Stein des Anstoßes: ein Brief der Festspielleitung. In diesem teilen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier den betroffenen Mitwirkenden mit, dass sie in der nächsten Saison nicht mehr engagiert werden, weil sie dann das 65. Lebensjahr vollendet haben werden.

Empfänger dieses Briefs: rund 20 Kolleginnen und Kollegen aus Festspielchor, Festspielorchester, Technik, Kostüm und Maske; wie der Kurier erfuhr, auch der Leiter des Festspielchorbüros, der Herrenankleider Alfie Ordnung und der Inspizient Roger Haugland, der seit 34 Jahren in Bayreuth tätig ist. Noch in dieser Saison sagte Haugland in einem Podcast der Festspiele: „Man kommt nach 40 Wochen oder nach 42 wieder im Festspielhaus an und hat das Gefühl, als ob man nur zwei Tage weg war. Es ist eigenartig. Und schön.“

Der Brief, offenbar knapp und nüchtern gehalten, traf einige Empfänger überraschend und unvorbereitet.

Bislang, sagt Heinz-Dieter Sense, geschäftsführender Direktor der Festspiele, sei die Beachtung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf dem Grünen Hügel nicht einheitlich geregelt gewesen. In einer Sitzung am 22. August habe sich die Festspielleitung mit der Personalkommission und dem Betriebsrat verständigt, das zu ändern. „Es ist schon mehrfach diskutiert worden, eine allgemeine und vor allem auch gerechte Lösung zu finden“, sagte Sense dem Kurier. „Wir können das ja nicht von Fall zu Fall entscheiden.“ Die als gerecht erachtete Lösung besagt nun: Wer zu Beginn einer Saison das 65. Lebensjahr vollendet, scheidet aus.

Im Ensemble sorgte diese Regelung – die in den letzten Tagen der diesjährigen Saison erstmals vollzogen wurde – für Unmut. Auch deshalb, weil viele Betroffene die fraglichen Briefe kurz vor der Abreise, zwei Tage vor Saisonende, erhalten hätten. „Beschämend und menschenverachtend“ sei es, dass die Festspielleitung langjährige Mitwirkende auf diese Art abserviere, heißt es aus dem Festspielhaus. Zumal die Festspiele für viele Mitwirkende eine echte Herzenssache seien.

Wie der Kurier erfuhr, bat der Sprecher der Solisten, der Bassist Martin Snell, aus diesem Grund um einen Termin bei Festspielleiterin Eva Wagner-Pasquier, in dem er das Vorgehen der Intendantinnen kritisierte. Wagner-Pasquier habe dies als persönliche Kritik aufgefasst und das Gespräch, das am Tag der „Lohengrin“-Aufführung am Montag stattfand, beendet, heißt es aus dem Festspielhaus.

Nach der „Tannhäuser“-Vorstellung am Mittwoch, mit der die diesjährigen Festspiele zu Ende gingen, wurde Snell, der im „Tannhäuser“ die Partie des Reinmar von Zweter singt, im Betriebsbüro der Festspiele gleichfalls für die nächste Saison ausgeladen.

Ein Zusammenhang mit der Aussprache bei ihrer Schwester bestehe nicht, sagte Festspielleiterin Katharina Wagner dem Kurier auf Nachfrage. „Ich war bei diesem Gespräch aber nicht dabei.“ Wagner und Sense betonten hingegen, der Brief sei gar nicht die einzige Geste der Festspiele gewesen, um die Mitarbeiter zu verabschieden. „Es gab ein gemeinsames Frühstück am Tag der „Götterdämmerung“, bei dem wir die Kolleginnen und Kollegen verabschiedet und ihnen gedankt haben“, so Wagner. Jeder habe zudem einen von den Leiterinnen signierten Festspielkalender für 2014 bekommen.

Foto: Kolb