Food Trends: Hauptsache grün

Von Norbert Heimbeck
Teurer, heißer, kreativer: Männer, die sonst niemals am Herd stehen, wachsen beim Grillen über sich hinaus. Der Trend "Wir machen BBQ" wird uns wohl auch 2017 erhalten bleiben. Foto: CMA/dpa Foto: red

Gans zu Weihnachten, Fondue zu Silvester – so wie sich mancher an kulinarische Traditionen klammert, so jagt manch anderer jedem kurzlebigen Trend hinterher. 2016 hat den Foodies viel Neues geboten. Was bleibt am Ende des Jahres von Zoodles, Supper Clubs und Craft Beer? Ein subjektiver Rückblick.

 
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Avocado: Die fettreichen Früchte gelten besonders in der veganen Küche als gesund und wohlschmeckend. In der Küche lassen sie sich vielseitig verwenden, zum Beispiel als Brotaufstrich, als Dip oder als Zugabe im Salat. Schmeckt besser, als man denkt: Vegane Schokoladenmousse auf Avocado-Basis. Aber irgendwann reicht’s mal wieder. Denn für den Avocadoanbau werden am anderen Ende der Welt Wälder abgeholzt, künstliche Dünger und Pestizide verspritzt und Unmengen an Frischwasser verbraucht: 540 Liter Wasser für ein einziges Kilo Avocado (Quelle: Süddeutsche Zeitung).

Craft Beer: Je mehr Brauer und solche, die sich dafür halten, „Craft Beer“ zusammensieden, desto unübersichtlicher wird es. Nach einem Jahr, in dem wir gefühlt 365 unterschiedliche Pale Ales getrunken haben, ist der Appetit auf den Lieblingsstil der Craft-Beer-Brauer erst einmal für lange Zeit gestillt. Es reicht eben nicht, einen Hipsterbart zu tragen, man baucht auch Ideen, um gute Biere herzustellen.

Chiasamen: Dieses sogenannte Pseudogetreide wurde ebenfalls lange Zeit als Superfood bejubelt. Es kann roh über Müsli, Joghurt und Salat gestreut werden. In Wasser gerührt, entsteht eine Pudding ähnliche Pampe. Das funktioniert alles, weil Chiasamen geschmacksneutral sind. Weniger höflich formuliert: Das Zeug schmeckt wie eingeschlafene Füße.

Fermentieren: Alle Welt lädt Kimchi (das ist scharf gewürzter, fermentierter Kohl aus Korea) auf den Teller. Kochbuchverlage bringen dicke Wälzer mit den angeblich besten Rezepten zur Milchsäurevergärung heraus. Warum redet eigentlich kaum jemand von einem ähnlich hergestellten Produkt, das sogar als typisch deutsch in aller Welt gilt? Sauerkraut ist gesund, schmeckt wunderbar und braucht weder Chili noch Chinakohl.

Grünkohl: Als „Kale“ feiert der Grünkohl in den US-Küchen fröhliche Urständ. Auch er bekam – wie andere traditionelle Gemüse – das schreckliche „Superfood“-Etikett und bereichert deshalb den Speiseplan der veganen Foodies. Aber: Auch Grünkohl war schon in Omas Küche beliebt. Als saisonal verfügbarer Vitaminspender ist er einfach Spitze. Aber: Grünkohl ist sowas von 2015. In diesem Jahr macht sich Seetang auf, das neue Superfood zu werden. Ist auch grün.

Lokal & regional: Selbst Gourmetköche setzen auf heimische Produkte – kein Mensch braucht Goji-Beeren, wenn er Wirsing essen kann. Wer sich auf regionale Spezialitäten besinnt, fördert die Sortenvielfalt. Da kann eine große Discount-Kette noch so intensiv mit dem Spruch „Einfach ist mehr“ werben: Wir alle haben etwas davon, wenn wir beim Gemüse nicht nur auf eine einzige Sorte angewiesen sind.

Premium Beef: Heute wird nicht einfach gegrillt, nein, „wir machen Barbecue“. Männer, die sonst niemals am Herd stehen, verbringen Stunden vor ihrem Kugelgrill oder ihrem Smoker und räuchern, rösten und brutzeln vorzugsweise Fleischstücke vom anderen Ende der Welt. Simple Steaks werden als Premium Beef beworben und im Onlineshop teuer verkauft. Dabei lohnt es sich, mal beim Metzger um die Ecke nach einem besonderen Stück zu fragen: Oberfränkisches Weiderind braucht sich hinter argentinischen Ochsen nicht zu verstecken.

Roher Fisch: Einer der heißesten Foodtrends des alten Jahres: Ceviche. Das ist in Zitronensaft marinierter roher Fisch. Das Rezept stammt ursprünglich aus Peru, weitere Zutaten sind Avocado (!), Zwiebel und Paprika. Kommt das Gericht aus Hawaii, heißt es Poké und verwendet Limette statt Zitrone. Aber natürlich gibt es auch Ceviche vom fränkischen Saibling. Wer kein rohes Fleisch mag (Stichwort: Carpaccio), bleibt hier ebenfalls hungrig.

Supper Club: Wir gehen nicht ins Restaurant, sondern besuchen den Koch in der Küche fremder Leute. Das ist die Idee des Supper Clubs in einem Satz. Besonders schön daran soll sein, dass man neue Leute trifft – im Restaurant passiert das wohl nicht? Man muss gar kein Marketing-Brimborium entwickeln, wir sagen einfach: Lasst uns gutes Essen in entspannter Runde mit netten Gästen zelebrieren.

Matcha: Ist auch grün (siehe Grünkohl). Damit ist schon das Wichtigste über Matcha gesagt. Das Pulver aus grünem Tee wurde 2016 fast überall verwendet: In Donuts und anderem Süßgebäck, im Cheesecake und in Smoothies. Sogar als Eis konnte man Matcha kosten. Ist halt grün.

Zoodles: Das größte kulinarische Erbe Italiens – Nudeln – ist für die Trendjäger nicht mehr hip genug. Total langweilig. Und enthält so viele böse Kohlenhydrate. Also drehen wir Zucchini und anderes Gemüse durch einen Spiralschneider. Dann entstehen gaaaanz wunderbare Gemüsenudeln, die im Falle der Zucchini natürlich Zoodles heißen. Aber aufpassen, dass die Finger heil bleiben.

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