Nachbarn erschließen ihre Heimatorte mit offenen WLan-Netzen Freifunker bringen Internet für alle

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Franc Marx (Dritter von links) und Uwe Oertel (Zweiter von rechts) haben in Leups ein offenes Wlan-Netz aufgebaut. Bis zum Leupser Schupfn am Ortsrand reicht eine Richtfunkstrecke. Foto: Ralf Münch Foto: Ralf Münch Foto: red

In Leups sausen die Daten: Beim Dienst im Feuerwehrhaus, beim Bier im Wirtshaus oder beim Feiern in der Party-Scheune am Dorfrand: Wer in Leups unterwegs ist, der hat fast überall freien Zugang ins Internet. Möglich macht’s das Freifunkernetz. Ähnlich verhält sich auch auf dem Sportplatz von Untersteinach bei Kulmbach.

 
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„Ein offenes WLan ist heute genauso wichtig wie die Toilette im Wirtshaus“, sagt Franc Marx. Er hat das Leupser Netz mit Nachbarn aufgebaut. Wer ins Dorf kommt und die WLan-Funktion seines Smartphones eingeschaltet hat, der gelangt über „franken.freifunk.net“ ins Internet. Beliebte Dienste wie What’s App, Snapshot oder Spotify – kein Problem.

Der Zugang schont die Datenflat, spart Geld und noch wichtiger: Niemand muss nervös werden, dass der Datenfluss abbricht. „Das Freifunknetz garantiert die Versorgung ohne Einschränkung“, so Franc Marx. Die Daten fließen im Tempo von drei bis zehn MBit pro Sekunde. Bis zu 70 Nutzer hingen kürzlich bei einer Schupfenparty am Freifunkernetz.

In nur sieben Monaten

Nur sieben Monate liegen zwischen dem Entschluss bis zur Inbetriebnahme des offenen Netzes in Leups. Es besteht aus 15 Freifunkroutern und einer 400 Meter langen Richtfunkstrecke hinauf zum Schupfen. Kosten pro Router 15 Euro, für zwei Richtfunkantennen je 25 Euro, rechnen Marx und sein Mitstreiter Uwe Oertel vor. „Leups hat die Nase vorn“, sagen beide schmunzelnd. Wer kommt, ist online. Ganz ohne Umstände.

Öffentliche Hand zu träge

Da kann der Freistaat mit seiner Hotspot-Initiative weder zeitlich noch bei den Kosten mithalten. Bereits im November 2015 kündigte Finanzminister Markus Söder an, der Freistaat wolle 10 000 freie WLan-Hotspots einrichten und dafür bis 2020 zehn Millionen Euro ausgeben. „Gerade für den ländlichen Raum ist freies WLan ein echter Standortvorteil. Damit stärken wir weiter die digitale Chancengleichheit und sorgen für gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern“, sagte Minister Söder. 

Für Auswärtige ideal

„Dort, wo man nicht heimisch ist, da ist Freifunk ideal“, sagen Oertel und Marx. Ihnen geht es nicht allein um ihre Nachbarn im Dorf. Ein freies Netz für jeden, das sei wünschenswert. In wenigen Worten zusammengefasst ist das die Philosophie der Freifunker-Bewegung. Deren Anfänge reichen zurück in die Zeit nach dem Fall der Mauer. Kurz darauf begannen Menschen in Dresden und Berlin damit, ihre Straßen durch private Router-Netze zu erschließen. „Aus der Not heraus“, sagt Oertel.

Auch in Fichtelberg

Nach dem Prinzip der Freifunker ist auch das Netz in Fichtelberg aufgebaut.Dort stehen fast 50 Router im Gemeindegebiet verteilt. In Untersteinach, Landkreis Kulmbach, betreibt der Sportverein auf seinem Gelände ein offenes Netz. Dort hat Uwe Marx, der Bruder von Franc Marx, die Initiative übernommen. Allzu lange hatte der Verein auf den Hotspotbetreiber Vodafone gewartet. Weil sich der Netzbetreiber nicht bewegte, haben die Vereinsmitglieder selbst ein offenes WLan für jedermann eingerichtet. Jetzt gibt es dort Fußball auf dem Rasen und Bundesliga auf dem Smartphone. Die Reihe der Gemeinden mit offenem WLan lässt sich fortsetzen.Eine Initiative ging auch von der Jungen Union aus.

Zur "Saure-Gurken-Zeit"

In Leups steht der nächste Schritt bevor: „Auch im Neubaugebiet soll es freie Zugänge geben“, hat sich Franc Marx vorgenommen. Dafür wächst ein Strang von der Kapelle mitten im Ort nach Westen.

Wer das Freifunknetz in Leups testen will, der kann das am Wochenende tun. Dann wird im Party-Schupfen die "Saure-Gurken-Zeit" gefeiert.

Stichwort Freifunk:

Freifunk steht für freie Kommunikation in digitalen Datennetzen. Freifunker verstehen unter „frei“ zugänglich für alle, nicht zensiert, nicht kommerziell und im Besitz der Gemeinschaft. Praktisch bedeutet das: Jeder Bürger stellt seinen WLan-Router auch für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung. Im Gegenzug kann er oder sie ebenfalls Daten, wie zum Beispiel Text, Musik und Filme über das interne Freifunknetz übertragen oder über von Teilnehmern eingerichtete Dienste im Netz Chatten, Telefonieren und gemeinsam Onlinegames spielen.

Viele Freifunker stellen zudem ihren Internetzugang zur Verfügung und ermöglichen anderen somit den Zugang zum Internet. „Dabei ergänzen sich Menschen, die sich eigentlich gar nicht kennen“, sagt Adrian Schmutzler aus Bayreuth. Er hat in der Region zahllose Freifunkrouter aufgestellt. Die Gemeinschaft der Freifunker ist Teil einer globalen Bewegung. Ihre Vision ist die Demokratisierung der Kommunikationsmedien durch freie Netzwerke.

Die Geschichte des Freifunks begann nach dem Fall der Mauer, schildert Uwe Oertel aus Leups. In Dresden und Berlin nahmen Nachbarn die Erschließung mit WLan selbst in die Hand. „Aus der Not heraus“, sagt der Leupser Frank Marx. Freifunk Franken begann wahrscheinlich erst deutlich später. Inzwischen gibt es fast registrierte 500 Nutzer.

Mehr im Internet bei https://wiki.freifunk-franken.de. ub

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