Fraunhofer baut für 20 Millionen in Wolfsbach

Von Norbert Heimbeck
Spatenstich für die Faserpilotanlage in Wolfsbach: Prof. Gerhard Sextl (Fraunhofer ISC Würzburg), Uni-Präsident Stefan Leible, Regierungspräsidentein Heidrun Piwernetz, OB Brigitte Merk-Erbe, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, Hubert Jäger (Composite Carbon Verein), Friedrich Raether (Fraunhofer HTL), und MdL Christoph Rabenstein (von links). Foto: Norbert Heimbeck Foto: red

Von „Festspielen für die Forschung“ war gestern in Wolfsbach oft die Rede: Auf dem Bayreuther Technologiehügel baut die Fraunhofer-Gesellschaft eine europaweit einmalige Pilotanlage zur Produktion von keramischen Fasern. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hatte zum Spatenstich einen Förderbescheid über zwei Millionen Euro im Gepäck.

 
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Vor zwei Jahren, am 28. Juli 2015, wurde in Wolfsbach das Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL eingeweiht. Am Mittwoch erfolgte der symbolische Spatenstich für die erste Erweiterung: Bereits ab Anfang 2019 sollen hier keramische Verstärkungsfasern produziert werden, die zum Beispiel in der Luftfahrtindustrie zur Herstellung besonders leichter und energiesparender Turbinen dienen.

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Das Besondere: Bislang werden diese Fasern in Japan und den USA hergestellt. Die Anlage in Wolfsbach wird die erste in Europa sein, die Keramikfasern in industriellem Maßstab produzieren kann. Die Gesamtkosten betragen 20 Millionen Euro, davon übernimmt Fraunhofer 3,75 Millionen, den Rest teilen sich der Freistaat Bayern und die Bundesregierung.

Die Wolfsbacher Forscher sind auf Werkstoffe für Hochtemperaturanwendungen und Leichtbau spezialisiert. Solche Materialien sind besonders in der Luftfahrt und in der Energietechnik gefragt. Sie müssen extreme Temperaturen aushalten und zugleich möglichst leicht sein. Keramische Verstärkungsfasern, exakt: Siliciumcarbid-Fasern (SiC), erfüllen diese Anforderungen. Viele Metalle schmelzen bei etwa 1000 Grad, Aluminium schon weit früher. Turbinen aus den neuen Werkstoffen können über 1400 Grad aushalten.

Kraftstoffverbrauch ließe sich halbieren

Laut Hubert Jäger, Vorstandsvorsitzender des Fraunhofer-Kooperationspartners Carbon Composites, hätte eine Umstellung auf neue Werkstoffe sofort messbare Folgen für die Schadstoff-Bilanz: „Die modernsten Flugzeuge verbrauchen heute zwei Liter Treibstoff pro Passagier und 100 Kilometer. Mit den neuen Materialien könnten wir den Verbrauch auf einen Liter senken.“ Auch der Fluglärm ließe sich durch die neuen Werkstoffe verringern.

Werkstoff der Zukunft

Prof. Gerhard Sextl ist Leiter des Würzburger Fraunhoferinstituts ISC, der „Mutter“ der Wolfsbacher Forschungseinrichtung. Er bezeichnet die Pilotanlage als „Schlüssel zur Entwicklung von Hochleistungswerkstoffen.“ Besonders im Turbinenbau seien keramische Fasern ein „Werkstoff der Zukunft“. Da diese Turbinen nicht nur in Flugzeugen, sondern auch in Kraftwerken ihren Dienst verrichten, seien die neuen Materialien auch ein Beitrag zur Verwirklichung der Energiewende.

Deusche Unternehmen vom Ausland abhängig

Ilse Aigner sprach von Bayreuth als einem „Top-Forschungsstandort“. Bislang seien deutsche Unternehmen, die mit keramischen Fasern arbeiten wollten, von Produzenten im Ausland abhängig. Das werde sich mit der Wolfsbacher Anlage ändern, die mehrere Tonnen SiC-Fasern pro Jahr produzieren werde. Sie setze volles Vertrauen in die Wolfsbacher Forscher, die in wenigen Jahren Umsatz und Mitarbeiterzahl verdoppelt hätten: „Vielleicht schaffen wir es ja, hier ein eigenständiges Fraunhofer-Institut zu etablieren?“

Bald ein eigenes Fraunhofer-Institut?

Alfred Gossner, Fraunhofer-Vorstand, sagte: „Der Wunsch nach einem eigenen Institut ist durchaus realistisch.“ Die Wolfsbacher Einrichtung habe sich „zügig entwickelt“. Auch er betonte die Einzigartigkeit der Pilotanlage: „Innerhalb Europas gibt es keinen einzigen Hersteller“. Von Bayreuth aus könne ab Anfang des Jahres 2019 der Weltmarkt bedient werden.

Friedrich Raether, der das Wolfsbacher Zentrum maßgeblich ausgebaut hat, wies darauf hin, dass keramische Verbundfasern etwa so teuer wie Edelmetalle seien: „Das ist aber nicht das Ende der Fahnenstange“. Auch technologisch sieht er noch Chancen: Angestrebt werde eine Verarbeitung der Keramikfasern in Textilmaschinen. Hierfür arbeiten die Wolfsbacher mit der Fachhochschule zusammen.

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