Erdogan ist wieder AKP-Chef

Tayyip Erdogan. Foto: Adem Altan Foto: red

Nach dreijähriger Unterbrechung ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an die Spitze der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) zurückgekehrt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die AKP wählte Erdogan bei einem Sonderparteitag in Ankara am Sonntag mit überwältigender Mehrheit zu ihrem Parteivorsitzenden.

Die umstrittene Verfassungsreform, die bei dem Referendum vom 16. April mit knapper Mehrheit angenommen wurde, erlaubt es dem Präsidenten künftig, wieder einer Partei anzugehören.

Manipulationsvorwurf

Erdogan hatte die AKP 2002 mitbegründet, die Partei aber verlassen müssen, als er im August 2014 an die Staatsspitze gewählt wurde, da die Verfassung den Präsidenten zur Neutralität verpflichtete.

Die AKP hatte das Verfassungsreferendum vom 16. April mit 51 Prozent knapp gewonnen, doch warf ihr die Opposition anschließend Manipulation vor.

Die Beschwerde der Opposition bei der Wahlkommission wurde zwar ebenso abgewiesen wie ihre Klage vor Gericht, doch bleibt ein Schatten auf dem Volksentscheid.

Ministerstühle wackeln

Medienberichten zufolge will Erdogan nach seiner Rückkehr in den AKP-Vorsitz eine ganze Reihe Parteifunktionäre entlassen, die nicht seinen Erwartungen gerecht geworden waren.

Bisher war die AKP von den tiefgreifenden "Säuberungen" verschont worden, bei denen seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli zehntausende mutmaßliche Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen aus dem Staatsdienst entlassen wurden. Erdogan macht Gülen für den Umsturzversuch verantwortlich.

Nach der Rückkehr Erdogans an die AKP-Spitze wird auch mit einer umfassenden Kabinettsumbildung gerechnet. Binali Yildirim soll voraussichtlich Regierungschef bleiben, doch dürften mehrere Minister ihre Posten verlieren.

Kein Platz für abweichende Meinungen

Die Verfassungsreform, mit der der Präsident auch Chef der Exekutive wird, soll erst nach der nächsten Wahl im November 2019 in Kraft treten.

Der türkische Politikexperte Aykan Erdemir sagte, der Parteivorsitz erlaube Erdogan, nun auch formal wieder die Führung der Partei zu übernehmen, die er de facto nie abgegeben habe. "Sobald er wieder der Parteiführer ist, wird er die formale Autorität haben, über die AKP-Wahllisten zu bestimmen", sagte Erdemir.

Damit könne er sowohl die Parteiführung als auch die Fraktion mit seinen Getreuen besetzen. So wie Erdogan seine Macht konsolidiere, werde der letzte verbleibende Raum für abweichende Meinungen in der Partei verschwinden, warnte der frühere Parlamentsabgeordnete, der heute für die Foundation for the Defence of Democracy arbeitet.

Vor allem werde Erdogan durch die Übernahme des Parteivorsitzes die Abgeordneten unter seine Kontrolle bringen, die eigentlich dazu da seien, die Exekutiv zu kontrollieren, sagte Erdemir. So könne er auch jeden Versuch blockieren, ihn als Präsidenten abzusetzen.

afp

Autor