und Blindenstock sollen sie mit Korn die Gartenschau aus Sicht der Blinden in sich aufnehmen können. "Mal sehen", sagt Korn, "wie weit wir kommen. Die 45 Hektar sind riesig und wahrscheinlich nicht zu schaffen. Aber die Leute sollen, auch wenn es schwer fällt, erfahren, wenn sie nur noch riechen, tasten, hören können. Der Mensch ist ja zu 80 Prozent visuell ausgelegt." Viele hat Korn schon angesprochen. Und er weiß um die Angst der Menschen, die Augen zu verdecken. Aber: "Sie können sich blind auf mich verlassen."

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