Fußball-Chaoten haften für Schäden

Von Andrea Pauly und Elmar Schatz
Fußballclubs können Böllerwerfer künftig zu Schadenerstz heranziehen. Foto: Marius Becker/dpa Foto: red

Böllerwerfer im Stadion haften für Geldstrafen, die Fußballvereine wegen ihres Fehlverhaltens zahlen müssen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschieden. Wie teuer kann das für die Täter werden?

 
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Die Bundespolizei in Bayreuth, die bundesweit bei Spielen im Einsatz ist und verfeindete Gruppen unter Kontrolle zu halten hat, hofft, dass das Urteil abschreckend wirkt und Störer von ihrem Handeln abhält, sagt Pressesprecher Veit Diettrich.

„Anlässlich von 33 Fußballspielen waren Bayreuther Beamte im vergangenen Jahr bundesweit unterwegs“, sagt Diettrich, „gerade auch bei brisanten Spielen in der Dritten Liga sowie bei Regional- und Landesligen war der Einsatz starker Polizeikräfte notwendig, um Auseinandersetzungen zu verhindern.“

Clubs können sich Geld von den Tätern holen

Die BGH-Richter bejahten, dass es zwischen den Verstößen gegen die Stadionordnung und den Verbandsstrafen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) einen rechtlichen Zusammenhang gibt. Damit haben die Clubs grünes Licht, um sich das Geld für die Strafen von den Tätern zurückzuholen, sofern diese identifiziert sind.

Böllerwerfer zu 30 000 Euro Schadenersatz verurteilt

Geklagt hatte der 1. FC Köln. Der Verein musste 50 000 Euro Strafe zahlen und weitere 30 000 Euro in Gewaltprävention stecken, nachdem ein Fan im Februar 2014 bei einem Zweitliga-Heimspiel einen Knallkörper gezündet hatte. Der Böller verletzte sieben Zuschauer auf dem tiefer gelegenen Rang. Der 1. FC Köln verlangt von dem Werfer 30 000 Euro Schadenersatz. Das Oberlandesgericht Köln hatte dies zunächst abgelehnt und muss den Fall nun neu entscheiden (Aktenzeichen: VII ZR 14/16).

Die Kölner Richter waren der Ansicht, der Mann habe zwar gegen Stadionpflichten verstoßen, doch mit der Strafe gehe der DFB gegen Versäumnisse des Vereins vor. Zum Beispiel, dass an den Eingängen nicht ausreichend kontrolliert worden sei.

Jeder Zuschauer hat die Pflicht, das Spiel nicht zu stören

Für den Bundesgerichtshof ist diese Auffassung nicht haltbar. Jeder Zuschauer habe die Pflicht, das Spiel nicht zu stören, heißt es im Urteil. Verstößt jemand gegen diese Pflicht, muss er demnach für alle verursachten Schäden haften – Geldstrafen gegen den Verein inklusive.

Der 1. FC Köln begrüßte das Urteil; die Entscheidung schaffe „dringend benötigte Rechtssicherheit“, sagte Thomas Schönig, Vorstandsbeauftragter für Fankultur und Sicherheit. Der Verein hofft vor allem auf die abschreckende Wirkung der hohen Summen. Schönig sagte: „Wir wollen ja jetzt nicht Tausende von Prozessen führen, sondern wir wollen lustige, pralle, bunte Fußballspiele haben.“

Fan-Kritik: Urteil für uns sehr bitter

Ein richtungsweisendes Signal nannte Oliver Malchow, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), das BGH-Urteil. „Knallkörper und Bengalos sind gefährliche Gegenstände, die in Fußballstadien nichts zu suchen haben.

Bislang blieben die Vereine auf den Strafzahlungen sitzen, die ihnen die Sportgerichte auferlegt hatten, wenn eigene Anhänger vorsätzlich zündelten“, sagte Malchow in Berlin. „Fußballchaoten, die ihrem Verein auf diese Weise schaden und Menschen in Gefahr bringen, geht es jetzt zu Recht empfindlich an die Geldbeutel“, sagte Malchow.

Von Fan-Seite kam Kritik. „Das Urteil ist für uns eine große Enttäuschung und natürlich sehr bitter“, sagte der Sprecher der Organisation „Unsere Kurve“, Jochen Grotepaß. „Wenn Leib und Leben zu Schaden kommen, müssen Täter ermittelt und bestraft werden“, so Rainer Vollmer, ein weiterer Sprecher der Organisation. Ob dies für kontrolliert angezündete Pyrotechnik ebenfalls gilt, sei für ihn zu hinterfragen. Er schloss einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht nicht aus.

Den Täter von Köln hatten Umstehende festgehalten, nachdem er in der zweiten Halbzeit der Partie gegen den SC Paderborn 07 den Böller geworfen hatte. Zwei Sunden später hatte er noch 1,94 Promille Alkohol sowie Cannabisspuren im Blut.                                                 Mit Material von dpa

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