Zwei psychisch kranke 34-Jährige müssen für kurze Flucht aus der Forensik ins Gefängnis – Weiter untergebracht Fünf Jahre Haft für Auto-Raub

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ARCHIV/dpa Foto: red

Fünf Jahre Haft wegen schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung. So lautet das Urteil der Großen Strafkammer des Bayreuther Landgerichts gegen zwei 34-jährige Männer. Die psychisch kranken Straftäter, die im bezirkskrankenhaus untergebracht waren, hatten im September vergangene Jahres auf spektakuläre Art versucht zu fliehen.

 
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„Weg. Einfach frei sein.“ Das war der Plan, den die beiden Männer am 5.September vergangenen Jahres in die tat umsetzen wollten. So hatte es einer der beiden, ein gebürtiger Bayreuther, am ersten Tag der Hauptverhandlung vor dem Landgericht gesagt. Der Mann, der unter paranoider Schizophrenie leidet, ist wegen eines Messerangriffs auf seine Lebensgefährtin seit 2004 mit einer kurzen Unterbrechung im Maßregelvollzug im Bezirkskrankenhaus (BKH) Bayreuth untergebracht. Sein Komplize ist seit Ende 2010 im BKH untergebracht. Der Mann, der an einer massiven Persönlichkeitsstörung leidet, hatte zusammen mit seiner Freundin tschechische Sinti-Prostituierte entführt und gequält.

Die Männer, davon ist die Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Michael Eckstein überzeugt, hatten die Flucht geplant – und zwar gemeinsam. Der gebürtige Marktredwitzer, der als Hurenfänger von Hof bekannt wurde, hatte versucht, seinen Tatbeitrag klein zu reden. Er sei in die Flucht seines Mitpatienten mehr oder weniger hineingerutscht, habe dessen Pläne nicht ernst genommen. Dazu passen die Aussagen der Gutachterin Dr. Milena Pascu vom BKH Straubing, wo die Männer seit dem Tag nach der Tat untergebracht sind. Sie sagte am Freitag vor Gericht: „Seine Fähigkeit zur Selbst- und Fremdwahrnehmung ist aufgehoben.“ Durch das Schädel-Hirn-Trauma, das er 1998 bei dem Unfall erlitten hatte.

"Eigenartige Schilderung"

Eckstein sagte, die Strafkammer stütze sich auf die Aussagen des gebürtigen Bayreuthers, der andere Angeklagte habe „eine eigenartige Schilderung geliefert“. Nach diesen Aussagen und nach den Aufzeichnungen der videokamera in der Tiefgarage unter dem Rathaus-Parkplatz sei klar: Die Männer wollten sich absetzen, seien gezielt in die Tiefgarage gefahren, wollten ein Auto rauben, um zu flüchten. Während der gebürtige Bayreuther das Opfer, einen 28-jährigen Mann aus dem Raum Wunsiedel, mit einem Messer bedrohte und auf ihn einschlug, hatte der andere Täter den Mann im Schwitzkasten. „Die Vorgehensweise mit Gewalt und Messer war beiden bekannt.“

Die wilde Flucht mit dem BMW fiel für die Strafe nicht mehr ins Gewicht. Die Männer waren die über die Kanalstraße zur Tankstelle in der Bernecker Straße gefahren. Dort ließ der Bayreuther den Marktredwitzer, der gerade für 15 Euro Sprit zahlen wollte, stehen. Er flüchtete allein weiter vor der Polizei, bis er in der Max-Planck-Straße das Auto in einer Sackgasse zerstörte.

Da beide Männer psychisch schwer erkankt sind und auch behandelt werden, bestehe kein Zweifel, „dass die Steuerungsfähigkeit beider bei der Tat eingeschränkt war“, sagte Eckstein. Das habe auch Einfluss auf den Strafrahmen für schwere räuberische Erpresung, der sich damit nach unten verschiebe. Die Kammer sei allerdings wegen der erheblichen Vorbelastung des Marktredwitzers und wegen des Ansporns durch den Bayreuther zu der Tat „zu einer identischen Strafe gekommen“, wie Eckstein sagte.

Unter der Forderung des Staatsanwalts

Mit dem Urteil von fünf Jahren Haft blieb die Kammer zwei Jahre unter den sieben Jahren Haft, die Staatsanwalt Daniel Götz gefordert hatte. Die Anwälte der beiden, Jens Ellrich Neugebauer und Joachim Voigt, hatten für ihre Mandanten Haftstrafen zwischen drei (für den Marktredwitzer) und dreieinhalb Jahren gefordert. Eine erneute Unterbringung der Männer wurde nicht angeodnet, weil sie „dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechen würde“, wie Eckstein sagte. Beide Männer sind untergebracht und müssen wegen ihrer massiven psychischen Erkrankungen weiter in Bezirkskrankenhäusern behandelt werden.

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