Vizekanzler Sigmar Gabriel erklärt in Bayreuth, was Kultur mit Außenpolitik zu tun hat Gabriel lobt das Festival junger Künstler

Von Thorsten Gütling
15.09.2017, Bayreuth, Zentrum, Sigmar Gabriel, Foto: Andreas Harbach Foto: red

Sigmar Gabriel, Vizekanzler und Außenminister der Bundesrepublik, ist am Freitag zu Gast im Internationalen Jugendkulturzentrum gewesen. Kein Wahlkampfauftritt der SPD, sondern ein späte Huldigung des Festivals Junger Künstler, dessen Schirmherr Gabriel ist.

 
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„Im August konnte er nicht kommen, zu viele Termine, das holt er jetzt nach“, sagt die Bayreuther Staatssekretärin für Soziales, Anette Kramme. Die Grünen ärgern sich trotzdem. In einer Mitteilung schreibt Sabine Steininger, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat: „Wir wollen gleiches Recht für alle. Mit der Gewährung von Sonderrechten muss endlich Schluss sein.“ Demnach hatten die Grünen bereits vor zehn Jahren beantragt, städtische Räume für Wahlveranstaltungen nutzen zu dürfen. Der Stadtrat habe Parteien daraufhin lediglich die Nutzung von Stadthalle, Rotmainhalle und Oberfrankenhalle erlaubt. Wegen Gabriels Besuch im Zentrum haben die Grünen jetzt ihren Antrag erneuert, wonach auch der Historische Sitzungssaal im Alten Rathaus, das Zentrum, die Schoko und die Black Box in der Stadtbibliothek künftig genutzt werden könnten.

Die Grünen fordern: Gleiches Recht für alle

Kramme hält dagegen, dass es sich bei Gabriels Besuch nicht um eine Veranstaltung der SPD handle. Sissy Thammer, die Intendantin des Festivals Junger Künstler, habe vielmehr von ihrem Recht gebraucht gemacht, dreimal im Jahr eine Veranstaltung ihrer Wahl im Zentrum abzuhalten. Anwesend seien auch nur geladene Gäste, allesamt Funktionsträger aus Politik, Vereinen, Verbänden und Gesellschaft. Unter den Gästen befinden sich aber auch viele Genossen.

Gabriel selbst ist voll des Lobes für das Festival. Kunst und Kultur böten immer neue Perspektiven auf die Politik und könnten als Stolpersteine dienen. „Damit wir nicht zu eingetretene Pfade bestreiten.“ Im Grunde seien auch viele wirtschaftliche Fragen in Wirklichkeit kulturelle. In beiden Fällen gehe es um die Frage wie man leben wolle.

Ein Etat der verdoppelt gehört

Rund 100.000 Euro habe der Bund für das Festival zuletzt bereitgestellt. Der Fördertopf für auswärtige Kulturpolitik sei auf insgesamt eine Milliarde Euro angewachsen und müsste eigentlich nochmals verdoppelt werden, sagt der Vizekanzler. Festivals, wie das Bayreuther, bei dem junge Menschen aus Israel und Palästina zusammenkämen und als Freunde auseinander gingen, seien eine der wichtigsten Klammern, „um außerhalb politischer Konfrontation den Kontakt der Kulturen aufrecht zu erhalten“.

Gabriel bedankt sich bei Thammer, dass auf dem Festival auch junge Musiker aus Ungarn zu Gast sind. „Laden Sie nächstes Jahr doppelt so viele ein und vielleicht noch ein paar Polen. Weil wir merken, dass die politische Debatte dort ganz anders läuft als bei uns“, sagt Gabriel.

Den Liberalismus nicht gerade erfunden

An die Adresse derer, die wegen Ungarns Verweigerungshaltung bei der europaweiten Verteilung von Flüchtlingen den Ausschluss des Landes aus der EU fordern, sagt der Außenminister: „Ob wir vor 25 Jahren so liberal wie heute reagiert hätten, wenn wir 100.000 Muslime hätten aufnehmen sollen, glaube ich nicht.“ Deutschland habe den Liberalismus schließlich nicht erfunden. Gabriel erzählt von deutschen Müttern und Großmüttern, die ohne Kopftücher nicht auf die Straßen gehen konnten ohne dass es eine Schande für die Familie bedeutet hätte. Denen der Ehemann erlauben musste, arbeiten zu gehen. Und die noch Lieder wie „Der Franzos’ mit der roten Hos’“ gesungen hätten. „Das alles ist noch nicht so lange her“, sagt Gabriel.

Respekt vor dem Mut der Gründungsväter

Umso beachtlicher sei der Mut derer, die im Jahr 1950 in Bayreuth das Festival junger Künstler ins Leben gerufen hätten. „In einer Zeit, in der viele noch gesagt haben, die Franzosen sind gerade brandschatzend durch unsere Lande gezogen. Warum sollen wir mit denen jetzt Jugendaustausch machen?“ Damals sei es um nicht weniger als ums Überleben gegangen, heute gehe es zum Glück nur noch ums Geld.

Sigmar Gabriel im Kurzinterview:

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