Frankreich macht Fessenheim dicht

AFP PHOTO / EDF PHOTOTHEQUE/ MARC MORCEAU Foto: red

Frankreich hat die Schließung des umstrittenen Atomkraftwerks Fessenheim an der Grenze zu Baden-Württemberg besiegelt.

 
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Die Regierung veröffentlichte am Sonntag im Amtsblatt ein entsprechendes Dekret. Energie- und Umweltministerin Ségolène Royal hatte den Schritt bereits angekündigt und die Abschaltung für 2018 versprochen.

Der Streit um Frankreichs ältestes Atomkraftwerk ist damit aber lange nicht erledigt. Fessenheims Bürgermeister Claude Brender kündigte im Regionalsender „France Bleu Alsace“ Beschwerde beim Staatsrat an, der in Frankreich oberster Verwaltungsrichter ist.

Frührestens Ende 2018

Das Regierungsdekret nimmt Bedingungen auf, die der Betreiber EDF gestellt hatte. So soll Fessenheim erst dann geschlossen werden, wenn der Europäische Druckwasserreaktor (EPR) in Flamanville am Ärmelkanal ans Netz geht - er soll nach bisherigen Ansagen Ende 2018 fertig sein.

Das Projekt sorgte allerdings bisher mit Verzögerungen und Kostensteigerungen für Schlagzeilen. So prüfte die Atomaufsicht Materialprobleme am Reaktorbehälter. Solange sie keine Zustimmung gibt, kann es nicht losgehen. Eine Entscheidung wird in den kommenden Monaten erwartet.

Pannenreaktor

Fessenheim ging 1977 ans Netz. Aus Sicht von Umweltschützern ist die Anlage veraltet, es bestehe die Gefahr einer Panne. Auch die deutsche Bundesregierung fordert schon länger die Abschaltung. Ein Reaktor ist bereits seit vergangenem Jahr vom Netz, weil Materialfehler an einem Dampferzeuger überprüft werden. Die deutschen Grünen bezeichnen das Kraftwerk als „Schrottreaktor“.

Die deutsche Grünen-Chefin Simone Peter sprach in Berlin von einem wichtigen energiepolitischen Schritt in Frankreich. „Faktisch steht der endgültige Abschalt-Termin allerdings in den Sternen, denn die Aufhebung der Betriebserlaubnis bleibt an den Starttermin des Europäischen Druckwasserreaktors in Flamanville gebunden.“ Diese „teuflische Bindung“ erlaube es, dass Fessenheim noch lange weiterlaufen könne.

Die Schließung von Fessenheim war ein Wahlversprechen von Präsident François Hollande, der im Mai aus dem Amt scheidet. Französische Gewerkschaften wehren sich gegen die Abschaltung.

490 Millionen Euro Entschädigung

Bereits im Januar hatten sich der Stromgigant EDF und der französische Staat auf eine Entschädigung von rund 490 Millionen Euro für die Kosten der Schließung verständigt. Der EDF-Verwaltungsrat machte am vergangenen Donnerstag den Weg für die Schließung grundsätzlich frei. Der Antrag zur Aufhebung der Betriebserlaubnis soll aber frühestens sechs Monate vor der geplanten Schließung gestellt werden.

Das Thema Fessenheim spaltet auch französische Präsidentschaftskandidaten. Der aussichtsreiche sozialliberale Anwärter Emmanuel Macron kündigte an, er wolle die Entscheidung nach einem Wahlsieg beibehalten. Seine rechtspopulistische Kontrahentin Marine Le Pen kritisierte hingegen eine „ideologische Entscheidung“. Frankreich setzt seit Jahrzehnten auf die Nuklearenergie. Drei Viertel des Strombedarfs kommen aus Atommeilern.

dpa

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