Die türkische Regierung entzog niederländischen Diplomaten am Abend die Landeerlaubnis. Der Luftraum für Maschinen mit Diplomaten aus dem Land sei ab sofort gesperrt, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Numan Kurtulmus. Gespräche auf höherer Ebene würden zudem ausgesetzt. Der niederländische Botschafter, der sich zurzeit im Ausland aufhalte, dürfe vorerst nicht in die Türkei zurückkehren.
Den vor zwei Wochen verhafteten «Welt»-Korrespondenten Deniz Yücel bezeichnete Erdogan erneut als «Agenten und Terroristen». Merkel habe sich für den «sogenannten Journalisten» eingesetzt. Ein Gericht müsse jedoch über den Fall Yücel entscheiden, sagte Erdogan. Er warf Merkel vor, auf die Unabhängigkeit der Justiz zu verweisen, wenn es um Fälle in Deutschland gehe, selbst jedoch keinen Respekt vor der Justiz in der Türkei zu haben. Yücel wird Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen.
Am 16. April sollen die Türken über eine Verfassungsreform abstimmen. Sie würde die Machtbefugnisse von Staatspräsident Erdogan massiv ausweiten. In Deutschland leben gut 1,4 Millionen wahlberechtigte Türken - die größte Gruppe in der EU.
"Worum es hier geht, ist nicht mehr nur eine Frage der Versammlungsfreiheit"
Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) kündigte unterdessen an, dass sein Land mögliche Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im Land nicht hinnehmen wolle. Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen von Rotterdam sei klar, dass Österreich versuchen müsse, solche Auftritte zu unterbinden, sagte Kern am Montagabend in der ORF-Nachrichtensendung «ZiB2».
Europa dürfe nicht naiv sein. «Worum es hier geht, ist nicht mehr nur eine Frage der Versammlungsfreiheit, sondern es ist eine Auseinandersetzung des politischen Islams mit den europäischen Werten.» Werbeauftritte für das demokratieschädliche türkische Verfassungsreferendum seien eine «Pervertierung der Versammlungsfreiheit», so Kern. In Österreich leben rund 120 000 Türken.
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Ska Keller, hat vorgeschlagen, den wirtschaftlichen Druck auf die Türkei zu erhöhen. In Anbetracht der dortigen politischen Lage und dem eskalierenden Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker sei es an der Zeit, dass alle EU-Mitgliedsstaaten sich auf einen gemeinsam Umgang mit der Türkei einigten, sagte Keller den «Ruhr Nachrichten» (Dienstag).
«Die Verhandlungen über die Ausweitung der Zollunion bieten die Möglichkeit, Einfluss auf die Türkei zu nehmen. Erdogan hat großes Interesse am Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und dem Wegfall von Handelsschranken.»
dpa