Festspiele: Thielemann unter Druck

Von Michael Weiser

Als Musikdirektor rückt Christian Thielemann ins Führungsteam der Festspiele. In Zeiten harten Konkurrenzkampfes mit München und anderen Festivals heißt das: Mehr Einfluss. Und zugleich viel mehr Druck. 

 
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Rein äußerlich betrachtet hat sich fast nichts geändert. Ein kleines blaues Schild hängt nun an einer Wand, es reserviert direkt am Festspielhaus einen Parkplatz für Musikdirektor C. Thielemann. Vorher war er musikalischer Berater, jetzt ist er eben offen sichtbar Musikdirektor. Was soll’s?

Eine ganze Menge. Christian Thielemann, so heißt es, sei nunmehr für den Klang der Festspiele verantwortlich, dafür, welche Wirkung Orchester und Chor zusammen mit den Solisten entfalten. Thielemann als einer der herausragenden Wagner-Dirigenten der Gegenwart soll an entscheidender Stelle dazu beitragen, dass Bayreuth einer der herausragenden Wagner-Orte bleibt.

Tritt Thielemann damit einfach die Nachfolge von Eva Wagner-Pasquier an, die als Festspielleiterin für die künstlerische Besetzung zuständig war und deren Vertrag am 31. August ausläuft? So ganz wohl eher nicht. Was die Auswahl der Sänger angeht, soll Thielemann weiterhin lediglich beraten. Das letzte Wort aber hat die Geschäftsführung – was in diesem Falle bedeutet: Katharina Wagner.

Berater oder Direktor – was soll’s? Das Gros der Bayreuth-Beobachter, Verehrer wie Neider, wird für solche Unterschiede kein Interesse aufbringen. Christian Thielemann hat nicht nur sichtbar einen privilegierten Parkplatz erhalten, sondern auch eine noch stärker exponierte Stellung. Wo Thielemann draufsteht, muss Thielemann drin sein. Wenn Sänger scheitern, wird die Kritik auch auf Thielemann einprasseln. Eine heftige Herausforderung bei dieser Konkurrenz. Auch in München gibt es Festspiele, immer kurz vor Bayreuth, und mit herausragender Besetzung. Die Stahlkraft Münchens ist noch gewachsen, seit Petrenko dort Generalmusikdirektor ist. Und als solcher auch dort den „Ring“ dirigiert. Thielemann wird zu tun haben, sich gegen diesen Sog zu stemmen.

Am 25. Juli dirigiert Christian Thielemann das Orchester auf dem Grünen Hügel, bei der Eröffnungspremiere mit Katharina Wagners Inszenierung von „Tristan und Isolde“. Es geht, mal wieder, um die Zukunft der letzten deutschen Dynastie. Und mit der ist Christian Thielemann nun noch enger verbunden.