Festspiele: Rheingold glänzt nicht richtig

Von Florian Zinnecker

Im vierten Jahr mag „Das Rheingold“ bei den Bayreuther Festspielen nicht recht glänzen: die Sänger enttäuschen, die Inszenierung ist unpräzise, die Musik ist ein Kapitel für sich - ist der „Ring“-Vorabend 2016 vielleicht einfach nicht fertig geworden?

 
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Der „Ring“ beginnt dieses Jahr wieder bei Null. Das merkt man gleich in den ersten Takten: Der Rhein fließt ab jetzt in einem begradigten Bett. Die Stromschnellen und Untiefen der vergangenen  Jahre sind beseitigt – es ist zu früh, um zu sagen, wie schade es darum ist. Schon bevor sich der Vorhang öffnet, bekommt die Inszenierung dadurch eine ganz neue Farbe und Temperatur, die Ablösung Kirill Pentrenkos durch Marek Janowski am Pult des Festspielorchesters ändert das Stück stärker, als es Regisseur Frank Castorf jetzt, im vierten Jahr der Produktion, unter den von ihm oft beklagten Probenbedingungen, noch wollen könnte. Unter Petrenko war das „Rheingold“ ein Actionfilm, unter Janowski ist es ein Sonntagabendkrimi: immer noch spannend, aber man ahnt schon, was kommt und wie es ausgeht.

Keine optische Veränderung

Foto: Bayreuther Festspiele GmbH

Rein optisch hat sich „Das Rheingold“ bei den Bayreuther Festspielen 2016 nicht verändert. Die Idee der Inszenierung ist seit 2013 gleich,- der „Ring“ als Reise auf den Spuren des Öls, beginnend in einem Motel an der Route 66 als Frank Castorfs eingestandenem DDR-Traum von Freiheit. Die Figuren sind Gefangene ihrer eigenen Langeweile, sagen das eine und tun etwas völlig anderes, der Kampf um den Ring ist eher ein Geplänkel. Aber das ist Absicht. Und natürlich bleibt es auch dabei, dass dje Handlung nicht nacherzählt wird, sondern als eine Möglichkeit unter mehreren angeboten - ein Ansatz, der manchmal nervt und natürlich für jedes Stück anwendbar ist, also auch für dieses, und das Ergebnis ist - wenigstens an diesem Abend - schlüssig und unterhaltsam.

Fünf Wochen Zeit hatte das Leitungsteam, die Inszenierung mit weitgehend neuer Besetzung einzuproben, kein Wunder, dass von der bewundernswerten schauspielerischen Präzision der ersten Jahre kaum mehr etwas übrig ist. 

Produktion hatte schon bessere Tage

Was die Musik und auch die Stimmen betrifft, hatte die Produktion schon bessere Tage. Seit vergangener Spielzeit gab es zwölf Umbesetzungen, zehn Partien sind komplett neu besetzt, Markus Eiche als Donner und Günter Groissböck als Fasolt kehren zurück. Allein Nadine Weissmann als Erda, Albert Dohmen als Alberich und Mime Andreas Conrad sind noch da. Neu im „Ring“-Ensemble: Ian Paterson als Wotan, Sarah Connolly als Fricka, Roberto Saccà als Loge, Karl-Heinz Lehner als Fafner, sowie die Rheintöchter Alexandra Steiner, Stephanie Houtzeel und Wiebke Lehmkuhl.

Über die Auslöser für die beinahe Komplettauswechslung des Ensembles ist viel spekuliert worden; falls zu den Gründen auch die Hoffnung auf bessere Stimmen gezählt haben sollte, muss der Versuch wohl als gescheitert gelten, zumindest für diesen Abend. Paterson zeigt als Wotan leider wenig Durchschlagskraft, auch Alberich Albert Dohmen kämpft mit den Tücken der Partie. Vielleicht sind die weitreichenden Intonations- und Präzisionsprobleme aber auch der Schwüle geschuldet - die an diesem Abend schon das Zuhören zu einem Kraftakt macht.

Ungehörte Töne

Dazu kommt, dass Janowski und die Bayreuther Akustik noch keine wirklichen Freunde geworden sind, viele Einsätze hängen in der Luft, ein paar Töne bleiben auch einfach ungehört.

Foto: Bayreuther Festspiele GmbH

Ohnehin war der Abend ja ein besonderer für Janowski – der spätestens seit seiner „Ring“-Einspielung mit der Dresdner Staatskapelle in den 70ern als einer der großen Wagner-Interpreten gilt, kehrte später dem Opernbetrieb den Rücken, aus herzlicher Abneigung gegen das Regietheater. Oper mit ihm gab es von nun an nur noch konzertant. Und nun kehrt er doch noch einmal zurück, für ein spätes Bayreuth-Debüt, ausgerechnet bei Castorf, dessen Lesart ja nun wirklich nicht die werktreueste von allen ist.

 

Zwei sehr gelungene Momente

Und so sind ausgerechnet Günter Groissböcks Erzählung als Fasolt, wie mühsam es war, die Burg Walhall zu errichten, und Nadine Weissmanns Prophezeiung als Erda vom nahenden Ende der Götter die beinahe einzigen Momente des Abends, die musikalisch und darstellerisch wirklich souverän gelingen. Passt ja, leider, ganz gut.

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