Firmen suchen händeringend Mitarbeiter

Von Stefan Linß
Viele Jahre war es Glücksache, den passenden Job zu finden. Heute haben fast alle Branchen große Probleme, ihre Personallücken zu schließen. ⋌Foto: dpa Foto: red

„Händeringend“ ist das Wort der Stunde. Arbeitgeber suchen verzweifelt und trotzdem vergeblich nach Mitarbeitern. Rekorde meldet die Bundesagentur für Arbeit. Nie gab es auf dem Arbeitsmarkt in Bayern so viele offene Stellen. Und dieser positive Trend soll anhalten.

 
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Besonders positiv ist zahlreichen Arbeitgebern im Landkreis Kulmbach mit Blick auf den Bewerberengpass nicht zumute. In Handwerk, Industrie und Dienstleistungsgewerbe bleiben massenhaft Arbeitsplätze unbesetzt. Vor allem im Handel gibt es viele offene Jobs. Modegeschäfte, Kaufhäuser, Getränkemärkte und Drogerien suchen derzeit Aushilfen für Kasse und Verkauf. Auch für die Stelle als Bratwurstverkäuferin, früher in Kulmbach ein begehrter Beruf, interessiert sich fast niemanden mehr.

Konzern Action eröffnet Filiale

Die Situation im Handel dürfte sich noch verschärfen, wenn ein weiterer Konzern bald in Kulmbach seine Filiale eröffnet. Action ist nach eigener Aussage einer der am schnellsten wachsenden Non-Food-Discounter Europas. Das Unternehmen hat seine Wurzeln in den Niederlanden und will sich demnächst in Kulmbach niederlassen. Standort soll die Albert-Ruckdeschel-Straße 17 werden.

In dem schwarzen Würfel neben dem Lidl-Markt war früher eine Spielhalle untergebracht. Das Gebäude steht seit sechs Jahren leer. 2016 wollte die Modekette K&L Ruppert dort einziehen, doch das Vorhaben ist gescheitert. Stattdessen kommt nun der Action-Discounter und sucht Mitarbeiter. Derzeit liegen Stellenausschreibungen für einen Filialleiter und einen Filialleitungsassistenten vor. Sie sollen ein Team von 25 Mitarbeitern führen.

Offene Stellen in vielen Branchen

Neben den offenen Stellen im Handel bekommen Bewerber branchenübergreifend ganz breit gefächerte Angebote. Im Landkreis Kulmbach gibt es aktuell offene Stellen für männliche oder weibliche Müllsortierer, Hausmeister, Rohrschweißer, Maschinenführer, Immobilienmakler, wissenschaftliche Mitarbeiter, Parkraumüberwacher und Objektschützer, Bauwerksabdichter und Baustoffprüfer. Andere Arbeitgeber suchen derzeit Vertriebs- und Marketingmitarbeiter, Bürokaufleute, Einkäufer, Lageristen, E-Commerce-Leiter, Geschäftsführungsassistenten oder Projektleiter im Anlagenbau. Ganz deutlich ist der Fachkräftemangel im Bestattungsgewerbe zu spüren. „Wir haben massive Probleme“, sagt Michael Stübinger. Der Bestatter würde gerne Mitarbeiter einstellen. Er weiß, dass mögliche Bewerber von den unregelmäßigen Arbeitszeiten und dem Wochenend- und Bereitschaftsdienst abgeschreckt werden. Dafür sei der Beruf aber auch krisenfest und biete Sicherheit. „Man braucht viel Einfühlungsvermögen“, sagt Stübinger. Es sei auffällig, dass sich der Beruf des Bestatters von einer Männerdomäne zu einem Frauenberuf entwickle, obwohl auch schwere körperliche Arbeit zu verrichten ist. „Vielleicht liegt es daran, dass Frauen weniger Berührungsängste mit Verstorbenen haben“, mutmaßt er. Marina Vetterlein hat sich nach einem Praktikum vor elf Jahren bewusst für die Ausbildung entschieden und arbeitet heute als Bestattermeisterin. „Ich mache es sehr gerne. Der Beruf ist abwechslungsreich und ein besonderer Dienst am Menschen.“ Dass sich so wenige Kollegen finden, kann sich Marina Vetterlein nicht erklären.

Markt ist leer gefegt

Vor derselben Situation wie die Bestatter steht die Firma Schildertechnik Paschold GmbH. Der Hersteller von touristischen Hinweisschildern für Rad- und Wanderwege ist bundesweit mit seinen Montageteams unterwegs. Sehr gerne würde Torsten Paschold seinen Betrieb ausbauen. Es scheitert am Fachpersonal. Auch Helfer und Auszubildende sind extrem rar gesät. „Quer durch das Handwerk ist der Bewerbermarkt wie leer gefegt“, bestätigt Reinhard Bauer, der Geschäftsstellenleiter der Kreishandwerkerschaft Kulmbach. „Es ist kein einziger Beruf dabei, der nicht schmerzlich darüber klagt.“ Dachdecker berichten, dass sie früher 70 Bewerbungen erhalten hätten und heute keine einzige mehr. Besonders gebeutelt würden die Nahrungsmittelhandwerker und der Bau. Die Firmen bieten massenhaft freie Stellen für Azubis und ausgelernte Kräfte an.

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