Maßgeschneiderte Gamification-Anwendungen sind teuer
Um zu verhindern, dass sich der Spaß allzu schnell abnutz, dürften Entwickler nicht einfach ein Spiel über einen bestehenden Prozess stülpen. Stattdessen müsse das Spiel exakt auf den Arbeitsablauf oder Produktionsschritt zugeschnitten sein. So wie bei "Foldit", einem Spiel, das die University of Washington 2008 veröffentlicht hat und seitdem oft als Beleg für die Wirksamkeit von Gamification herangezogen wird. Ziel von "Foldit" ist es, ein virtuelles Protein möglichst gut zu falten, sodass ein Modell des Proteins im Zustand des Energieminimums entsteht. "Binnen drei Wochen haben die Spieler ein Problem gelöst, an dem die Forscher davor zehn Jahre gearbeitet haben", erzählt Koubek.
Gerade solche maßgeschneiderten Anwendungen sind jedoch teuer. Und noch ein Problem sehen Skeptiker wie Koubek: "Der beabsichtigte Motivationsschub kann auch ins Gegenteil umschlagen." Dann nämlich, wenn Mitarbeiter keine Lust auf das Spiel haben, wenn sie ständig verlieren oder sich von Ranglisten unter Druck gesetzt fühlen.
Angst vor dem Jobverlust statt Motivation
Gründlich schief ging etwa ein Experiment, das die Effizienz des Reinigungspersonals eines Hotel steigern sollte: Auf einem Bildschirm im Aufenthaltsraum konnten alle sehen, wer am schnellsten arbeitet. Statt Spaß am Wettbewerb aber hatten die Putzkräfte nur eines: Angst, ihren Job zu verlieren, wenn sie langsamer sauber machten als ihre Kollegen.
Deshalb dürfe kein Mitarbeiter zum Spielspaß am Arbeitsplatz gezwungen werden, sind sich Koubek und Steinbeißer einig. Auch bei "Hans im Glück" entscheiden die Mitarbeiter selbst. Um Konkurrenzdruck vorzubeugen sind in Steinbeißers Anwendung nur die Teammissionen für alle sichtbar. Wie viel Kaffee er verkauft und ob er sich damit besser schlägt als die Kollegen kann nur der Mitarbeiter selbst sehen. "Ob er darüber mit den Kollegen spricht, sie herausfordert, oder nicht, ist jedem selbst überlassen", betont Steinbeißer.
Das bedeutet Gamification:
Unter Gamification versteht man den Einsatz spielerischer Elemente in einem Kontext, der normalerweise nicht als spielerisch wahrgenommen wird, wie Schule, Ausbildung und Arbeit. Dahinter steht die Hoffnung, Menschen durch das Spielen zu Arbeiten motivieren zu können, die ihnen mühevoll erscheinen. Gerade Arbeitsschritte, die sich ständig wiederholen und daher langweilig sind, wie etwa am Fließband, sollen aufgewertet werden.
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