Fehlersuche im Problemfeld Schule

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Martin Güll (SPD), Vorsitzender des Bildungsausschusses im Landtag, der Bayreuther Abgeordnete Christoph Rabenstein und Stadtrat Thomas Bauske (von rechts) haben am Montag genau hingehört, wo in der oberfränkischen Bildungslandschaft der Schuh drückt. Es sind viele Stellen. Foto: Eric Waha Foto: red

Wo drückt der Schuh in den Schulen? Antworten auf diese Frage erhofft sich aktuell die bayerische SPD. Zehn Schulkonferenzen wird es geben in ganz Bayern. Die dritte hat am Montag in Bayreuth stattgefunden. Der Dachauer Landtagsabgeordnete Martin Güll und Christoph Rabenstein (Bayreuth) haben zwei Stunden Erfahrungen aus der Praxis gehört. Überwiegend keine guten.

 
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Ähnlich wie der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle aktuell durch den Freistaat zieht, um in den Regierungsbezirken die Hand am Puls der Schulen zu haben, tut das auch die SPD: "Wir haben in Würzburg angefangen, waren danach in München und sind jetzt in Bayreuth. Zehn Schulkonferenzen wird es geben", sagt Güll, Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Kultus und bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, am Montag im Gespräch mit unserer Zeitung. "Wir wollen wissen, was los ist in der Schule."

Betroffene aus allen Schularten

Lehrer, Schulleiter, Eltern, Elternbeiräte, "leider keine Schüler", sagt Güll, waren zu dem Termin in Bayreuth in der SPD-Geschäftsstelle gekommen. Rund 30 "aus Oberfranken, aus allen Schularten. Wir wollen die breite Mischung, den Austausch zwischen den Schularten". Das Ergebnis, nach Themen geordnet, kann für die Bildungspolitiker keine Überraschung sein. Eher Bestätigung, denn: Das Dauerbrenner-Thema hat sich nach dem Bericht aus der Praxis nicht verbessert. "Wenn man fragt, ob die Lehrerstunden ausreichend sind, bekommt man die Aussage: Es ist auf Kante genäht." Man könne, sagt Güll, schulartübergreifend gerade den Pflichtunterricht abdecken.

Wenn Lehrer auf Fortbildung sind, fängt das Problem schon an

"Aber schon wenn Lehrer auf Fortbildung sind oder wenn Schulfahrten angesagt sind, müssen die Schulen zu teilweise originellen Lösungen greifen." Beispielsweise Klassen zusammenlegen. Mobile Reserven? Gibt es, sagt Güll. "Die sind aber in den normalen Schuldienst eingeplant", sagt Christoph Rabenstein. Die mobile Reserve könne nicht als Springer eingesetzt werden. An manchen Schulen, wie etwa am Graf-Münster-Gymnasium (GMG) in Bayreuth, müssten sogar Lehrer - wie der ehemalige Schulleiter Kurt Leibold - aus dem Ruhestand zurückgeholt werden, weil Lehrer ausfallen, sagt Thomas Bauske, Lehrer und SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat.

Gerade für den ländlichen Raum wird es ein Problem

Gerade für kleine Schulen im ländlichen Raum, und hier speziell bei den Grund- und Mittelschulen, ein Problem: Die Art der Zuteilung der Lehrer. "Die ist an der Zahl der Schüler orientiert. Das ist, haben wir heute gehört, einfach nicht mehr zeitgemäß. Vor allem an den kleinen Grundschulen wird es eng", sagt Güll. Es müsse eine Zuteilung nach Klassen geben, oder eine gemischte Form.

Inklusion? Geht nur mit ausreichend Personal

Was zum Thema Lehrer-Ausstattung gehört: die Inklusion. Auch hier hätten schulartübergreifend alle gesagt, dass "das allgemeinbildende Schulen nur dann stemmen können, wenn ausreichend Personal da ist. Und dass man Personal braucht, das weiß, wie Inklusion funktioniert". Es brauche, sagt Bauske, "eine Art Obergrenze der Klassengröße nach Grad der Behinderung. Denn das System Klasse muss ja funktionieren."

Computerausstattung darf nicht von der Finanzkraft der Kommune abhängen

Eine klare Forderung wollen die SPD-Abgeordneten an den Freistaat formulieren, was die Digitalisierung betrifft: "Es kann nicht sein, dass Schulen nach der Finanzkraft der Kommune ausgestattet werden. Der Staat hat für gleiche Verhältnisse zu sorgen. Das haben wir als Hausaufgabe mitbekommen", sagt Güll. Zudem haben Lehrer die Forderung nach Entlastung dahingehend formuliert, dass "der Staat IT-Fachleute einsetzen muss", um die Systeme an den Schulen und die rechner zu betreuen. Das, sagt Rabenstein, könne nicht Aufgabe von Lehrern sein. "Pädagogen sind keine Programmierer. Sie sind nicht in der Lage, die verpfuschten Programme zu betreuen. Noch dazu in der Freizeit." Denn mit den "zwei, drei Ausgleichsstunden ist es nicht getan", sagt Bauske. An dieses Thema müsse "der Freistaat ran, das ist auch nicht Sache des Sachaufwandsträgers". Man könne sich vorstellen, "mit drei Stellen pro Landkreis zu beginnen", schlägt Güll vor.

ASV - läuft überall schlecht

Nicht zuletzt wegen der Schulsoftware ASV, die "an den realschulen und Gymnasien etwas besser läuft, weil man sie dort schon lange eingeführt hat. An den grund- und Mittelschulen ist es ganz schlimm. Und an den Förderschulen passt das Programm gar nicht", sagt Güll. "Man hat nicht nur dort tausende Stunden Zeit sinnlos verbrannt".

Schulleiter brauchen mehr Zeit - und mehr Verwaltungsangestellte

Mehr Zeit ist ein Stichwort, das Schulleiter kleinerer Schulen brauchen: mehr Leitungszeit. "Die Zuteilung der Verwaltungsangestellten lässt zu wünschen übrig", sagt Güll. "Die Aufgaben haben enorm zugenommen", sagt Rabenstein. "Sowohl für Verwaltungsangestellte als auch für Rektoren. Durch Schülerbeförderung, die organisiert werden muss, durch den Ganztagsbetrieb, Nachmittagsbetreuung. Es werden aber nicht ausreichend Leute zur Verfügung gestellt, um die Schulleiter zu entlasten." Es sei, sagt Güll, "kein Wunder, dass keiner mehr Rektor machen will. In Unterfranken, beispielsweise, sind 60 Stellen offen".

Klausurtagung am Schluss - und dann Initiativen

Die Politiker werden die Probleme und die Kritik, die sie in den zehn Schulkonferenzen sammeln, in einer Klausurtagung bündeln. "Anschließend werden wir parlamentarische Initiativen erarbeiten, die noch in dieser Legislatur eingebracht werden", sagt Güll.

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