Enormer Anstieg der Versicherungsprämien Freie Hebammen: Klassische Geburtshilfe in Gefahr

 Foto: red

Theresia Trenka aus Auerbach und Stefanie Köhler-Kolb lieben ihren Beruf. Beide sind freiberufliche Hebammen, leisten Geburtshilfe zu Hause mit Vor- und Nachsorge oder in der Sana-Klinik Pegnitz. Doch wie lange noch? Der Anstieg der Versicherungsprämien macht die Arbeit als freie Hebamme fast unmöglich.

 
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Die Berufshaftplichtprämien für Hebammen sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, haben sich in gut zehn Jahren verzehnfacht. Knappe 5000 Euro zahlen beide an ihren Versicherer. Ohne Berufshaftpflicht darf eine Hebamme nicht arbeiten.

Viele Hebammen haben wegen der hohen Versicherungsprämien die Geburtshilfe bereits eingestellt, bieten nur noch Kurse und die Nachsorge an, sagen Trenka und Köhler-Kolb. Das sagt auch der Hebammenverband: Nur noch 3500 von den 21 000 Hebammen in Deutschland, wovon die meisten freiberuflich arbeiten, bieten die klassische Geburtshilfe an. „Das Kernstück unserer Arbeit“, so Köhler-Kolb.

Die Hebammenverbände sahen am Donnerstag im Bundestag, als das Thema auf Antrag der Grünen diskutiert wurde, den ganzen Berufsstand spätestens im Sommer 2015 vor dem Aus. Dann, wenn die Versicherer ihre Ankündigung wahr machen, keine freiberuflichen Hebammen mehr zu versichern. Das würde bedeuten, dass nur noch angestellte Hebammen in der Geburtshilfe tätig sein können. „Dann müssen vielleicht auch Pegnitzer in Kauf nehmen, in ein anderes Haus zu gehen, um zu gebären“, sagt Köhler-Kolb: „Das beschränkt auch die Frauen in der Wahl ihres Geburtsortes.“ Und in der Wahl der Hebamme.

„Die originäre Hebammenarbeit bleibt auf der Strecke“, sagt sie, das, was Trenka als „kontinuierliche Betreuung eines Geburtsverlaufs“ bezeichnet. Ihrer Meinung nach geht dann auch das verloren, was den Hebammenberuf auch heute noch charakterisiert: Die vertrauensvolle Beziehung zwischen Frau und Hebamme, der oft enge persönliche Kontakt. Das soziale Engagement der Hebammen, das häufig über Vor- und Nachsorge und die Geburtshilfe hinausgeht. Trenka ist überzeugt: „Ohne kontinuierliche Betreuung der Frauen wird der Geburtsablauf beeinflusst.“

„Auch die angestellten Hebammen in den Kliniken oder Geburtshäusern geben ihr Bestes für Mutter und Kind“, betont Köhler-Kolb. Aber: Frauen würden dann eben zu einem Team gehen und wüssten nicht, welche Hebamme bei der Geburt mit dabei ist. Etwas worauf viele Frauen eben Wert legen, auf die „Eins-zu-eins-Betreuung“, wie Trenka das nennt.

Köhler-Kolb ist seit rund 14 Jahren Hebamme und hat zunächst als Angestellte gearbeitet. „Das ist keine leichte Arbeit“, sagt sie „und vor allem nicht befriedigend“ – unter anderem, weil den Hebammen die Zeit für die Frauen fehle. Die Zeit, die sie sich als Freiberufliche noch nehmen können. Sie brauchen nicht auf die Uhr zu schauen und im Prinzip auch nicht nachrechnen. Der Hebammenverband habe ausgerechnet, dass eine Hebamme auf einen Stundenlohn kommt, der zwischen sieben und 7,50 Euro netto liegt. Das stört die beiden Hebammen nicht und auch der rasante Anstieg der Berufshaftpflicht wird als bittere Pille geschluckt. Zum einen sind beide verheiratet, der Ehepartner verdient mit. Trenka aber kann sich nicht vorstellen, dass eine Alleinstehende vom Hebammenberuf noch leben kann.

Zum anderen akzeptieren beide solche Stundenlöhne, weil sie ihren Beruf lieben: „Die Arbeit macht uns immer glücklich“, sagt Köhler-Kolb. Und im Übrigen sei das Arbeiten in der Pegnitzer Klinik von Kollegialität geprägt. Konkurrenzdenken gäbe es da nicht, betont sie. „Wir haben eben den Idealismus und fühlen uns zur Hebamme berufen“, sagt Trenka.

Die Versicherungswirtschaft sieht das offenbar nicht und momentan auch noch nicht die Politik. „Wir denken schon, dass die Politik möchte, dass alles zentralisiert wird“, sagt Trenka, „aber wir Frauen möchten das nicht“.


INFO: Die Opposition im Bundestag hat eine zügige Neuordnung der Haftpflicht für Gesundheitsberufe gefordert, vor allem für Hebammen und für die geburtsmedizinische Betreuung. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) äußerte sich in der Parlamentsdebatte zuversichtlich, dass bald Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch liegen werden. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dazu: „Wir brauchen noch ein paar Wochen, dann legen wir etwas vor.“

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