Am Sternfahrtwochenende können die Besucher das Verhalten in Unfallsituationen trainieren Erste-Hilfe-Übung: Motorradfahrer in Not

Von Ute EschenbacherMitmachen statt nur zuschauen: Bei der 15. Motorradsternfahrt setzen die Organisatoren in diesem Jahr auf ein anderes Konzept. Wie das geht, zeigten sie am Mittwochabend auf dem Gelände der Kulmbacher Brauerei. Die Besucher sollen zu Mitwirkenden werden. Und etwas lernen.

 
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Keiner wünscht sich, an eine Unfallstelle zu kommen. Keiner will als Helfer etwas falsch machen. Doch nicht zu helfen, ist das Allerschlimmste. Davon ist Unfallsachverständiger Stefan Luther fest überzeugt.

Abgetrennte Extremitäten, eingeschlagene Schädel: Luther hat schon unzählige furchtbare Unfallszenarien als Gutachter untersucht. Und er weiß aus Erfahrung: „Der Saisonstart im April und Mai ist für Motorradfahrer die gefährlichste Zeit.“ Denn viele Motorradfahrer würden sich kräftig überschätzen. Hinzu komme bei einigen, die nach Jahren die Maschine erstmals wieder aus der Garage holen, eine große Portion Unerfahrenheit, so Luther. „Die Technik spielt bei einem Unfall meistens den geringsten Part.“

Daher rät er allen Motorradfahrern, sich langsam an die neue Saison heranzutasten und besonders am Anfang vorsichtig zu fahren. „Im Straßenverkehr gilt es in der Motorradsaison, noch stärker gegenseitig aufeinander achtzugeben: die Autofahrer auf die Motorradfahrer und umgekehrt.“

Das bayerische Verkehrsministerium, das Polizeipräsidium Oberfranken, der Verband der bayerischen Fahrlehrer und die Brauerei stellen als Veranstalter der Sternfahrt am 25. und 26. April das Thema Sicherheit diesmal unmissverständlich in den Mittelpunkt. Denn die Unfallzahlen sind ernüchternd: Von 2013 auf 2014 sind die Verkehrsunfälle, an denen Motorradfahrer beteiligt waren, um rund 22 Prozent gestiegen. Im Vorjahr starben neun Motorradfahrer auf deutschen Straßen, 544 wurden bei Unfällen verletzt. „Die Hauptursache war zu hohe Geschwindigkeit“, stellt Polizeisprecher Alexander Czech fest.

Am Sternfahrtwochenende werden daher ein Verkehrssicherheitsparcours mit 40 Übungsstationen aufgebaut und zwei Unfallszenarien nachgestellt, bei denen die Zuschauer als Helfer einbezogen werden. In diese Rolle und in die der Unfallbeteiligten schlüpften schon einmal probehalber Mitarbeiter der Brauerei. Wo wird das Warndreieck platziert? Wie sichere ich mich selbst? Brauche ich meinen Verbandskasten? „Was man immer tun kann, ist auf die Unfallbeteiligten beruhigend einzureden“, rät Luther. Denn das Ziel ist, die Scheu zu überwinden, zu helfen.

Brisant ist bei einem Motorradunfall immer die Frage: Wann muss ich den Helm abnehmen? „Wenn das Opfer nicht mehr bei Bewusstsein ist, muss der Helm abgenommen werden“, erläutert Daniel Gardill, Arzt und Erste-Hilfe-Instruktor beim BRK. Das ist wichtig, damit der Verunglückte atmen kann. Damit er nicht erstickt, muss er zudem in die stabile Seitenlage gebracht werden.

Am besten sei die Zwei-Helfer-Methode, ergänzt der angehende Rettungsassistent Philipp Groetsch. Einer kniet an der Kopfseite und stützt den Hals des Opfers, der andere zieht mit leichten, ruckeligen Bewegungen den Helm vom Kopf. Dann wird dem Opfer eine stabilisierende Halskrause angelegt. „Normalerweise ist der Kopf sogar intakt“, sagt Groetsch. „Denn der Kopf ist bei einem Motorradfahrer der am besten geschützte Körperteil.“ Für Birgit Reichert, die die Motorradfahrerin darstellte, ist das Helmabziehen weniger unangenehm, als sie selbst erwartet hätte. „Das sollte sich ein Ersthelfer durchaus zutrauen.“ Die Feuerwehr kümmert sich um den eingeklemmten Fahrer. Sie würde im Ernstfall die Luft aus den Reifen lassen, das Dach abnehmen und den Verletzten bergen.

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