Flüchtlinge aus Iran wollen getauft werden

Von Anne Müller und Katharina Wojczenko
Am Samstag, 16. Juli, werden die ersten 20 der insgesamt knapp 90 iranischen Christen in der Stadtkirche getauft. In der Friedenskirche absolvierten sie mit großer Begeisterung einen dreimonatigen Taufkurs bei Andrea (rechts) und Hans-Dietrich Nehring (zweite Reihe, zweiter von links). Foto: Andreas Harbach Foto: red

Zuhause drohten ihnen Peitschenhiebe und Gefängnis. Erst im Exil dürfen sie ihre Religion frei ausüben. Die Friedenskirchen-Gemeinde in Bayreuth hat knapp 90 Christen aus dem Iran aufgenommen. Am Samstag werden die ersten 20 beim Internationalen Gottesdienst in der Stadtkirche getauft.

 
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Es war kurz vor Ostern, Pfarrer Hans-Dietrich Nehring hielt gerade seinen Gottesdienst, als die Tür sich öffnete. Zehn arabisch aussehende Männer und Frauen standen in der Kirche. "Ich dachte erst, das ist der IS", sagt Nehring und muss lachen, ein paar Tage zuvor hatte er nämlich einen Gemeindeabend über den Islam gehalten. Dann sah er: Sie waren wegen des Gottesdiensts gekommen. Sie sagten, sei seien Christen aus dem Iran, erzählten ihre Geschichten.

Ihren Glauben hatten sie – soweit das im Iran möglich war – in Hauskirchen und mit heimlich weitergegebener christlicher Literatur gelebt. Getauft waren die wenigsten, denn das wäre lebensgefährlich geworden. Nach drei Wochen in der Friedenskirche äußerte der erste den Wunsch, sich taufen zu lassen.

Mehr Interessenten als Plätze im Taufkurs

Aktuell bereiten sich 86 iranische Christen, vor allem Männer, aber auch Familien mit Kindern, in zwei Gruppen auf die Taufe vor. Die Nachfrage ist so groß, dass Nehring und seine Frau, Pfarrerin Andrea Nehring, zeitweise eine Aufnahmestopp verhängen musste.

Neben zwei Gemeinden in Forchheim und Coburg ist die Friedenskirche in Bayreuth die einzige evangelische Gemeinde in Oberfranken, die Kurse für Flüchtlinge anbietet, sagt Pfarrer Nehring. Ein Schüler kommt sogar jede Woche aus Cham her, einige von so weit weg, dass sie im Gemeindehaus übernachten, weil die Rückfahrt am selben Tag nicht mehr möglich ist.

Geschichten von Hass und Gewalt

Ali, Johannes, Majid und Omid sprechen Englisch und ein wenig Deutsch. Weil sie und ihre Familien im Iran weiter mit Repressalien rechnen müssen, wollen sie nur mit Vornamen in der Zeitung stehen. Sie übersetzen für die Nehrings und die Iraner, die Farsi sprechen. Ein bisschen geht es zu wie in einem lebendigen Uni-Seminar. Hier, sagt Ali, können sie das erste Mal offen und ohne Angst sprechen. Die Geschichten, die sie erzählen, sind von Hass und Gewalt geprägt.

So habe ein christliches Lied während einer Feier Johannes 80 Peitschenhiebe und eine tagelange Gefängnisstrafe eingebracht. Das Spitzelsystem der Religionspolizei, erzählt einer der Männer, verhindere die Gespräche über vermeintlich nicht-islamische Inhalte. „Wer erwischt wird, wird vor Gericht geladen. Und wer vorgeladen wird, verschwindet fast immer.“

Sie lernen mehr über ihren Glauben

Dieses Klima der Angst und körperlichen Gewalt habe er zwar in Deutschland in einigen Flüchtlingsheimen auch erlebt, sagt Yosef, aber nie unter Christen: „Wir haben Freundschaft, Liebe, Vertrauen und Verlässlichkeit erst bei Christen gefunden.“

Majid zieht einen bildhaften Vergleich über die Pfarrleute, dem die anderen nach der Übersetzung von Ali zustimmen: „Andrea und Hans-Dietrich Nehring sind wie Mutter und Vater für uns, und unser Wissen, das wir hier von ihnen bekommen, ist wie ein Puzzle, das sich immer weiter vergrößert. Wir fühlen uns nun als Teil der Christen auf der ganzen Welt.“ 

Iraner sind feste Größe im evangelischen Gottesdienst

Die neuen Gemeindemitglieder steuern zum Gottesdienst regelmäßig iranische Lieder und Musik bei. Ein Flüchtling habe sogar ein Instrument mit übers Meer gerettet. Nehring: "Bei einem normalen Gottesdienst sind unter den im Schnitt 70 Besuchern etwa 20 Iraner."

Info: Auch in der katholischen Kirche haben Flüchtlingstaufen zugenommen, sagt Bistumssprecher Harry Luck. Genaue Zahlen gebe es nicht, da bei Wiedereintritten und Aufnahmen nicht erfasst werde, welcher Religion der Mensch vorher angehörte. Wenn, wüsste das Dekanat vor Ort Bescheid. Regionaldekan Josef Zerndl hat vor etwa zehn Jahren zuletzt Iraner getauft.

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Hier geht's zum Internationalen Gottesdienst.

Diesen Leitfaden verwendet das katholische Bistum Bamberg im Umgang mit taufwilligen Flüchtlingen.

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