Festakt der liebevollen, aber auch nachdenklichen Töne: Bayreuth und Annecy feiern 50 Jahre Städtepartnerschaft 50 Jahre Städtepartnerschaft mit Annecy

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Es ist eine Art goldene Hochzeit. Bayreuth und Annecy sind seit 50 Jahren beisammen. Partner. Freunde. Die Partnerschaft der beiden Städte wird auf unterschiedlichste Weise gelebt. Sie gilt als herausragend unter den vielen Städtepartnerschaften, die deutsche und französische Kommunen haben. Mit einem Festakt im Rathaus haben Bayreuth und Annecy das Jahr des Jubiläums der Jumelage am Samstagvormittag gestartet.     

 
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Festakte im Rathaus folgen einer festen Choreografie. Musik, Begrüßung, Musik, Ansprache, Musik, Grußwort, Musik, Stehempfang. Selten, dass die Zeiten nicht eingehalten werden. Am Samstagvormittag ist das anders. Gegen 9.45 tröpfeln die ersten Festgäste in den Sitzungssaal. Um 10 Uhr soll es losgehen. Laut Programm. Doch die Freundschaft der Bayreuther und der Gäste aus Annecy kennt kein Programm. Auch wenn es eine offizielle Delegation mit Oberbürgermeister Jean-Luc Rigaut an der Spitze ist: man kennt sich, man begrüßt sich, drückt sich. Küsschen links, Küsschen rechts. Peter Schmidt, der Ehrenvorsitzende der deutsch-französischen Gesellschaft, wird es eine Stunde später auf den Punkt bringen. Die Partnerschaft zwischen Annecy und Bayreuth, "das ist kein Tagesordnungspunkt, das ist reine Herzensangelegenheit". 

Das sagt Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe: Sie und ihr Kollege Jean-Luc Rigaut eröffnen am Samstagabend den Ball der Stadt. Den letzten vor dem Umbau der Stadthalle. Monate vorher habe man sich zusammengesetzt, weil klar war: Annecy und Frankreich müssten sich im Motto dieses Balls im Jubiläumsjahr der Partnerschaft wiederfinden. Bei einer Stoffsammlung habe sehr viel eine Rolle gespielt. Rotwein, Champagner, die Ente und die Göttin von Citroen, Jean Paul Belmondo, Brigitte Bardot und neben der Leichtigkeit des Lebens und der Lebensart Frankreichs vielleicht noch die Intellektuellen Sartre und de Beauvoir. Politik? Fast Fehlanzeige. "Einzig Charles de Gaulle hatte es als Vertreter der Politik auf unseren Zettel geschafft", sagt Merk-Erbe. Beleg dafür, dass der Elysée-Vertrag von 1963 als Grundlage der deutsch-französischen Freundschaft immer noch mitschwingt. Denn mit dem Vertrag "begann die Geschichte der deutsch-französischen Aussöhnung, aus der längst eine wohl weltweit einmalige Freundschaft geworden ist", wie Merk-Erbe sagt.

Kontakte zwischen Deutschland und Frankreich, auch von Bayreuth nach Frankreich, allerdings sind älter als der Vertrag. Merke-Erbe nennt die 1960 gegründete deutsch-französische Gesellschaft und ihre Ehrenvorsitzenden, Oskar Sauer und Peter Schmidt, die "Wegbereiter und stetiger Motor der Städtepartnerschaft war und ist". Die Partnerschaft, sagt Merk-Erbe, werde von vielen Menschen in beiden Städten intensiv gelebt. Werde über Generationen weitergegeben. Schülergruppen, Theatergruppen, Vereine, Sportler. Ganz so, wie es sich die Gründer der Partnerschaft gewünscht haben. Ähnlich dem Ziel der Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland: "Partnerschaft und Freundschaft entstehen aus Respekt und Toleranz vor dem jeweils anderen. Sie entstehen und bleiben, wenn es den Willen gibt, diese zu pflegen", sagt Merk-Erbe.

Das sagt Jean-Luc Rigaut: Merk-Erbes Amtskollege aus Annecy sagt, die beiden Städte könnten stolz sein auf 50 Jahre Partnerschaft. Auch Rigaut erinnert an das Europa der Krisen. "In diesen unruhigen Zeiten, in denen sich Populismus und Nationalismus in ganz Europa immer mehr verbreiten, ist es wichtiger denn je, vor deren Gefahren zu mahnen. Dank der Lektionen, die wir aus den Konflikten unserer gemeinsamen Geschichte lernen konnten." Die Partnerschaft mit Bayreuth, sie sei zur Institution gereift, sagt Rigaut.

Erfolg darf nicht zur Routine werden

Aber: "Dieser Erfolg darf uns nicht in Routine verfallen lassen." Bayreuth wie Annecy müsse seine Bürger "weiter ermutigen, die bestehenden Beziehungen zu vertiefen und neue Brückenschläge zwischen unseren Städten zu schaffen". Vor dem Hintergrund der ungewissen Zukunft, verursacht durch Wirtschaftskrisen und Spannungen seien allerdings "Städtepartnerschaften für den Gedanken der Solidarität wichtiger denn je". Erst kürzlich, nach den Attentaten von Paris, "konnten wir das Ausmaß der Solidarität erleben, dank der vielen Freundschaftsbekundungen aus Bayreuth".

Das sagt Peter Schmidt: Annecy und Bayreuth seien "wie eine große Familie". Den Grundstein dafür hätte neben vielen anderen Oskar Sauer gelegt, der zwölf Jahre lang die deutsch-französische Gesellschaft führte. "Ohne ihn gäbe es die deutsch-französische Gesellschaft nicht. Wer weiß, ob wir heute überhaupt hier stehen würden" - um die Partnerschaft der Städte zu feiern. Wie Rigaut sagt Schmidt, man dürfe sich nicht auf Erfolgen ausruhen. "Die Partnerschaft muss immer wieder belebt werden." Das funktioniere am besten, wenn beide Partner die Sprache des anderen sprechen. "Ein eindeutiger Appell, den Sprachen des deutsch-französischen Tandems mehr Aufmerksamkeit zu schenken", sagt Schmidt.

Das sagt Philippe Etienne: Der deutsche Botschafter Frankreichs nennt die Jumelage eine "besondere Partnerschaft zweier Juwelen, deren Anfang keine Selbstverständlichkeit war aufgrund der unterschiedlichen Entwicklung im 20. Jahrhundert und der Tragödien der Geschichte". Die Basis für die Partnerschaft und den Austausch auf vielen Ebenen sei der "starke politische Wille zu Aussöhnung und Frieden" der beiden Länder gewesen, sagt Etienne.

Partnerschaft eine Ausnahmeerscheinung

Unter den vielen hundert Städtepartnerschaften sei die zwischen Bayreuth und Annecy "eine der erfolgreichsten", sagt Etienne. Als "Diplomat, der sich Sorgen um Europa macht", empfinde er Dankbarkeit für die Arbeit in Partnerschaften wie der der beiden Städte, "weil sie ein grundsätzlicher Aspekt des europäischen Aufbaus sind". Denn Frankreich und Deutschland hätten "eine tragende Rolle, um beispielsweise den Schengen-Raum zu retten". Aber auch um Europa in den Krisen zu stützen.  

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