Firmen kritisieren Digital-Förderstopp

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Der „Digitalbonus.Bayern“ ist eine Erfolgsgeschichte. Die Nachfrage nach dem Förderprogramm des bayerischen Wirtschaftsministeriums für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) übertrifft alle Erwartungen. Sie ist so groß, dass die für das Jahr 2017 zur Verfügung stehenden Gelder bereits ausgeschöpft sind. Neue Anträge können erst wieder ab Januar 2018 gestellt werden, bestätigt das Ministerium.

 
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Dass der „Digitalbonus“ so hohe Akzeptanz findet, wundert Reinhard Ehrlich, Mitglied der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Coburg, nicht. Die Digitalisierung der Wirtschaft habe komplexer werdende Betriebsabläufe zur Folge und werfe zunehmende Sicherheitsrisiken auf. Deshalb, so Ehrlich, wollten viele kleine und mittlere Unternehmen die Sicherheit der Informations- und Kommunikationstechnologie, die sie einsetzen, verbessern oder Anwendungen in komplexer Systemtechnik und Software erneuern. Dafür wurden bis Mai bayernweit beim Wirtschaftsministerium rund 1700 Anträge auf Gewährung des „Digital.Bonus“ gestellt, in Oberfranken weit über 200. 

Die Coburger IHK spricht von einem „enorm wichtigen Förderprogramm“. Es trage „in hohem Maße dazu bei, kleine und mittelgroße Unternehmen in Bayern zukunftsfest in den Bereichen Digitalisierung und IT-Sicherheit zu machen“, betont die Kammer.

Inakzeptable Situation

Das unterstreicht die Industrie- und Handelskammer für Oberfranken in Bayreuth. Der Coburger Reinhard Ehrlich ergänzt, der „Digitalbonus“ helfe insbesondere kleineren Unternehmen, die Investitionen in die Verbesserung und Erneuerung ihrer IT überhaupt erst stemmen zu können, um damit Produkte, Produktionsprozesse, Dienstleistungen und Sicherheit zu optimieren. Doch seit Anfang Mai weist das Wirtschaftsministerium Förderanträge zurück. Die 2017 für das Programm zur Verfügung stehende Summe von 20 Millionen Euro sei ausgeschöpft.

Das kritisiert die IHK zu Coburg mit ungewöhnlich deutlichen Worten. Für ihre Mitgliedsunternehmen führe der überraschende Aufnahmestopp der Förderanträge für das Jahr 2017 „zu einer inakzeptablen Situation“. Zahlreiche Unternehmen, „bei denen wir den ,Digitalbonus.Bayern’ intensiv beworben haben, haben inzwischen aufwendige Vorarbeiten geleistet, Angebote eingeholt und Anträge inhaltlich vorbereitet“, schreibt IHK-Hauptgeschäftsführer Siegmar Schnabel an Ministerialrat Dietrich Schirm im Wirtschaftsministerium.

So seien zum Teil bereits erhebliche Kosten entstanden, die Förderung aber heuer nicht mehr möglich. Dadurch sei die Umsetzung „dringender Projekte stark gefährdet“. Und: „Die hohe Dynamik der Digitalisierung erfordert sehr schnelle Reaktionszeiten und erlaubt in den meisten Fällen auch keinen Aufschub von IT-Projekten bis in das Jahr 2018.“

Pragmatische Zwischenlösung

Die IHK Coburg fordert deshalb „der unterbrechungsfreien Weiterführung des ,Digital.Bonus’ höchste Priorität einzuräumen“. Eine „pragmatische Zwischenlösung“ könnte darin bestehen, dass diejenigen Unternehmen, die die Planungen für einen Antrag bis zur Entscheidungsreife vorangetrieben haben, noch 2017 einen Antrag stellen können, die Abrechnung des Projekts aber erst im Jahr 2018 erfolgt.

Wie wichtig ein Schwenk des Wirtschaftsministeriums beim „Digitalbonus.Bayern“ wäre, erläutert Reinhard Ehrlich. Das Unternehmen des Diplom-Ingenieurs für Elektrotechnik, eine EDV-Beratung, nutze die Chancen des Förderprogramms, „um bei unseren Kunden konsequent für eine verbesserte Infrastruktur an Server- und Sicherheitstechnik zu werben und mit Software Arbeitsabläufe weiter zu digitalisieren“. Diese Projekte seien mit der Auflegung des Förderprogramms „Digitalbonus.Bayern“ Ende 2016 „verstärkt und zahlreich nachgefragt worden“.

Seit die IHK, die Handwerkskammer sowie kommunale Wirtschaftsförderer im Februar in die Werbung für das Programm eingestiegen sind, sei die Nachfrage nochmals gestiegen. Projekte, die förderwürdig sind, seien für die Unternehmen von großer Bedeutung, könnten jedoch nicht von heute auf morgen vorbereitet und umgesetzt werden. „Monatelange Vorarbeiten und zeitaufwendige Angebotsstellungen sind notwendig“, erläutert Reinhard Ehrlich.

Verärgerung nachvollziehbar

Daher sei die Verärgerung bei Kunden und Anbietern großer Systemlösungen „groß und nachvollziehbar, wenn wir nach zwei Monaten intensiver Arbeit abrupt durch den Fördergeber (das Wirtschaftsministerium, Anmerkung der Redaktion) ausgebremst und für die Antragstellung auf das nächste Jahr vertröstet werden“, kritisiert der EDV-Fachmann. Die bayerische Staatsregierung „lässt an dieser Stelle jegliche Form von gebotenem Pragmatismus vermissen“.

Eine Sprecherin des bayerischen Wirtschaftsministeriums sagte unserer Zeitung, „wir setzen das erfolgreiche Programm ,Digital.Bonus’ 2018 mit aufgestockten Mitteln fort“. Dazu sei allerdings ein Nachtragshaushalt nötig, den der Landtag beschließen müsse. Solange dies nicht geschehe, könne der Betrag, der zusätzlich in den „Digital.Bonus“ fließe, nicht beziffert werden.

Zur Kritik und zu den Vorschlägen der Industrie- und Handelskammer zu Coburg sowie der IHK für Oberfranken Bayreuth äußerte sich die Ministeriumssprecherin nicht.

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