Flüchtling möchte Metzgerei-Lehre beginnen

Von Patrick Schroll
Der afghanische Flüchtling Zakir Tajik (18) lebt in einem Haus für betreutes Wohnen der Caritas in Michelfeld mit drei weiteren jugendlichen Flüchtlingen. Zakir hat bei der Michelfelder Metzgerei Humsberger drei Wochen als Fleischer Praktikum gemacht. Metzgermeister Christina Trenz und seine Frau Lorna May Hupfer waren von dem jungen Mann angetan. Sie wollen gemeinsam mit der Caritas versuchen, Zakir auf eine dreijährige Ausbildung zum Fleischer vorzubereiten. Foto:Patrick Schroll Foto: red

Drei Wochen hat er es ausprobiert. Ausgestattet mit Fleischermesser und Kittel schnupperte der 18-Jährige beim Michelfelder Metzgereibetrieb Humsberger in den Beruf des Fleischers hinein.Christian Trenz, Chef des Betriebs, schwärmt von seinem Praktikanten. Trenz will ihm nun eine dreijährige Ausbildung ermöglichen. Soweit eine gewöhnliche Geschichte. Doch der junge Praktikant Zakir Tajik ist Flüchtling aus Afghanistan.

 
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Gäbe es einen Hahn auf dem Hof von Christian Trenz, sein Krähen würde die Mitarbeiter begrüßen. Um fünf Uhr in der Früh startet der Fleischer in den Tag. „Einmal war es fünf nach fünf“, sagt Trenz in Begleitung eines nett gemeinten Grinsens. Auch Zakir Tajik lacht heute darüber. Ansonsten war Zakir immer pünktlich. Und: „Er hat nie auf die Uhr geschaut, auch wenn es mal länger dauerte“, sagt Lorna May-Hupfer. Ganz so, als hätte sie das Gefühl, sich vor Zakir stellen zu müssen.

Fleischalternative auf den Tisch

Vor die Vorurteile, die, noch bevor es Zakir selbst möglich ist, den Raum einnehmen.Nach den Anschlägen in Würzburg und Ansbach hatten alle Damen hinter der Theke in der Metzgerei ein bisschen Angst, gibt May-Hupfer zu. Doch dann betrat Zakir den Laden an der Michelfelder Hauptstraße zum ersten Mal. „Wir sind eines Besseren belehrt worden.“ Drei Wochen blickte der 18-jährige Afghane hinter die Kulissen des Metzgereibetriebs. Mit Schweinefleisch zu arbeiten, ist für den Muslim kein Problem. In der Pause gibt es eben die Fleischalternative auf den Tisch.

Helferjobs

In Deutschland hat Zakir nicht zum ersten Mal ein Tier geschlachtet. Erfahrungen sammelte er im Iran. In das Nachbarland floh er, als er gerade ein Teenager geworden war. Er hielt sich mit Helferjobs übers Wasser. Seine Fluchtgeschichte will er bei einem Treffen, das in der Küche der Metzgerei stattfindet, nicht erzählen. „Nach Deutschland geflüchtet“, verrät seine Caritas-Betreuerin Bürte Lidde, „ist er über die Balkanroute. Passau, Amberg, Hirschau und Auerbach sind Stationen, die den jungen Mann letztendlich in die Obhut von Lidde brachten. Zusammen mit drei weiteren unbegleiteten Flüchtlingen lebt der Afghane in Michelfeld in einer Unterkunft. Nachmittags sind Betreuer der Caritas vor Ort. „Ansonsten müssen sie sich selbst um ihr Essen kümmern und ihr Leben organisieren.“ Zakir kennt das seit Kindertagen nicht anders. Mit der Situation komme er daher gut zurecht. Noch ein halbes Jahr lernt Zakir in der Berufsschule Auerbach Deutsch. Ein Jahr ist ihm ein Platz in einer Klasse für Flüchtlinge gewiss. Noch bereitet ihm die neue Sprache Schwierigkeiten.

Praktische Fähigkeiten

Er versteht mehr als er sprechen kann. Anderen Geflohenen geht es ähnlich. „Viele müssen überhaupt erst einmal alphabetisiert werden“, so Lidde. Metzgermeister Christian Trenz lässt sich von Sprachbarrieren nicht abschrecken. Er zählt ganz auf die praktischen Fähigkeiten. „Die Rinder in Afghanistan werden nicht anders aussehen“, sagt er und wischt nebenbei unbemerkt oder bewusst ein weit verbreitetes Vorurteil vom Tisch.

Zakir ist ein Vorbild

Für Caritas-Betreuerin Lidde gleicht das freiwillige Praktikum einem Türöffner. Für sie ist eine Arbeit auf Probe weit mehr, als nur die hiesige Arbeitswelt kennenzulernen. „Zakir ist ein Vorbild für andere Flüchtlinge.“ Eine Chance sich zu integrieren, in der neuen Heimat Fuß zu fassen. „Er ist ein junger Kerl. Ihm eine Chance zu geben, versteht sich“, sagt Christian Trenz. Ein wenig mögen da auch seine Erfahrungen aus dem Ehrenamt eine Rolle spielen. Trenz ist im Vorstand der Feuerwehr im Ort, betreut die Fußballjungs der zweiten Mannschaft des ASV.

Vor zweieinhalb Jahren erst hat Trenz den Betrieb übernommen, dort das Handwerk von der Pike auf gelernt. Jugendliche für den Metzgerberuf zu finden, werde immer schwieriger. Für Zakir ist das Chance und Glück zugleich.Fest entschlossen will er nach der Berufsschule mit der dreijährigen Lehre bei der Metzgerei Humsberger starten. An der Verwirklichung dieses Traumes arbeiten Lorna May-Hupfer und Christian Trenz gerade.

Zusammen mit Bürte Lidde wollen sie einen Weg im Asyl-Paragrafendschungel finden. Noch steht eine Entscheidung zu Zakirs Asylantrag aus und damit, ob er bleiben darf oder nicht. Derzeit ist er geduldeter Gast. Der junge Afghane steht gerade an der Schwelle zu einem neuen Leben. Ob er sie übertreten wird, liegt nun auch in den Händen der Behörden. Nicht nur der Arbeitskraft wegen ist die Ausbildung für die Metzgerei wichtig. Lorna May-Hupfer spricht auch für ihren Mann wenn sie sagt: „Zakir ist uns sehr ans Herz gewachsen.“