Fassungslosigkeit nach Babyleichen-Fund

 Foto: red

Blumen, Kerzen und kleine Porzellan-Engel haben Menschen an dem Haus abgestellt, in dem sich möglicherweise über Jahre hinweg grausige Verbrechen abgespielt haben. Nach dem Fund von mindestens acht Babyleichen herrschen Trauer und Fassungslosigkeit in dem Städtchen Wallenfels.

 
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Nur auf den ersten Blick ist es ein ganz normaler Samstag im Städtchen Wallenfels in Oberfranken. Die Menschen erledigen beim Bäcker, beim Metzger oder im Supermarkt ihre Wochenendeinkäufe. In den Höfen mancher Anwesen wird Holz für den bevorstehenden Winter gespalten und gesägt. Auf der Fensterbank eines Hauses im Ortskern jedoch brennen Kerzen. Blumen sind dort platziert sowie Plüschtiere und kleine Engel aus Porzellan. Es sind kleine Zeichen der Trauer für eine große Tragödie, die sich hinter den Mauern des Hauses abgespielt hat - über Jahre hinweg. Die Polizei hat hier mindestens acht Babyleichen gefunden.

Die mutmaßliche Mutter ist am Freitagabend gefasst worden - etwa 24 Stunden, nachdem der Einsatz in ihrem früheren Wohnhaus begonnen hat. Sie ist vor ein paar Wochen ausgezogen. Für die Polizei gilt sie als tatverdächtig.

«Das ist immer noch nicht zu fassen», sagt eine ältere Frau, schüttelt den Kopf und eilt schnell weiter. Leichter Regen fällt, es weht ein kalter Wind. Genau dieser Fassungslosigkeit, dem Entsetzen, der Trauer, aber auch der Wut der Menschen will die Kirche einen Raum geben. In der katholischen Kirche St. Thomas ist eine Wand aufgestellt worden. Die Menschen können hier Zettel hinhängen, auf die sie ihre Fragen schreiben können, aber auch ihre Gebete, ihre Gefühle. «Jeder kann hier seine Gedanken zum Ausdruck bringen», sagt Pater Jan Poja, der katholische Pfarrer des Ortes.

Bürgermeister Jens Korn (CSU) hat sich mit der katholischen und der evangelischen Gemeinde am Freitagabend noch abgestimmt. «Die Kirchen spielen bei uns noch eine wichtige Rolle», sagt er. «Man muss den Menschen Raum für ihre Trauer geben.» Pater Poja will in den Gottesdiensten am Wochenende für die Kinder beten, aber auch für die gesamte Familie: «Die toten Babys haben ja auch Geschwister.» Er weiß auch, dass die Wut groß werden könnte angesichts dieser Verbrechen. Aber die Kirche urteile nicht, sagt er.

Es gibt noch viele offene Fragen. Gerüchte wabern weiter durch den Ort über die mutmaßliche Trennung des Paares, das jahrelang gemeinsam in dem Haus gelebt hatte - mit gemeinsamen Kindern und mit Kindern aus früheren Beziehungen. Die Polizei bestätigt lediglich, dass die tatverdächtige Frau vor einigen Wochen ausgezogen ist. Die Ermittler sind inzwischen abgezogen. In Wallenfels bleibt die Trauer. Und die Ratlosigkeit darüber, wie so etwas passieren konnte. «Es war eine ganz normale Familie», sagt Bürgermeister Korn. «Es gab nichts, was auf diese Tragödie hätte hinweisen können.»

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