Treffen zum Gedankenaustausch über die Integrationsarbeit Flüchtlinge begleiten statt belehren

Von Sonny Adam
Peter Müller (links) möchte ein Netzwerk in Kulmbach aufbauen, in dem sich ehrenamtlich Tätige vernetzen, Erfahrungen austauschen, aber auch Probleme identifizieren und gemeinsam bearbeiten. Foto: Sonny Adam Foto: red

Die Flüchtlinge aus Syrien wurden mit Hilfsbereitschaft empfangen. Doch inzwischen ist die Begeisterung – auch angesichts des Terrors – verflacht. Nicht immer verlief der Start für die „Neubürger“ reibungslos. Jetzt hat Flüchtlings-Koordinator Peter Müller zu einem Treffen geladen. Nicht nur ehrenamtlich Engagierte, sondern auch einige Flüchtlinge mischten sich unter die Zuhörer. Bei der Integration geht es häufig um Kleinigkeiten - aus Sicht der Einheimischen.

 
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Das Wichtigste, das Maisaa Mamia (40) jetzt im Auge hat, ist Arbeit. „Ich hatte ein gutes Leben in Syrien. Wir hatten ein Haus in Damaskus, ganz neu gebaut. Schön. Jetzt ist alles kaputt“, erzählt die 40-Jährige. Maisaa Mamia war die Direktorin einer großen Grundschule. Jetzt will sie als Zusatzlehrerin in der Max-Hundt-Schule arbeiten. „Ich hatte heute meinen ersten Tag. Es ist wie ein neues Leben“, sagt sie und lächelt. Offen erzählt Maisaa Mamia, dass ihr der Deutschkurs nicht leicht gefallen ist. Denn sie hat anfangs nur ein oder zwei Worte verstanden – vom fünfstündigen Unterricht. „Das hat mir nicht geholfen. Ich habe immer in Englisch geantwortet“, erzählt sie.

Kinder lernen schneller

Inzwischen kann sie Sätze in Deutsch formulieren, auch wenn sie selbst noch nicht zufrieden mit ihren Sprachkenntnissen ist. „Die Kinder lernen viel schneller“, sagt die 40-jährige Syrerin. Sie hat schon erste ernüchternde Erfahrungen in Deutschland gemacht. So hat sie als Frau mit Kopftuch kaum eine Chance als Lehrerin tätig zu sein. „Ich verstehe das nicht“, sagt sie beim Treffen zum Thema „Chancenoptimierung“.

Der 20 Jahre alte Syrer Ahmed Esmail, der in Aschaffenburg deutsch gelernt hat und bislang nur dort gelebt hat, betont, wie wichtig der Kontakt mit Einheimischen sei. Seine Verwandten suchen den Kontakt, doch nicht immer finden sie ihn. Ahmed Esmail hatte das Glück, dass ihn in Aschaffenburg eine Frau an die Hand genommen hat, dass sie ihn Deutsch gelehrt hat. „Ich habe deutsch gelernt, weil ich das möchte. Mir gefällt die Sprache“, sagt Esmail. „Die deutsche Sprache ist der Schlüssel. Wenn man nicht deutsch spricht, bleibt man auf der Straße“, sagt der 20-Jährige. Er hat inzwischen gelernt, dass die Menschen in Deutschland Wert auf Pünktlichkeit legen, dass man Termine absagen muss, wenn man sie nicht wahrnehmen kann. Und in seinem Vortrag hielt er ein Plädoyer für den Respekt.

Jos Flieser stellt Konzept vor

Beim Koordinations- und Austauschtreffen stellte Jos Flieser ein Management-Konzept zur besseren Integration von Flüchtlingen vor. Es gehe um Coaching, um Begleitung, nicht um Belehrung. „Coaches sind keine Lehrer, sie geben nicht an, wohin die Reise geht, sie erzwingen keine Ergebnisse und sie sind keine Trainer, die Übungseinheiten planen, anweisen und überwachen“, stellte Flieser klar: „Der erwachsene Mensch ist sehr wohl lernfähig, aber auch unbelehrbar.“ Der wichtigste Punkt beim Umgang mit Flüchtlingen sei es, eine Zugehörigkeit herzustellen. „Die Leute sind traumatisiert. Man muss immer die Individualität in den Mittelpunkt rücken. Letztlich ist jeder Flüchtling ein Einzelfall“, so Flieser. Zum ersten Koordinations- und Austauschtreffen kamen rund 40 Interessierte, Betreuer und auch Flüchtlinge ins Landratsamt. „Die Integration von Flüchtlingen ist ein Prozess, der gelingen muss“, betonte Flüchtlingskoordinator Peter Müller. Mit den Veranstaltungen möchte er eine Plattform schaffen, dass sich Helfer und Jobcenter vernetzen können.

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