CSU-Mitteilungen lösen heftige Reaktion des Bürgermeisters aus – Ortsvorsitzende spricht von „reiner Polemik“ Frühbeißer kontert Haberberger

Von
Bürgermeister Stefan Frühbeißer kontert die von Birgit Haberberger im lokalen CSU-Newsletter erhobenen Vorwürfe in massiver Form. Foto: Archiv/red Foto: red

Die Zwei sind sich nicht so recht grün. Bürgermeister Stefan Frühbeißer CWU/UWV) und die lokale CSU-Chefin Birgit Haberberger können nicht gut miteinander, sind selten einer Meinung. Das ist seit Jahren so. Doch jetzt hat sich die Situation zugespitzt. Anlass sind Mitteilungen des CSU-Ortsverbandes an seine Mitglieder. Diesen „Newsletter“ gibt Haberberger monatlich heraus. In den jüngsten Ausgaben hat sie – mal wieder – Kritik an Frühbeißer geübt. Der hat reagiert. In sehr deutlicher Manier.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

 

Denn, so Frühbeißer in einem ausführlichen Schreiben an alle Stadträte, „von denen ich eine Mailadresse habe“: Sämtliche Vorwürfe seien unzutreffend, seien nicht haltbar.

Thema Breitband: So hatte sich die Stadträtin in der Februar-Ausgabe überrascht davon gezeigt, dass die Kommune beim Breitbandausbau keine 90-prozentige Förderung erhalte. Sondern lediglich 50 Prozent. Auch andere Räte seien von einer höheren Summe ausgegangen. Sie frage sich jetzt, wo die fehlenden 50 Prozent inklusive des Eigenanteils herkommen sollen.

Zahlen längst bekannt

Frühbeißer kontert: Bereits in der öffentlichen Stadtratssitzung im Juli 2014 sei mit Blick auf das bayerische Förderprogramm ein Höchstbetrag von 890 000 Euro zuzüglich 50 000 Euro bei interkommunaler Zusammenarbeit unabhängig vom tatsächlichen Investitionsvolumen genannt worden. Nur in Härtefällen werde ein Fördersatz von 90 Prozent gewährt. Die Förderhöchstbeträge seien abhängig von der Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde.“ Pottenstein erhielt einen Fördersatz von 80 Prozent in Aussicht gestellt.“ Im November 2015 sei der Stadtrat über die Förderquote von 50 Prozent aus dem Bundesprogramm informiert worden.

Immer "körperlich anwesend"

Und, so Frühbeißer, „im Januar 2016 wurden die möglichen Modelle zur Umsetzung des Breitbandausbaues umfassend erläutert und die voraussichtlichen Baukosten und Erlöse in einer Wirtschaftlichkeitsberechnung durch die Fachplaner vorgestellt“. Der Stadtrat habe sich für jene Variante entscheiden, nach der mit Förderungen aus Bundesmitteln mit rund 50 Prozent und einer Kofinanzierung über den Freistaat Bayern mit 30 Prozent bis maximal 890 000 Euro gerechnet werden kann. „In all diesen Sitzungen war Birgit Haberberger laut Sitzungsniederschrift – zumindest körperlich – anwesend.“

Einstimmig verabschiedet

Die Fördersätze seien „frühzeitig und wiederholt“ präsentiert worden. Und letztlich habe der Stadtrat ja auch den Haushaltsplan mit allen relevanten Ansätzen zum Breitbandausbau einschließlich der Kreditaufnahme am 24. April verabschiedet – einstimmig.

Als einzige geben Sabs

Thema Sabs: Und zum März. Birgit Haberberger schrieb: „Die Wiedereinführung einer Straßenausbaubeitragssatzung kommt für unsere Fraktion nicht infrage.“ Die Fraktion werde daher einer Einführung nicht zustimmen. Frühbeißer bezeichnet diese Ankündigung als „großspurig“, wurde sie doch in der Stadtratssitzung am 24. April „aus nachvollziehbaren Gründen ganz offensichtlich nicht von den Kollegen der CSU-Fraktion mitgetragen“. Nur Haberberger selbst habe dafür gestimmt, keine Satzung zu erlassen.

Finanzielle Lage besser als früher

Nun stelle sie in der jüngsten Mitteilung des Ortsverbandes erneut die Behauptung auf, dass die Stadt keine Sabs hätte einführen müssen, „wenn es uns gut ginge und wir in den vergangenen 15 Jahren gut gewirtschaftet hätten“. Frühbeißer: „Auch diese Aussage ist fachlich und sachlich falsch.“ Das Landratsamt Bayreuth habe von allen betroffenen Gemeinden im Landkreis Bayreuth die Einführung der Sabs gefordert. Und die wirtschaftliche Lage der Stadt sei vor mehr als 15 Jahren laut Rechtsaufsicht und Kommunalen Prüfungsverbands erheblich schlechter als seit den Jahren nach 2002.

"Völlig daneben"

„Alle Bürger, deren Straße schon gemacht wurde, sind fein raus – alle anderen müssen zahlen“, hatte Haberberger noch nachgelegt. Auch das sei „völlig daneben“. Rechtlich besteht eine Veranlagungsgrundlage nur dann, „wenn auch tatsächlich ein Ausbau einer Straße mit allen notwendigen Ausbaumerkmalen durchgeführt würde“. Bei normalen Straßensanierungen wie etwa nach einem Kanalbau würden keine Beiträge erhoben. Es sei Frühbeißer „durchaus erschreckend, mit welcher Unwissenheit oder gar bewusster Fehleinschätzung hier agiert wird“.

Eigenartige Interpretation?

Thema Haushalt: Auch beim Thema Haushalt formuliere Haberberger „ganz eigenartige Interpretationen“. Sie hatte in ihrer aktuellen Mitteilung vom Mai die Differenz zwischen Haushaltsplan und Jahresrechnung als „sogenannte Haushaltskosmetik“ bezeichnet. Und gesagt, beim Schuldenstand sei eine komplette Kehrtwende vollzogen worden. Weil: „Seit 2005 wurde mehrmals erklärt, dass wir keine Schulden außerhalb des Haushalts hätten und dann wird in der Sitzung eine Folie gezeigt, die das Gegenteil belegt, um den steigenden Schuldenstand seit den vergangenen 15 Jahren zu rechtfertigen.“

Immer besser als die Prognose

Frühbeißer zum Thema Haushaltsplan und Jahresrechnung: „Wie der Name schon sagt, ist zwischen einer Planung im Voraus und dem tatsächlichen finanzwirtschaftlichen Ergebnissen nach Abschluss des Haushaltsjahres zu unterscheiden.“ Deshalb liege es auch in der Natur der Sache, dass es immer Abweichungen gibt, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für ein Haushaltsjahr abgewickelt werden. Entscheidend sei immer die Jahresrechnung. Und daher sei schon anzumerken, „dass das Jahresrechnungsergebnis der Stadt Pottenstein seit jeher immer wesentlich besser abgeschlossen hat, als es die Prognose des Haushaltsplanes erwarten ließ“.

Schulden verringert

Frühbeißer attestiert Haberberger, sie beherrsche trotz jahrelanger Stadtratszugehörigkeit „die Grundzüge des kommunalen Haushaltswesens nicht annähernd so wie ihre Kollegen“. Die von ihr erwähnte Folie ist eine Grafik der Gesamtschuldenentwicklung, „die seit Jahren im Vorbericht des Haushaltsplanes als Säulendiagramm dargestellt ist und jedem Stadtrat vorliegt“. Danach habe die Stadt trotz immenser Investitionen den Gesamtschuldenstand in den vergangenen 15 Jahren um zwei Millionen Euro verringert.

Bürgermeister fühlt sich beleidigt

Der Trump-Vergleich: Und dann ist da noch diese Sache, die Frühbeißer am meisten ärgert. Haberberger hatte ihn in der jüngsten CSU-Mitteilung als „Trump von Pottenstein“ tituliert, der die Räte immer wieder mit alternativen Fakten in den Sitzungen überrasche. Über einen früheren Vergleich mit dem griechischen Staatsmann Zipras habe er noch lächeln können. Jetzt jedoch fühle er sich angesichts „der unwürdigen Art und Weise Haberberg’schen Politikstils, nämlich die direkte Argumentation scheuend, lieber in geschütztem Kreise aus dem Hinterhalt schießend“ persönlich beleidigt. Haberberger habe „den Boden respektvollen Miteinanders und eines angemessenen Umgangstones in einem kommunalpolitischen Organ“.

Haberberger: Reine Polemik

Das Kontra von Birgit Haberberger: Sie versteht all das nicht. „Das Erste, was mir dazu einfällt ist, dass getroffene Hunde bellen“, sagt sie. Und überhaupt sei das ganze Schreiben „mal wieder ein Pamphlet“. Es enthalte „viel zu viel Polemik“. Außerdem enthalte die Stellungnahme des Bürgermeisters auch „Widersprüche in sich“: Beispiel Haushalt: „Auf der einen Seite wird mir eine Fortbildung empfohlen und wenn ich diese beantragt habe, wird sie als nicht notwendig abgelehnt.“

Debatten kommen zu kurz

Die von ihr genannten Zahlen habe sie aus den Unterlagen der Stadt, die für die Haushaltsberatung zur Verfügung gestellt wurden: „Daher verstehe ich nicht, warum diese jetzt nicht stimmen sollen oder warum ich bei diesen zur Verfügung gestellten Zahlen noch herumrechnen soll – das wäre aus meiner Sicht dann Haushaltskosmetik betreiben“. Und „natürlich“ könne sie ihre Meinung und Sichtweise auf die Kommunalpolitik darstellen, „wie ich es empfinde – das ist ja das Wesen der Politik die Debatte und das Ringen um die beste Lösung, leider kommt das Debattieren bei uns viel zu kurz“.

Keine Beleidigung

Komisch sei auch, „dass es uns angeblich finanziell immer so gut geht und dann müssen wir dennoch die Sabs einführen, weil’s uns halt nicht gut geht“. Und was den Trump-Vergleich angeht: „Das ist juristisch definitiv keine Beleidigung, der Vorwurf einer solchen ist wiederum reine Polemik.“

Autor