Filmprojekt zum Thema Rassismus

Von Gerd Emich
Die erfahrene Bühnen- und Filmschauspielerin Eva Christian ist voll des Lobes für den Nachwuchs, ihren jungen Kollegen Noah und Regisseur Leon Fuchs, der das Filmprojekt leitet. Foto: Gerd Emich Foto: red

Drei Tage lang verwandelte sich jüngst ein Anwesen in Lanzendorf zum Filmstudio. Leon Fuchs nutzte sein Elternhaus für die Dreharbeiten zu dem Kurzfilm „Das offene Fenster“. Die beschauliche Lage am Mainufer bot dem Mediendesign-Studenten und seinem Team an Technikern und Schauspielern gute Voraussetzungen für ein ungestörtes Arbeiten. Heraus kam ein Kurzfilm zum Thema Rassismus und Toleranz, den Fuchs auf Festivals zeigen will.

 
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Der Lanzendorfer studiert an der Ostfalia-Hochschule im niedersächsischen Salzgitter Mediendesign und steht derzeit im fünften Semester. „Ich habe mich auf Film spezialisiert und ,Das offene Fenster’ ist mein erstes größeres Projekt“, erläutert der 21-Jährige am Rande der Dreharbeiten. Vom Exposé über das Drehbuch und die Regie bis zur Montage des auf zirka zwanzig Minuten angelegten Werks liegt alles in seiner Hand.

Mit Eva Christian eine erfahrene Film- und Fernsehakteurin gewonnen

Bei dem Zwei-Personen-Stück handelt es sich um eine sogenannte „No-Budget“-Produktion, wie es im Filmgeschäft bei Einsteigern in die Branche üblich ist. Das heißt, es gibt kein Studio und keinen Sender, die sich an den Kosten beteiligen. „Die Ostfalia-Hochschule stellt allerdings die teure Filmausrüstung zur Verfügung“, berichtet Leon Fuchs. Die Arbeit des Teams aus Kameramann, Assistent, Tontechniker und Beleuchter übernehmen Studienkollegen aus Salzgitter. Und viele andere hilfreiche Hände rekrutierte der Lanzendorfer aus seinem persönlichen Freundeskreis in der Region.

Im Zentrum stehen aber natürlich die beiden Schauspieler. Und da ist Leon Fuchs besonders stolz darauf, neben dem jungen Noah mit der Münchenerin Eva Christian eine erfahrene Film- und Fernsehakteurin gewonnen zu haben. Ohne, dass er für ihre Arbeit Honorar zahlen muss.

Den Rassismus besiegen und Frieden kriegen

Die Story rund um „das offene Fenster“ ist relativ einfach konstruiert, aber von tiefem humanistischen Engagement geprägt. Oder – wie es der Autor selbst beschreibt: Den Rassismus besiegen und Frieden kriegen. Rentnerin Berta ist gerade Witwe geworden und droht, in der Einsamkeit zu versinken. Den Kontakt zu ihrem Sohn hat sie bereits vor längerer Zeit abgebrochen – wegen dessen dunkelhäutiger Freundin.

Auch dem ebenfalls farbigen Nachbarsjungen Tobi begegnet die Seniorin zunächst ablehnend. Schließlich freundet sich die begeisterte Köchin aber mit dem neugierigen und fröhlichen Jungen an, der ihr am Ende sogar dabei helfen kann, ihren „verlorenen Sohn“ wiederzugewinnen.

Ein halbes Jahr Arbeit für das Drehbuch

„Es ist eine Gesellschaftsstudie, verpackt in einem Kurzspielfilm, die eine mögliche Entwicklung hin zu einem modernen Weltverständnis behandelt“, beschreibt Autor Leon Fuchs das Stück. Gut ein halbes Jahr habe er am Drehbuch gearbeitet. Ihre Dialoge bekamen die beiden Schauspieler Ende August.

„Es war schon recht viel zu lesen, aber ich lerne schnell“, erzählt Noah, der den Tobi spielt. Für den 13-Jährigen, der mit seiner Familie in Rheinhessen lebt, ist es erst die dritte Rolle in seinem jungen Schauspielerleben. Während der Drehpausen findet er in Eva Christian bei den Proben aber eine perfekte Lehrerin. Und die 80-Jährige wird auch schnell zur innigen Freundin und Fan. „Der Junge ist toll“, lobt die bühnen- und filmerfahrene Wahl-Münchenerin ihren neuen Kollegen.

Zusammenarbeit "mit so tollen jungen Menschen"

Auch von Regisseur Leon Fuchs und seinem Team ist Eva Christian begeistert: „Die werden sicher Karriere machen. Als ich über meine Künstleragentur das Angebot bekam, habe ich gesagt: Ich gehe in dieses Abenteuer. Wann haben wir etablierte Schauspieler denn sonst Gelegenheit, mit so tollen jungen Menschen zusammenzuarbeiten?“

Für die in Berlin geborene Schauspielerin hat die Film- und Theaterkarriere bereits vor sechzig Jahren begonnen. Nach dem Studium in Bukarest stand sie zum Beispiel bei so renommierten Adressen wie der Volksbühne und den staatlichen Schauspielbühnen in Berlin sowie den Münchner Kammerspielen unter Vertrag, hat mit berühmten Regisseuren wie Fritz Kortner, Alfred Vohrer und Doris Dörrie zusammengearbeitet.

Improvisiert wird nicht

Den Fernsehzuschauern ist Eva Christian auch durch Auftritte in mehreren Tatorten, den Krimi-Serien „Derrick“, „Der Alte“ und „Der Fahnder“ bekannt. In jüngerer Zeit hat sie unter anderem Rollen in den „Rosenheimcops“ und „Aktenzeichen XY“ übernommen. Wie zahlreiche Kollegen will auch sie dem Filmnachwuchs eine Chance geben und verzichtet auf ein Honorar für ihr Engagement, sofern der Terminkalender dafür Raum lässt.

„Eva bringt ihre ganze Erfahrung aus einem langen Schauspielerleben in unsere Produktion ein“, zeigt Leon Fuchs Respekt vor seiner Hauptdarstellerin. Aber als Regisseur ist der 21-Jährige natürlich der Chef: Improvisiert wird nicht. Alles muss perfekt aussehen. Und dann wird eine Szene eben trotz Zeitnot vielleicht auch mal zum 15. Mal neu aufgenommen.

Hoffen auf die Hofer Filmtage

„Ich werde natürlich versuchen, den Film nicht nur an der Hochschule, sondern auch bei Festivals zeigen zu können“, blickt der Lanzendorfer bereits nach vorne. Die Hofer Filmtage bieten ja beispielsweise immer jungen Regisseuren eine Bühne für ihre Arbeiten.

Einige TV-Anstalten stellen hier und da ebenfalls Kurzfilme von Newcomern ins Programm, wenn auch meist in Spartensendern und zu mitternächtlicher Stunde. Und mit den Themen Rassismus, Ausgrenzung und Toleranz hat Leon Fuchs sicher den Nerv der Zeit getroffen.

Mediendesign an der Ostfalia-Hochschule

Infokasten Die „Ostfalia“-Hochschule für angewandte Wissenschaften hat in Niedersachsen vier Standorte mit rund 13000 Studenten. In Salzgitter bietet sie einen sechssemestrigen Bachelor-Studiengang „Mediendesign“ an. Zugelassen werden dafür nur Bewerber mit „besonderer künstlerischer Begabung“, die anhand von Arbeitsproben und in einem Testverfahren beurteilt wird. Im Rahmen des Studiums kann man sich in verschiedenen Fachrichtungen für den späteren Einsatz bei Medien- und Werbeagenturen, in der Kreativwirtschaft, im Film- und Fernsehsektor, bei Verlagen sowie in den Branchen Public-Relations und Marketing spezialisieren.

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