Gefängnishäftling rückt Justizbeamte in schlechtes Licht, doch das reicht nicht für seine Bestrafung Freispruch für Knastverräter

Von Manfred Scherer
Einem Häftling der JVA Bayreuth war falsche Verdächtigung eines Beamten vorgeworfen worden - vor Gericht ließ sich das nicht beweisen. Foto: Archiv Karl Heinz Lammel Foto: red

Es war ein ungeheurer Verdacht: Korruption und Unterschlagung im Arbeitsbereich der Justizvollzuganstalt. Er brachte einem hochrangigen Beamten ein Ermittlungs- und ein Disziplinarverfahren ein. Jedoch: Der Verdacht entbehrte jeder Grundlage. Der Häftling, der den Verdacht in die Welt gesetzt hatte, wurde vor Gericht gestellt. Es gab ein überraschendes Urteil.

 
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Im Februar 2013 war der heute 41-Jährige in Weiden verurteilt worden: zehn Jahre Haft für die Einfuhr von fünf Kilo Heroin. Der Mann, der bis dahin ein unbedeutender Kleinkrimineller gewesen war, hatte sich nach seinen eigenen Angaben als Drogenkurier benutzen lassen. Er will versucht haben, als Kronzeuge zu punkten und gegen seinen Lieferanten auszusagen, jedoch zu spät: Der Hintermann selbst hatte schon die Flucht nach vorne angetreten und ausgepackt.

Prügel für den Verrat eines Drogennetzwerks

Seither sitzt der Mann seine Haftstrafe ab, bis vor kurzem in der Justizvollzugsanstalt in Bayreuth. dann wurde er in den Knast nach Hof verlegt. Zu seinem eigenen Schutz - er war gemobbt und geprügelt worden. Mithäftlinge sollen erfahren haben, dass der Mann ein Verräter sei: Er soll über in das Gefängnis eingeschmuggelte Drogen und Mobiltelefone ausgesagt haben.

Beamte in schlechtes Licht gerückt

Doch woher wussten die Häftlinge, dass der Mann ein Verräter ist? Möglicherweise durch Justizbedienstete, legt im Prozess sein Verteidiger nahe: Schließlich habe sein Mandant nicht nur über illegale Dinge berichtet, die Häftlinge betrafen, sondern auch Beamte ins schlechte Licht gerückt.

Das Gerücht: Spielzeug wird abgezweigt

Und dies war die Geschichte, die einen 58-jährigen Justizbeamten in die Bredouille brachte: Der Häftling berichtete im Zuge seines Verrats der Drogen- und Handymachenschaften auch, dass es in einer der Arbeitsabteilungen nicht mit rechten Dingen zugehe. Dort, wo Häftlinge im Auftrag einer Firma Playmobilspielzeug zusammenbauen, solle es eine Kiste geben. Inhalt: Abgezweigte Teile des Spielzeuges, als Ausschuss deklariert. Aus den Teilen werde im Laufe der Zeit ganze Spielzeuge zusammengefügt. In einer von dem Häftling selbst unterschriebenen Strafanzeige wird erst der 58-jährige Beamte als verantwortlicher für den Playmobil-Häftlingstrupp benannt. Dann folgt der Satz: "Die Playmobilspielzeuge werden als Weihnachtsgeschenke für Beamte verwendet."

Beamte weisen den Verdacht zurück

Im Zeugenstand wiesen sowohl der verdächtigte Beamte als auch ein weiterer Justizvollzugsbeamter den Verdacht zurück: Teile, die von der Firma überstellt werden, würden registriert. Genauso, wie es registriert werde, was an zusammengebauten Spielzeugen den Knast wieder verlässt. Der Leiter des Arbeitsbereichs erklärte, man könne mit den halbfertigen Sachen doch gar nichts anfangen. Im Bayreuther Knast finde keine Endmontage statt. Er berichtete, dass Justizbeamte allerdings von der Firma einen 20-prozentigen Einkaufsrabatt bekämen, falls sie Playmobilspielzeug bestellten.

Verfahren wurde eingestellt

Fest steht: Das Ermittlungsverfahren gegen den Justizbeamten wurde eingestellt. Doch die rechtliche Einordnung der "Anzeige" des Häftlings wurde nicht einfach. Der Angeklagte bestritt nämlich, dass er dezidiert den 58-jährigen Leiter des Arbeitsbereichs verdächtigt habe. Er habe den Verdacht von einem Mithäftling gehört und die Playmobil-Sache nur nebenher genannt, als er andere Häftlinge wegen deren Drogen- und Mobiltelefonnetzwerks verriet.

Freispruch im Zweifel für den Angeklagten

Somit war nach Ansicht von Amtsrichterin Christiane Breunig weder eine falsche Verdächtigung noch eine üble Nachrede nachweisbar, denn für die Verwirklichung der Tatbestände fehlen ihrer Meinung nach zwei Voraussetzungen: Ob der falsche Verdacht sich direkt auf den Leiter des Arbeitsbereichs beziehe, sei nicht klar. Und auch nicht, ob der falsche Verdacht "wider besseren Wissens" geäußert worden sei - man könne dem Angeklagten nicht widerlegen, dass er das von einem Mithäftling erzählte Gerücht - vielleicht allzu bereitwillig - geglaubt habe. Ihr Urteil: Freispruch im Zweifel für den Angeklagten. Das Strafende des Häftlings wird somit nicht über den 14. April 2022 hinaus verlängert - sofern er nicht noch andere Straftaten im Knast begeht.

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