Fünf Jahre Haft hat das Bayreuther Schwurgericht gegen einen Bauarbeiter verhängt, der einen Kollegen mit einem Messer schwer im Gesicht verletzte. Das bestätigten sowohl Justizsprecher Clemens Haseloff als auch Verteidiger Alexander Schmidtgall auf Anfrage. Das Urteil ist aus mehreren Gründen interessant.
Das Schwurgericht folgte ihm beim Schuldspruch nicht, lag aber nur ein Jahr unter dem beantragten Strafmaß. Wie mehrfach berichtet, trug sich die Bluttat unter rumänischen Leiharbeitern zu, die auf der Baustelle des Klinikums in Kulmbach beschäftigt waren und die in einem Ort bei Stadtsteinach in einer Pension untergebracht waren. Am 1. November 2016 arbeiteten die Rumänen wegen des Feiertages Allerheiligen nicht. Sie saßen zusammennehmen tranken Alkohol – einer von ihnen in Unmaßen: nämlich das spätere Opfer.
Der 36-Jährige, der für die Gruppe der Leiharbeiter eine Art Kapo war, hatte drei Promille intus und wurde ausfällig und beleidigend. Der Streit mit dem Angeklagten eskalierte, der 36-Jährige schlug dem Angeklagten die Faust ins Gesicht. Der revanchierte sich, in dem er dem Kapo vier Schnitte mit einem Messer im Gesicht verpasste.
Diese Verletzungen – immerhin verlaufen an Kopf und Hals große Adern – hatte der Staatsanwalt als versuchten Totschlag bewertet, begangen mit einem bedingten Vorsatz. Das heißt: Bei der Körperverletzungshandlung soll der Täter den als möglich erkannten Tod des Opfers billigend in Kauf genommen haben.
Diesen bedingten Vorsatz habe das Schwurgericht nicht zweifelsfrei feststellen können, erklärte Justizsprecher Haseloff: Im Fall eines bedingten Tötungsvorsatzes habe man eher Stiche ins Gesicht des Opfers anstatt von Schnitten erwarten können. Verteidiger Schmidtgall hatte in seinem Plädoyer genauso argumentiert.
Auch den vom Staatsanwalt beantragten zusätzlichen Schuldspruch wegen schwerer anstatt gefährlicher Körperverletzung sprach das Gericht nicht aus. Die für die schwere Körperverletzung notwendige „andauernde Entstellung“ des Opfers sei nach dem Urteil des Schwurgerichts nicht verwirklicht, berichtete Justizsprecher Haseloff weiter: Nach ständiger Rechtsprechung könnten auch derart lange Narben, wie das Opfer der Allerheiligen-Bluttat sie zurzeit im Gesicht trägt, durch Operationen entfernt werden.
Dass die Strafe nahe an die vom Staatsanwalt geforderten sechs Jahre ging, hat das Gericht laut Haseloff und Schmidtgall mit zwei Umständen begründet: Zum einen zeigte sich die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Michael Eckstein davon überzeugt, dass der Angeklagte das Tatmesser nicht zufällig bei sich hatte. Am Tatabend trug der Mann eine schicke Freizeitjeans, in der das Messer, das er ansonsten bei der Arbeit bei sich trug, steckte.
Der zweite, die Strafe verschärfende Umstand liegt in der Vergangenheit in Rumänien: Dort war der Angeklagte wegen eines versuchten Totschlags mit einem Messer zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Juristisch gesehen, könnte der Verteidiger mit dem Urteil zufrieden sein. Dem Verurteilten ist aber die Strafe zu hoch. „Mein Mandant möchte Revision“, so Schmidtgall.